Ein Mitglied des EU-Protokolls justiert die britische Flagge.
Kommentar

Brexit-Chaos Klartext statt Koma

Stand: 25.02.2019 21:10 Uhr

Die EU sollte keiner Verlängerung des Brexit-Komas zustimmen, sondern eine klare Entscheidung verlangen. Im quälenden Dauerstreit um den Brexit müssen endlich deutliche Worte gefunden werden.

Ein Kommentar von Ralph Sina, ARD Brüssel

Hilflos sieht die EU dem Brexit-Desaster zu, statt Klartext zu reden. Die Briten wollten vor drei Jahren mehrheitlich die Scheidung. Sie sitzen seit zwei Jahren auf gepackten Koffern. Aber gut einen Monat vor dem Scheidungstermin finden sie einfach nicht den Ausgang aus der EU. Stattdessen produzieren sie am laufenden Band Negativrekorde, als sei der Brexit ein Beitrag fürs Guiness-Buch.

Über ein Dutzend Minister aus Mays Kabinett sind zurückgetreten, mittlerweile wurde in Brüssel bereits der dritte Brexit-Minister gesichtet. Der Brexit treibt gleichermaßen Abgeordnete der Konservativen wie der Labour-Partei zur politischen Verzweiflung - und zur Gründung einer neuen Partei.

Auch neue Wortschöpfungen brachte der Brexit hervor, zum Beispiel das Konstrukt "Alternative Arrangements". Ein Begriff, der ähnlich verlogen ist wie die Wortschöpfung "Alternativen Fakten" - made in USA. Denn der Terminus "Alternative Arrangements" suggeriert die Existenz einer nobelpreisverdächtigen Zauberformel, die alle Probleme einer harten EU-Außengrenze auf der irischen Insel in Luft auflöst.

Brexit verschieben? Wozu?

Auch die von EU-Ratspräsident Donald Tusk vorgeschlagene Verschiebung des Scheidungstermins ist eine Luftnummer. Verschiebung wozu? Damit noch mehr britische Minister zurücktreten? Noch mehr neue Brexit-Minister ernannt werden? Und das Thema Brexit noch länger alle quält und in die Flucht schlägt?

Die EU sollte keiner Verlängerung des Brexit-Komas zustimmen, sondern eine klare Entscheidung verlangen: Entweder akzeptieren die Briten den von May bereits unterzeichneten Deal. Oder sie entscheiden sich für den Chaos-Brexit. Oder Theresa May hat endlich den Mut, das einzig Vernünftige zu tun: nämlich den Scheidungsantrag zurückzuziehen. Und ihn erst dann wieder einzureichen, wenn sie und das Parlament eine mehrheitsfähige Brexit-Idee haben, oder ein zweites Referendum erneut den Brexit verlangt.

Ralph Sina, Ralph Sina, ARD Brüssel, 25.02.2019 20:56 Uhr
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Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 25. Februar 2019 um 20:00 Uhr.