Flüchtlinge aus Syrien stehen nach ihrer Ankunft auf dem Gelände einer Flüchtlingsunterkunft. (Archivbild vom 17.10.2023)

Regierung prüft Sonderregelung Streit über Heimatbesuch syrischer Flüchtlinge

Stand: 13.01.2025 17:44 Uhr

Die Bundesregierung erwägt, syrischen Flüchtlingen zu erlauben, einmalig in ihre Heimat zu reisen, ohne dass sie ihren Schutzstatus verlieren. Die Union findet die Idee "abenteuerlich".

Steht das Haus noch? Ist die Versorgung in meinem Heimatort gesichert? Damit Geflüchtete aus Syrien das selbst herausfinden können, überlegt die Bundesregierung, ihnen ein Angebot zu machen: Sie sollen einmalig in ihre Heimat reisen dürfen, wobei der Schutzstatus der Flüchtlinge erhalten bleibt.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sieht darin einen sinnvollen Ansatz, um Flüchtlinge möglicherweise auch dauerhaft zur Rückkehr zu bewegen: "Es ermöglicht erst freiwillige Rückkehr nach Syrien, wenn sich Menschen auch ein Bild machen können, ob Häuser noch stehen, ob Familienangehörige zum Teil noch leben, zu denen vielleicht lange kein Kontakt mehr bestand und ob sie in ihrer Heimat wirklich sicher sind", erklärte Ministeriumssprecher Maximilian Kall.

Innenministerium prüft "pragmatische Wege"

Das Innenministerium prüfe daher gemeinsam mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) "pragmatische Wege", damit Menschen, die einmal schauen wollten, wie die Bedingungen vor Ort sind, nach Deutschland zurückkommen könnten und durch die Reise nicht den Schutzstatus abgesprochen bekämen, sagte der Sprecher. Bei den Überlegungen für eine Sonderregelung gehe es um eine einmalige Reise nach Syrien.

Außenministerin Baerbock hatte am Wochenende bereits einen ähnlichen Vorstoß gemacht. Die Grünen-Politikerin sagte, nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad müsse Flüchtlingen Gelegenheit gegeben werden, vor Ort zu erkunden, ob sich für sie eine dauerhafte Rückkehrmöglichkeit eröffne. Dafür sollte es eine Ausnahmegenehmigung geben.

Eigentlich droht bei Heimkehr Verlust des Schutzstatus

Nach Auffassung des Bundesinnenministeriums ist dafür keine Gesetzesänderung notwendig. Wenn Schutzberechtigte in ihre Herkunftsländer reisen, gilt die gesetzliche Vermutung, dass die Voraussetzungen für den Schutz nicht mehr vorliegen. Ausnahmen gibt es nur, wenn die Reise "sittlich zwingend geboten ist" - etwa bei schweren Krankheiten oder Todesfällen von Familienangehörigen. Ansonsten droht der Verlust des Schutzstatus. Außerdem muss die Reise der Ausländerbehörde vorab angezeigt werden.

Union sieht Regierung in der Verantwortung

Die Union kritisierte die Pläne der Bundesregierung scharf. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bezeichnete Faesers Vorschlag als "abenteuerlich". Die Entscheidung, ob die veränderten Verhältnisse in Syrien zu einem Widerruf des Schutzstatus führen, müssten bei den deutschen Behörden verbleiben, so Herrmann. "Bundesinnen- und Bundesaußenministerin vermitteln aber den Eindruck, als könnten dann Syrerinnen und Syrer selbst entscheiden, ob es ihnen daheim noch gefällt oder nicht. Da wäre dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet", sagte Herrmann der Nachrichtenagentur dpa.

975.000 syrische Staatsgehörige in Deutschland

Ähnlich hatte sich zuvor bereits der Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, geäußert. Es müsse vollkommen klar sein, dass die Bundesrepublik Deutschland prüft, ob der Fluchtgrund weiterhin vorhanden ist oder ob er entfallen ist, so der CDU-Politiker. "Deshalb kann es nicht sein, dass Menschen einzeln nach Syrien reisen und das für sich persönlich überprüfen", ist Frei überzeugt. Dies sei Aufgabe des Auswärtigen Amtes gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium. "Die sind dafür verantwortlich. Die müssen diese Aufgabe erledigen," so Frei.

Ende Oktober hielten sich nach Auskunft des Bundesinnenministeriums laut Ausländerzentralregister knapp 975.000 syrische Staatsgehörige in Deutschland auf. Der Großteil von ihnen sind Menschen, die als Asylsuchende ins Land kamen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk in der Sendung "Informationen am Abend" am 13. Januar 2025 um 18:27 Uhr.