Bundeshaushalt Deutschland braucht keinen Sparkommissar
Bundesfinanzminister Lindner hält die Schuldenbremse nur ein, weil Milliardenkosten für Klimaschutzmaßnahmen oder die Bundeswehr in Schattenhaushalten stecken. Und das ist auch gut so.
Reden und Handeln klaffen ja in der Politik gelegentlich auseinander, und in manchen Fällen ist das auch besser so. In der Haushaltsdebatte zum Beispiel hat Bundesfinanzminister Christian Lindner sich derart als Sparfuchs positioniert, dass man zwischendurch beinahe befürchten musste, er wolle die schrumpfende deutsche Wirtschaft mit einer Politik der künstlich knappen Kassen noch tiefer in die Krise sparen.
Schuldenbremse nur formal eingehalten - zum Glück
In Wirklichkeit aber wird die Schuldenbremse formal nur deshalb eingehalten, weil Milliarden-Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen oder die Bundeswehr in Schattenhaushalte (offiziell: "Sondervermögen") ausgelagert wurden. Dieses Vorgehen gehört zu den legalen Tricks eines Finanzministers, und man kann aus klima- und sicherheitspolitischer Sicht dankbar sein, dass Lindner mit Hilfe seiner Sondervermögen anders handelt als er redet.
Aber natürlich zeigt der notwendige Rückgriff auf Schattenhaushalte auch, dass die vom Minister so leidenschaftlich verteidigte Schuldenbremse ein ungeeignetes Instrument ist: Sie ist ein Dogma wirtschafts- und finanzpolitischer Lehrmeinungen der 1980er- und 1990er-Jahre und schränkt bei konsequenter Anwendung staatliche Gestaltungsmöglichkeiten massiv ein.
Bessere Bahnstrecken und sanierte Autobahnbrücken, politische Bildung und Demokratieförderung, digitale Verwaltung und Forschungsförderung für Spitzentechnologie, sozialer Wohnungsbau und eine zeitgemäß ausgestattete Bundeswehr: All das, was Deutschland so dringend braucht, wird durch die Schuldenbremse erschwert - zumal die Regierung auf Wunsch der FDP ja auch Steuererhöhungen und die Abschaffung klimapolitisch unsinniger Subventionen verhindert.
Staat muss massiv mehr investieren
Der Dreiklang "keine höheren Steuern", "keine neuen Schulden" und "kein Subventionsabbau" kann aber rein logisch kaum funktionieren, schon gar nicht in einer wirtschaftlichen Schwächephase. Und nein: Schulden sind kein Selbstzweck. Aber der Verzicht auf Schulden um jeden Preis genauso wenig. Nicht getätigte Investitionen heute sind der (viel teurere) Reformstau von morgen. Wer wüsste das besser als Lindner, der in der Haushaltsdebatte höchstselbst die CDU-geführten Vorgängerregierungen für zu geringe Investitionen kritisiert hat.
Jetzt mehr zu investieren, ist richtig. Aber die Frage ist, ob das reicht, was die deutsche Regierung da tut - auch im Vergleich mit den USA und deren Milliarden im Rahmen des Inflation Reduction Act. Deutschland ist im internationalen Vergleich nicht hoch verschuldet, hat aber ein vergleichsweise geringes Wirtschaftswachstum (wenn überhaupt). In dieser Zeit braucht das Land als Finanzminister keinen Sparkommissar - sondern einen Wachstumsschaffer.
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