Antifa-Gegendemonstration in Budapest am "Tag der Ehre". (Archivfoto: 11.02.2023)
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Maja T. Mutmaßlicher Linksextremist nach Ungarn ausgeliefert

Stand: 28.06.2024 12:54 Uhr

Ein mutmaßlicher Linksextremist aus Deutschland, gegen den in Ungarn wegen Straftaten in Zusammenhang mit einem Neonazi-Marsch ermittelt wird, ist laut NDR und WDR heute dorthin ausgeliefert worden. Das Bundesverfassungsgericht entschied nun, dass er zurückgeholt werden muss.

Der deutsche Maja T. war im Dezember vergangenen Jahres in Berlin festgenommen worden - nun wurde er nach Informationen von NDR und WDR nach Ungarn ausgeliefert. Ihm wird gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Nachdem gestern das Berliner Kammergericht entschieden hatte, dass T. nach Ungarn ausgeliefert werden kann, wurde der 23-Jährige offenbar in den frühen Morgenstunden in das Land überstellt.

Einsatz am frühen Morgen

Der Einsatz der "Soko LinX" lief nach Recherchen von NDR und WDR seit vier Uhr. Maja T. soll aus der Haft abgeholt und an der österreichisch-ungarischen Grenze an die Behörden in Ungarn überstellt worden sein.

Sven Richwin, der Verteidiger von Maja T., bestätigte NDR und WDR, dass sein Mandant ausgeliefert werden soll. Er habe heute Nacht einen Anruf von T. bekommen, dass die Auslieferung anlaufen solle. Richwin reichte einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein.

Rückholung aus Ungarn

Am Freitagvormittag entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Person nicht nach Ungarn hätte ausgeliefert werden dürfen und wieder nach Deutschland zurückgeholt werden muss.

Im Entscheid des Karlsruher Gerichts, der NDR und WDR vorliegt, heißt es: "Die Übergabe des Antragstellers an die Behörden der Republik Ungarn wird bis zur Entscheidung über die noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde, längstens für die Dauer von sechs Wochen, einstweilen untersagt."

Das Bundesverfassungsgericht forderte die Generalstaatsanwaltschaft Berlin auf, T. aus Ungarn wieder nach Deutschland zu holen. "Sie wird angewiesen, durch geeignete Maßnahmen eine Übergabe des Antragstellers an die ungarischen Behörden zu verhindern und seine Rückführung in die Bundesrepublik Deutschland zu erwirken", heißt es im Schreiben des Gerichts.

Rechtsextreme verletzt

Maja T. soll im Februar 2023 an Angriffen auf mutmaßliche Teilnehmer eines rechtsextremen Gedenkmarsches in der ungarischen Hauptstadt Budapest beteiligt gewesen sein. Am Wochenende des Aufmarschs waren mehrere Rechtsextreme zusammengeschlagen und dabei zum Teil erheblich verletzt worden.

In Ungarn wird gegen die mutmaßlichen Angreifer wegen der Gewalttaten und der Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt. Mehrere Personen waren damals verletzt worden. Die ungarischen Behörden verdächtigen mehrere Deutsche, sich an den Angriffen beteiligt zu haben.

Ende März Haftbefehl erlassen

Ende März hatte der Generalbundesanwalt einen eigenen Haftbefehl gegen Maja T. wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer linksextremistischen kriminellen Vereinigung erwirkt. Auch die Karlsruher Behörde geht davon aus, dass T. Teil der Gruppierung ist, die sich in Ungarn zum Ziel gesetzt hatte "mit Gewalt gegen Angehörige des politisch rechten Spektrums vorzugehen". Das Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts verhindert jedoch nicht eine Überstellung der tatverdächtigen Person an die ungarischen Behörden.

Die meisten Verdächtigen aus Deutschland sind seit der Tat untergetaucht. Sie fürchten vor allem eine Auslieferung nach Ungarn, weil ihnen hier einerseits im Vergleich zu Deutschland höhere Gefängnisstrafen drohen, andererseits die Haftbedingungen seit Jahren in der Kritik stehen. Das ungarische Helsinki-Komitee, eine Menschenrechtsorganisation, kritisiert unter anderem die mangelnde medizinische Versorgung von Gefängnisinsassen.

Mehrere der deutschen Beschuldigten sollen in Verbindung mit der Gruppe um die Leipziger Studentin Lina E. stehen, die im Mai 2023 vom Oberlandesgericht Dresden wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen linksextremen Vereinigung und Angriffen auf Neonazis zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.