Minderheitsregierung in Sachsen CDU und SPD stellen Koalitionsvertrag vor
In Sachsen wollen CDU und SPD gemeinsam regieren. Nach wochenlangen Verhandlungen haben die Parteien das 110 Seiten umfassende Papier in Dresden vorgestellt. Der Koalitionsvertrag muss noch von den Gremien der Parteien abgesegnet werden. Auch wegen der schwierigen Haushaltslage steht er unter Vorbehalt.
CDU und SPD in Sachsen haben sich auf die Inhalte für einen Koalitionsvertrag in Sachsen verständigt. Ministerpräsident Michael Kretschmer und der sächsische SPD-Vorsitzende Henning Homann stellten den Vertrag am Mittwoch gemeinsam mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Christian Hartmann und Sozialministerin Petra Köpping (SPD) vor.
Angespannte Haushaltslage zentrale Herausforderung
Kretschmer bezeichnete den Koalitionsvertrag als "beeindruckendes Werk", um das intensiv gerungen worden sei. Zahlreiche Menschen hätten sich eingebracht, nächtelang sei an dem Vertrag gearbeitet worden. Eine zentrale Herausforderung der kommenden Landesregierung ist die angespannte Haushaltslage.
Es gebe eine finanzielle Notlage, sagte der Ministerpräsident. Bei einem Staatshaushalt mit einem Volumen von 23 Milliarden Euro betrage der Konsolidierungsbedarf 2,3 Milliarden Euro, also zehn Prozent.
Weniger Minister und Staatssekretäre - mehr Geld für Kommunen
Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Freistaat seine Zahlungen für die künftigen Pensionen der sächsischen Beamtinnen und Beamten um 270 Millionen Euro kürzt. Auf diese Weise sollen Investitionen in Millionenhöhe ermöglicht werden. CDU und SPD gehen davon aus, dass sich dank neuer Anlageformen aus den vergangenen Jahren die Erträge erhöhen. Sie wollen trotz der geplanten Reduzierungen sicherstellen, dass ausreichend vorgesorgt wird. Darum soll die Gesamtfinanzierung gutachterlich geprüft werden.
Eine neue Regierung muss bei sich anfangen, zu sparen. Michael Kretschmer | CDU-Chef
Auch die Zahl der Landesbediensteten soll verringert werden. So soll es auch in der Regierung nur noch zehn statt elf Ministerinnen und Minister geben und nur noch elf statt 15 Staatssekretäre. "Eine neue Regierung muss bei sich anfangen, zu sparen", sagte CDU-Chef Kretschmer. Auf der anderen Seite sollen Kommunen und Landkreise finanziell stärker unterstützt werden. Im Sozial- und Kulturbereich soll nicht gespart werden, wie beide Seiten betonten. Der Vertrag muss nun noch in den Parteigremien beraten werden.
Was CDU und SPD in Sachsen noch planen:
- Verpflichtendes Vorschuljahr: Das letzte Kindergartenjahr soll ein verpflichtendes Vorschuljahr werden. Dafür und für andere Investitionen in die Bildung von Kindern sollen 250 Millionen Euro bereitgestellt werden.
- Drei Qualifizierungstage für Beschäftigte: Beschäftigte sollen sich ab 2027 drei Tage im Jahr bezahlt freistellen lassen können, um etwa einen Trainerschein für ihr Ehrenamt zu machen, sich politisch oder beruflich weiterzubilden.
- Sondervermögen für langfristige Investitionen: Ein sogenannter Sachsenfonds soll als Sondervermögen eingerichtet werden, um damit längerfristige Investitionen beispielsweise in die Infrastruktur, die Digitalisierung oder die Transformation der Wirtschaft zu stecken.
- Verstärkte Grenzkontrollen: Die sächsische Polizei soll verstärkt an den Grenzen kontrollieren, eine sächsische Grenzpolizei soll eingerichtet werden. Neue Fahndungs- und Kontrolleinheiten sind geplant, neues Personal soll eingestellt werden.
- Pilotprojekt "Abschiebung" : Ausreisepflichtige Menschen sollen künftig zügiger den Freistaat verlassen. Dafür könnte es nun Ausreisezentren geben.
Minderheitsregierung will andere Parteien stärker einbeziehen
CDU und SPD hatten seit Mitte November über die Bildung einer Minderheitsregierung verhandelt. Zu einer Mehrheit im Landtag fehlen ihnen zehn Stimmen. Schwarz-Rot hat deshalb einen sogenannten Konsultationsmechanismus angekündigt, mit dem die Opposition - inklusive AfD - frühzeitig bei Gesetzesvorhaben eingebunden werden soll.
"Uns ist klar, wir haben keine eigene Mehrheit", erklärte Michael Kretschmer bei der Vorstellung des Koalitionsvertrag. Die Bündnispartner gingen mit Demut an die Arbeit. "Es ist eine ausgestreckte Hand."
Mehr miteinander statt gegeneinander
Sachsens SPD-Chef Henning Homann erklärte, Regierung und Opposition müssten sich aus ihren Ritualen herausbewegen, immer nur gegeneinander zu sein. "Dann muss man sich auch die Hand reichen." Bereits im Koalitionsvertrag habe man viele Anregungen aus dem Landtag und aus den Sondierungen mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) aufgenommen, bekräftigte Sozialministerin Petra Köpping (SPD).
Als Beispiele nannte sie das Thema Klimawandel von den Grünen, das auch in den Titel eines Ministeriums aufgenommen wurde, die runden Tische von der Linken und ein Modellprojekt zu sogenannten Dorfkümmerern vom BSW.
Ministerpräsidentenwahl vermutlich noch vor Weihnachten
Der Sächsische Landtag wird voraussichtlich am 18. oder 19. Dezember einen neuen Ministerpräsidenten wählen. Für beide Tage sind nach Angaben der Landtagsverwaltung Plenartage geplant. Die Tagesordnungen stünden aktuell noch nicht fest. Nach der Landesverfassung ist für die Wahl bis Anfang Februar Zeit. Ob es neben Kretschmer einen weiteren Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten geben wird, ist noch offen.
Forderungen der anderen Parteien
AfD, BSW und Linke stellen Bedingungen für die Ministerpräsidentenwahl an Michael Kretschmer. AfD-Landeschef Jörg Urban sagte dem MDR, er würde eine Minderheitsregierung nur unterstützen, wenn diese allein aus der CDU bestehe. BSW-Chefin Sabine Zimmermann erklärte, Kretschmer müsse mehr gegen irreguläre Migration tun und dürfe im sozialen und kulturellen Bereich nicht kürzen. Gegen einen Sozialabbau sprach sich auch Linken-Chefin Susanne Schaper aus. Die Grünen sehen eine Wiederwahl Kretschmers ebenfalls kritisch.
MDR (wim/kbe)/epd/dpa