Eine Frau inhaliert Lachgas aus einem roten Ballon.

Saarland Party-Droge Lachgas: Konsum im Saarland nimmt zu

Stand: 04.07.2024 06:37 Uhr

Billig und in Deutschland für jedermann legal: Lachgas sorgt vor allem unter Jugendlichen derzeit für einen Hype – auch im Saarland. Die Substanz macht kurzfristig high. Polizei, Landesregierung und Ärzte im Saarland sehen das mit Sorge. Denn der Konsum birgt große Gefahren.

Kai Forst

Auf TikTok ist es gerade extrem angesagt: Jugendliche und junge Erwachsene, die vor laufender Kamera Lachgas aus Ballons inhalieren. Das Gas stammt zum Beispiel aus handelsüblichen Sahnekapseln, in denen Distickstoffmonoxid – so der Fachbegriff – enthalten ist. Inzwischen ist daraus ein echter Hype entstanden, denn Lachgas ist billig, für jeden legal zu erwerben – und macht high. Für einen ganz kurzen Zeitraum fühlen sich Konsumenten benebelt, euphorisch, entspannt.

Es ist so beliebt, dass der Handel längst darauf reagiert hat und Lachgas inzwischen nicht mehr nur in Sahnekapseln, sondern auch gezielt in zum Teil großen Gebinden anbietet. Diese Dosen sind auch im Saarland etwa an Kiosken oder auch Snackautomaten zu kaufen, die überall aus dem Boden schießen.

Konsum von Lachgas im Saarland nimmt zu

Dass die Teenie- und Partydroge längst auch im Saarland als Trend angekommen ist, bestätigt die Polizei. „Es gilt hier als bekannt, dass der Konsum von Lachgas als Partydroge im Allgemeinen und speziell unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den letzten Jahren zugenommen hat“, sagt Hauptkommissar Jan Poß vom Landespolizeipräsidium.

Die Popularität von Lachgas sei insbesondere auf seine leicht euphorische, enthemmende sowie psychedelische Wirkung zurückzuführen – und auf die legale Verfügbarkeit auch im Saarland an Kiosken und Automaten.

Konkrete Zahlen zum Konsum gebe es nicht, da der Besitz, Erwerb und Konsum von handelsüblichem Lachgas kein Straftatbestand ist. Allerdings, so Poß, würden im Saarland immer häufiger „entsorgte Kartuschen und Ballons im Bereich von Party-Locations“ entdeckt. Auch im Rahmen von Durchsuchungsmaßnahmen würden Ermittler immer häufiger fündig.

Risiken: "Bewusstlosigkeit, Lähmungserscheinungen, Hirnschäden"

Die Beliebtheit ist also groß, doch um die Gefahren und Risiken beim Konsum von Lachgas herrscht häufig Unwissenheit. „Distickstoffmonoxid wird in der Medizin als kurzeitig wirkendes Schmerzmittel verwendet. Missbräuchlich verwendet kann es zu Bewusstlosigkeit, Lähmungserscheinungen bis hin zu Hirnschäden führen“, erklärt Josef Mischo, Präsident der saarländischen Ärztekammer.

Mischo ist mit seiner Einschätzung nicht allein. Auch die saarländische Landesregierung hat sich auf SR-Anfrage geäußert. Man sehe ein zunehmendes Problem bei der zweckentfremdeten Nutzung von Lachgas, insbesondere dem Konsum als Freizeit- und Partydroge, teilte das Gesundheitsministerium dem SR mit. Zu den gesundheitlichen Risiken gehörten „Nervenschädigungen, Lähmungen und eine potenzielle psychische Abhängigkeit“.

Bunte Dosen verharmlosen Gefahr von Lachgas

Eine Bewertung, die auch Sven Schäfer, Geschäftsführer des Drogenhilfezentrums Saarbrücken, teilt. „Lachgas ist dank der unkomplizierten Verfügbarkeit eine sich ausbreitende Substanz mit enormem Schädigungspotenzial. Es werden Halluzinationen erzeugt und es kann ein Sauerstoffmangel entstehen, der bis zur Bewusstlosigkeit und sogar je nach Anwendungsmethode zum Erstickungstod führen kann.“

Bereits im kürzlich erschienenen Jahresbericht des Drogenhilfezentrums hatte Schäfer auf die Verbreitung von Lachgas im Saarland hingewiesen.

Ein weiteres Problem ist für ihn die Aufmachung der Produkte. Denn es handele sich um bunte Dosen mit lustigen Aufdrucken und Werbesprüchen. „Dadurch wird Lachgas verniedlicht und verharmlost.“ Für das Gesundheitsministerium im Saarland ist das „äußerst problematisch“. „Neben fehlenden Warnhinweisen wird suggeriert, dass es sich hier um ein Produkt handelt, das etwa ‚Fun‘ und ‚Party‘ garantiert.“

Landesregierung für Verkaufsverbot an Jugendliche

Zudem sei es mit Sorge zu betrachten, dass Lachgas an Kiosken und Automaten an Jugendliche verkauft werden darf. „Es ist mindestens fragwürdig, ob – jenseits des Missbrauchs zu Rauschzwecken – wirklich ein großer privater Bedarf an Lachgas im Großgebinde besteht und das auch noch nahezu rund um die Uhr in Kiosken oder Automaten“, teilte das Gesundheitsministerium auf SR-Anfrage mit.

Die Landesregierung unterstütze daher die Entschlussempfehlung des Bundesrates. Die Länderkammer hatte die Bundesregierung jüngst aufgefordert, Regelungen zu treffen, um den Verkauf von Lachgas an Kinder und Jugendliche zu verbieten.

„Auf Länderebene wird daher gerade diskutiert, in welchem gesetzlichen Rahmen Lachgas am besten zu regulieren ist. Es muss geschaut werden, wie vor allem Kinder und Jugendliche am besten geschützt werden können und gleichzeitig gewerbliche und industrielle Nutzungen weiterhin möglich sind. Ein Abgabeverbot an unter 18-Jährige könnte dabei eine Möglichkeit sein“, sagte eine Ministeriumssprecherin. 

Auch der Geschäftsführer des Drogenhilfezentrums, Sven Schäfer, plädiert für einen anderen Umgang mit der Substanz. „Ich denke, die Einstufung von Lachgas als Droge hier in Deutschland wäre absolut gerechtfertigt. In anderen Staaten ist der Verkauf an Jugendliche schon verboten oder zumindest eingeschränkt.“ So etwa in Großbritannien, den Niederlanden oder Dänemark.

Das sieht auch die saarländische Ärztekammer so: „Diese Schritte sind in Deutschland längst überfällig“, sagte Präsident Josef Mischo dem SR.

Über dieses Thema haben auch die SR info-Nachrichten im Radio am 04.07.2024 berichtet.

Mehr zum Thema Drogen