Pensionsfonds Bund investiert in fossile Aktien
Um die Pensionen von Richtern und Soldaten zu finanzieren, investiert der Bund Milliardensummen an der Börse. Doch die Anlagen sind klimaschädlich, wie Panorama-Recherchen zeigen.
Mit den Pensionsfonds für seine Bundesbeamten investiert der Bund mehr als 500 Millionen Euro in die Aktien fossiler Unternehmen - in Kohlekonzerne, Ölmultis, Gasfirmen. Das hat das Bundesinnenministerium auf Anfrage des ARD-Politikmagazins Panorama eingeräumt. So investieren die Pensionsfonds unter anderem in Aktien des Ölgiganten ExxonMobil, der seit Jahren für seine Unternehmenspolitik in der Kritik steht.
2021 hatte der Bund noch beteuert, die Anlagen auf einen nachhaltigen Standard umstellen zu wollen. Eigens für seine Pensionsfonds hatte der Bund im vergangenen Jahr daher zwei vermeintlich grüne Aktienindizes mit insgesamt rund 140 Aktien zusammenstellen lassen, denen er mit einem Teil des Pensionsgeldes folgen will.
Im eigens für den Bund konstruierten Aktienindex "Euronext V.E ESG-World-Select 75 Bund/SV Index" findet sich jedoch der Ölgigant Exxon bereits unter den größten zehn Mitgliedern. Exxon Mobil bestätigt auf Anfrage, zum Beispiel Ölsande im kanadischen Alberta zu fördern, was Klimaschützer aufgrund der CO2-Bilanz besonders bedenklich finden. Exxon bemühe sich aber immer, seine Technologien zu verbessern und die Auswirkungen auf Land, Wasser und Luft zu reduzieren.
Nur noch "Brückentechnologien"?
Panorama liegen weitere Anhaltspunkte vor, dass der Bund in weit mehr fossile Aktien investiert, auch von Kohle- und Gasunternehmen. Bei den Anlagetöpfen geht es um vier Sondervermögen des Bundes, mit denen das Bundesinnenministerium künftig die Pensionen seiner eigenen Beamten bezuschussen will. So sollen mit der "Versorgungsrücklage des Bundes" und dem "Versorgungsfonds" die Pensionen von Bundesbeamten, Soldaten und Bundesrichtern finanziert werden, außerdem soll der "Versorgungsfonds für die Bundesagentur für Arbeit" die Altersbezüge von deren Mitarbeitern und der "Pflegevorsorgefonds" die allgemeinen Pflegekassen entlasten. Insgesamt liegen in diesen vier Töpfen knapp 50 Milliarden Euro, davon rund zehn Milliarden Euro in Aktien, um den Ertrag zu erhöhen.
Der Bund argumentiert, seine Portfolios bereits auf nachhaltigen Kurs gebracht zu haben. Besonders umstrittene Anlagen etwa in Hersteller von Streubomben, Kernkraftfirmen oder Tabakunternehmen sind in den Staatsportfolios seit rund einem Jahr ausgeschlossen. Bei den fossilen Energien handele es sich bloß noch um "Brückentechnologien", teilt das Bundesinnenministerium mit. Außerdem solle in den Pensionsfonds "der Ausschluss ganzer Branchen vermieden werden". Je stärker in Unternehmen unterschiedlicher Branchen investiert werde, desto geringer sei das Risiko für die Pensionsfonds.
Land Berlin schließt fossile Aktien aus
Klimaschützer zeigen sich angesichts dieser Argumentationslinie des Bundes irritiert: "Der Bund und speziell das Bundesinnenministerium muss seine Aktien aller Fossil-Konzerne sofort verkaufen, wenn es nicht als Klimakiller dastehen will", sagt Mathias von Gemmingen, der sich bei der Klimaorganisation "Fossil Free Berlin" seit Jahren mit den staatlichen Pensionsinvestments beschäftigt.
Auch Experten haben Zweifel, ob das Pensionsgeld des Bundes tatsächlich zwingend auf die fossilen Aktien angewiesen ist. Nach Finanzprofessor Andreas Hackethal vom Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE könnte ein Ausschluss fossiler Aktien aus den staatlichen Pensionsfonds Signalwirkung haben: "Ansonsten ist der Bund angreifbar, sich Nachhaltigkeit auf die Fahnen zu schreiben und hier nicht genau hinzuschauen", sagt Hackethal.
Klimaaktivisten verweisen auf das Vorbild des Berliner Senats: Auch das Land Berlin war mit seinen Pensionsfonds noch vor wenigen Jahren schlicht dem deutschen Leitindex DAX und dem europäischen Börsenbarometer Eurostoxx 50 gefolgt, damit also auch fossilen Aktien. 2016 jedoch ließ das Land einen nachhaltigen Aktienindex konstruieren, der fossile Aktien schlichtweg ausschließt. Ob der Bund unter der neuen Ampelkoalition bei seiner Nachhaltigkeitsstrategie noch einmal nachbessern wird, ist derzeit unklar.