Der Angeklagte Ibrahim A. (Mitte) wird von Justizbeamten in Handschellen und Fußfesseln in den Gerichtssaal gebracht.

Brokstedt Lebenslange Haft für tödliche Messerattacke in Zug

Stand: 15.05.2024 12:49 Uhr

Mit einem Küchenmesser ging Ibrahim A. im Januar 2023 auf Fahrgäste in einem Regionalzug bei Brokstedt los, zwei Menschen starben, vier wurden verletzt. Nun verurteilte ihn das Landgericht Itzehoe zu lebenslanger Haft.

Im Prozess um die tödliche Messerattacke in einem Regionalzug bei Brokstedt in Schleswig-Holstein hat das Landgericht Itzehoe den Angeklagten wegen Mordes und versuchten Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass der 34-Jährige im Januar 2023 in einem Regionalzug zwei Menschen erstochen und vier schwer verletzt hat.

Zudem stellte die Große Strafkammer die Schwere der Schuld fest, was bedeutet, dass eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung nach 15 Jahren praktisch ausgeschlossen ist. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 

Fahrgäste mit Küchenmesser angegriffen

Ibrahim A. hatte am Nachmittag des 25. Januar 2023 in dem Regionalzug auf der Fahrt von Kiel nach Hamburg ein Küchenmesser gezogen und damit unvermittelt Fahrgäste angegriffen. Eine 17-Jährige und ihr 19 Jahre alter Freund starben. Vier weitere Fahrgäste wurden teils schwer verletzt. Der Täter wurde schließlich von Fahrgästen überwältigt.

Zum Motiv sagte das Gericht, der Angeklagte habe sich seit Längerem ungerecht behandelt gefühlt, zuletzt bei Behördengängen am Tag der Tat. Er habe schon länger den Gedanken in sich getragen, aus Frust mehrere Menschen töten zu wollen.

Wenige Tage vor der Tat aus der U-Haft entlassen

Der gebürtige Palästinenser war 2014 nach Deutschland gekommen. Sein Asylantrag wurde zwar abgelehnt, A. wurde jedoch subsidiärer Schutz gewährt.

Er lebte zunächst in Nordrhein-Westfalen, war von Juli bis November 2021 aber in Kiel gemeldet. In einer Gemeinschaftsunterkunft für geflüchtete Menschen erhielt er Hausverbot, weil er Mitbewohner bedroht haben soll. Anschließend lebte er in Hamburg, wo er wegen gefährlicher Körperverletzung straffällig wurde und bis kurz vor der Tat in U-Haft saß.

Am 19. Januar wurde er aus dem Gefängnis entlassen und reiste am 25. Januar 2023 nach Kiel, um seine Aufenthaltsgenehmigung verlängern zu lassen, allerdings ohne Erfolg. In einem Kieler Supermarkt soll er dann das Messer gestohlen haben, mit dem er kurz darauf im Regionalzug auf die Reisegäste einstach.

Gericht folgt psychiatrischem Gutachten

Lange ging es in dem Prozess um die Schuldfähigkeit des Mannes. Dabei folgte die Große Strafkammer nun dem Gutachten des Psychiaters Arno Deister. Der Professor hatte psychotische Symptome und eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) bei dem Angeklagten diagnostiziert, aber keine Psychose. "Ich sehe keine Beeinträchtigung der Einsichtsfähigkeit", hatte er gesagt. Auch liege keine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit vor.

Das Gericht folgte mit seinem Urteil der Strafforderung der Staatsanwaltschaft. A.s Verteidiger Björn Seelbach hatte dagegen für die Unterbringung seines Mandanten in der forensischen Psychiatrie plädiert. Der Prozess dauerte mehr als zehn Monate, das Gericht vernahm fast 100 Zeugen und Gutachter. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 15. Mai 2024 um 11:45 Uhr.