Männerbrust. Ein Mann wird mit einem Stethoskop abgehört.

Saarland Gynäkomastie – Was hinter "Männerbrüsten" stecken kann

Stand: 06.07.2024 15:01 Uhr

Viele Männer entwickeln im Laufe ihres Lebens weiblich aussehende Brüste. Medizinisch ist das meist unbedenklich. Allerdings ist der Leidensdruck bei vielen Betroffenen groß. Eine Expertin der Uniklinik Homburg klärt über Ursachen, Risikofaktoren und Behandlungsmöglichkeiten auf.

Wenn Männern Brüste wachsen, dann kann dahinter eine ernsthafte Erkrankung stecken. Hoden-, Lungen- oder Brustkrebs etwa. Oder chronische Leber- oder Nierenerkrankungen. In den meisten Fällen aber ist eine sogenannte Gynäkomastie, also eine weiblich anmutende Männerbrust, aus medizinischer Sicht harmlos – das gilt wiederum nicht für den Leidensdruck, zu dem sie bei Betroffenen führen kann.

"Im Extremfall kann sich das Brustdrüsengewebe bei Männern so stark vergrößern, dass sie fast wie eine weibliche Brust aussieht", erklärt Lisa Stotz, Oberärztin in der Klinik für Frauenheilkunde, Geburtshilfe und Reproduktionsmedizin in Homburg. Grund dafür sei immer eine Störung im Hormonhaushalt, genauer: ein Ungleichgewicht zwischen den männlichen und weiblichen Geschlechtshormonen Testosteron und Östrogen.

Eine Gynäkomastie kann je nach Ausprägung auch Schmerzen verursachen. Druck- oder Spannungsgefühle und Berührungsempfindlichkeit seien demnach keine Seltenheit – wenn es sich um eine echte Gynäkomastie und nicht um eine Pseudogynäkomastie handelt, auch Lipomastie genannt. Dabei wächst nicht das Drüsengewebe an, sondern es lagert sich vermehrt Fettgewebe ein. Auch Mischformen mit Brustdrüse und Fetteinlagerungen sind häufig. 

Bis zu 40 Prozent der Jungen in Pubertät betroffen

"Besonders häufig entsteht eine Gynäkomastie in der Pubertät, bis zu 40 Prozent der Jungen sind hiervon betroffen", sagt Stotz. Wenn sich der Hormonhaushalt wieder reguliert, entwickele sich die Brustdrüse in der Regel auch von allein wieder zurück. Doch auch im Erwachsenenalter kann es zu einer Vergrößerung der Brustdrüse infolge einer hormonellen Störung kommen.

"Ein häufiger Grund ist etwa Adipositas, dabei wandelt das innere Bauchfett Testosteron in Östrogen um. Aber auch bestimmte Medikamente oder der Konsum von Drogen, vor allem Alkohol oder Cannabis, bergen ein erhöhtes Risiko für eine Gynäkomastie", erklärt die Expertin. Meist helfe dann eine Veränderung des Lebensstils, Bewegung bzw. gezieltes Training oder eine Ernährungs- oder Medikamentenumstellung.

Im schlimmsten Fall – wenn sich die Brustdrüse verhärtet – bringt all das aber nichts. Dann bleibt nur noch eine Operation, um die Gynäkomastie dauerhaft loszuwerden. Damit die Krankenkasse die Kosten übernimmt, muss erst ein Antrag gestellt werden. "Bei einer sehr ausgeprägten Gynäkomastie wird er in der Regel genehmigt", sagt Stotz. Bei der OP unter Vollnarkose werde das überschüssige Brustdrüsengewebe herausgeschält, dabei könne auch das umliegende überschüssige Fett entfernt werden.

OP bei hohem Leidensdruck möglich

In der Uniklinik in Homburg behandelt Stotz jeden Monat zwischen drei und vier Patienten, die unter einer Männerbrust leiden. Bevor eine Operation erwogen wird, müssen sie zuvor eine Reihe von Behandlungen durchführen lassen. "Vor jeder Therapie schauen wir uns die Brust per Ultraschall an, machen gegebenenfalls eine Mammographie und empfehlen den Patienten auch immer, sich beim Urologen vorzustellen, um den Hoden nach Auffälligkeiten untersuchen zu lassen."  

Auch der Hormonstatus werde ermittelt und das Blut untersucht. Auf diese Weise sollen bösartige Erkrankungen ausgeschlossen werden. Erst wenn das der Fall ist, können Patienten über eine weitere Therapie nachdenken. Wichtig hierbei ist allerdings: Behandlungsbedürftig ist eine Gynäkomastie nicht. "Wir sprechen hier von einer gutartigen Vergrößerung des Brustdrüsengewebes, ein Eingriff ist also nicht zwingend erforderlich", sagt Stotz. Er kann aber sinnvoll sein, wenn die Psyche sehr darunter leidet.

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