Feuerwehrleute und Mitarbeiter der städtischen Dienste schließen Sicherheitsschleusen aufgrund des steigenden Pegels der Moldau in Prag.

Unwetterwarnungen Heftiger Regen und Überflutungen erwartet

Stand: 13.09.2024 13:58 Uhr

Dauerregen, Sturmböen, Schnee: Der Südosten Deutschlands und mehrere Nachbarländer bereiten sich auf drohende Unwetter am Wochenende vor. In Tschechien wurde der Krisenstab einberufen, in Teilen Polens gilt die höchste Alarmstufe.

Im Südosten Deutschlands und in mehreren Nachbarländern laufen die Vorbereitungen auf drohenden Starkregen und Überflutungen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) sagte "eine bis Sonntagfrüh anhaltende Dauerregensituation am Alpenrand" - teils mit Unwettern - voraus. Verbreitet könnte dies demnach zu Mengen zwischen 40 bis 60 Litern pro Quadratmeter führen, ab dem Chiemgau ostwärts in Staulagen von rund 100 Litern pro Quadratmeter.

Schon am Donnerstag hatte der DWD "ergiebigen Dauerregen" von der Lausitz über den Böhmerwald bis an den östlichen Alpenrand vorhergesagt. 

Der Regen soll sich auch auf Ostsachsen und Südbrandenburg ausbreiten. Besonders stark betroffen sind aber die Alpen und der Bayerische Wald, wo mit heftigen Regenmengen zu rechnen sei. Auch im Zittauer Gebirge könnte es zu Unwettern kommen. In den Hochlagen der Alpen setzt zudem starker Schneefall ein. Auf den Gipfeln der Alpen, des Erzgebirges und möglicherweise auf dem Brocken sind Sturmböen bis zur Stärke 9 möglich, an exponierten Stellen können schwere Sturmböen der Stärke 10 auftreten.

"Markanter Wintereinbruch"

In Bayern dürften das Chiemgau, das Mangfallgebirge und das Berchtesgadener Land am stärksten betroffen sein. Die größten Regenmengen erwartet der DWD in der Nacht zum Samstag und bis Samstagvormittag. Binnen 48 Stunden, zwischen Freitagmorgen und Sonntagmorgen, können zwischen Mangfallgebirge und Berchtesgadener Land 80 bis 100 Liter pro Quadratmeter zusammenkommen, in Staulagen seien auch 150 Liter möglich. Für das Allgäu und den Bayerischen Wald rechnen die Fachleute bis Sonntagmorgen mit 40 bis 60 Litern Regen pro Quadratmeter.

In den Alpen oberhalb von 1200 Metern komme der Niederschlag als Schnee herunter, in den Hochlagen über 2000 Meter sei rund ein Meter Neuschnee möglich. Das sei für diese Zeit des Jahres "schon etwas ungewöhnlich", sagte ein DWD-Sprecher. Nach dem ersten Schnee könnte es laut DWD in den kommenden Tagen auf über 1.500 Metern Höhe bis zu 50 Zentimeter Neuschnee geben. Die Meteorologen sprachen von einem "markanten Wintereinbruch".

Warnung vor Überflutungen und möglichen Erdrutschen

Laut MDR-Meteorologe Florian Rost sind im Osten Sachsens Niederschlagsmengen von zwischen 60 und 100 Litern pro Quadratmeter möglich. Der DWD hatte am Donnerstagabend eine Warnung vor ergiebigem Dauerregen von Freitag, 9 Uhr, bis Samstag, 12 Uhr herausgegeben. Betroffen sind demnach die Kreise Bautzen, Görlitz, Mittelsachsen (Bergland) und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Es bestehe Gefahr für Leib und Leben durch Überflutungen von Straßen, Unterführungen und gewässernahen Gebäuden sowie durch mögliche Erdrutsche.

Sachsens Landesumweltamt rechnet laut MDR ab der Nacht zum Samstag mit steigenden Pegelständen zunächst in der Lausitzer Neiße und Zuflüssen, wenig später in der Spree und Nebenläufen. Dabei sei Hochwasser zu erwarten, teilte die Behörde mit. Zudem würden die Pegel an der Elbe ansteigen. 

Dem DWD zufolge lässt der Regen in Ostsachsen am Samstagvormittag nach, doch im Südosten Bayerns bleibt es bis in die Nacht zum Sonntag regnerisch - vor allem am östlichen Alpenrand und im Bayerischen Wald drohen weiterhin Unwetter. Auf den Gipfeln der Alpen und des Erzgebirges bleibt es stürmisch.

Höchste Alarmstufe in Polen

Besonders dramatisch könnte die Situation in Polen und Tschechien werden, wo sich Behörden auf Extremregenfälle und Hochwasser vorbereiten. Laut Landeshochwasserzentrum sollen in Tschechien und Südpolen mit dem Iser- und dem Riesengebirge bis Montag 200 Liter Niederschlag pro Quadratmeter binnen 72 Stunden fallen.

Die Behörden in Polen riefen die Bürger auf, Vorkehrungen für den Fall von Überschwemmungen zu treffen. Menschen, die in der Nähe von Flüssen im Erdgeschoss wohnten, sollten sich auf Hochwasser einstellen, sagte Vize-Innenminister Wieslaw Lesniakiewicz dem Radiosender Rmf.fm. Garagen sollten geräumt und Autos an einem sicheren Ort geparkt werden. "Es können auch Situationen eintreten, wo zeitweise kein Trinkwasser vorhanden ist oder kein Strom."

In Polen gelte für die Woiwodschaften Niederschlesien, Schlesien und Oppeln angesichts des zu erwartenden Dauerregens die höchste Alarmstufe 3, teilte das Meteorologische Institut (IMGW) mit. Es warnte vor einem raschen und gefährlichen Anstieg der Wasserstände in den Flüssen. Regierungschef Donald Tusk traf in Breslau ein, um an einer Besprechung des Krisenstabs teilzunehmen. Die niederschlesische Stadt war beim Oder-Hochwasser 1997 zu einem Drittel überschwemmt worden. 

 

Krisenstab in Tschechien einberufen

Auch in Tschechien laufen entlang der Flüsse die Vorbereitungen auf drohendes Hochwasser. Die Regierung berief einen Krisenstab ein. Der Abfluss aus den Stauanlagen an der Moldau sei "rasant erhöht" worden, teilte Landwirtschaftsminister Marek Vyborny auf X mit. Heute seien mehr als 300 Kubikmeter pro Sekunde abgelassen worden. Mit der Maßnahme sollen die Kapazitäten in den Stauseen für die später erwarteten Wassermassen freigehalten werden. Die Entwicklung im deutschen Nachbarland wird wegen der eingestürzten Carolabrücke derzeit in Dresden besonders aufmerksam beobachtet. Die Moldau fließt nördlich von Prag in die Elbe. 

Im historischen Stadtzentrums Prags schloss die Feuerwehr die Schleusen zur Certovka (Teufelsbach), einem Seitenkanal der Moldau. Entlang der Uferpromenade sollten im Laufe des Tages Hochwasserschutzwände errichtet werden. Der tschechische Wetterdienst hat seine Warnung vor starken bis extremen Niederschlägen für das Wochenende auf den Großteil des Landes ausgeweitet. Besonders kritisch könnte die Lage im Osten Tschechiens werden. In Jesenik im Altvatergebirge könnten den Vorhersagen zufolge bis einschließlich Sonntag bis zu 400 Liter Niederschlag pro Quadratmeter fallen.

Zahlreiche Veranstaltungen wurden aus Sicherheitsgründen abgesagt. Menschen in Überschwemmungsgebieten wurden aufgerufen, Evakuierungsgepäck bereitzuhalten und Keller leerzuräumen. Feuerwehrleute befüllten vorsorglich Tausende Sandsäcke. "Die Situation, die wir in den nächsten vier, möglicherweise fünf Tagen erwarten, ist leider sehr ähnlich zu der Lage bei den großen Hochwassern der Jahre 1997 und 2002", warnte der tschechische Umweltminister Petr Hladik. Damals war es zu den verheerenden Oder- und Elbehochwassern gekommen.

Reisewarnung für Bahnreisende in Österreich

In Österreich gaben die Bundesbahnen eine Reisewarnung aus. Alle Fahrgäste wurden aufgerufen, nicht dringend notwendige Zugfahrten zwischen Freitag und Sonntag zu verschieben. Bereits in der vergangenen Nacht wurde die Bahnstrecke zwischen Bad Hofgastein und Bad Gastein im Salzburger Land wegen starken Schneefalls gesperrt.

Mehrere Straßen in Österreich waren wegen umgestürzter Bäume oder liegengebliebener Fahrzeuge blockiert. Andere Routen, wie etwa die Großglockner Hochalpenstraße, wurden aus Sicherheitsgründen geschlossen. In manchen Gebieten galt Schneekettenpflicht. Der österreichische Autoklub ÖAMTC appellierte an Autofahrer, wegen des Wetters in den kommenden Tagen "gegebenenfalls auf nicht unbedingt notwendige Fahrten zu verzichten".

Bislang wurden noch keine größeren Unwetterschäden gemeldet. Im südlichen Bundesland Kärnten entspannte sich die Lage bereits wieder. Entlang der Flüsse werden keine größeren Hochwasser-Gefahren erwartet, hieß es vom hydrographischen Dienst des Landes.

Regenfälle durch Tief "Anett"

Ausgelöst werden die Regenfälle durch eine seltene Wetterlage, bei der ein Tief aus dem warmen Mittelmeerraum im Alpenraum auf polare Kaltluft trifft. Solche Entwicklungen führten häufig zu ergiebigen, manchmal auch zu extremen Niederschlägen und Unwettern, erklärt Rainer Behrendt vom ARD-Wetterkompetenzzentrum. Viel Feuchtigkeit vom zuletzt stark überwärmten Mittelmeer begünstigten dies im Fall des Tiefs "Anett" in außerordentlichem Maß.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 13. September 2024 um 14:00 Uhr.