US-Präsidentenwahlkampf Das Dilemma des Ron DeSantis
Mit dem konservativen Hardliner DeSantis tritt Trumps erster ernsthafter Konkurrent an. Doch der Republikaner steckt in einem Dilemma: Er will wie Trump und zugleich anders sein.
Eigentlich hätte man meinen können, Donald Trump verfolgt mit äußerster Gelassenheit den Kampagnenauftakt seines einstigen Ziehkinds. In sämtlichen Umfragen wünscht sich eine deutliche Mehrheit der republikanischen Wählerschaft eine Rückkehr des Ex-Präsidenten. Ron DeSantis liegt auf Platz zwei, recht weit abgeschlagen.
Trump rechnet aber wohl damit, dass sich das jetzt schlagartig ändert: Warum sonst hätte er seit Wochen derart penetrant versuchen sollen, DeSantis politisch unmöglich und menschlich verächtlich zu machen?
Trump fürchtet DeSantis. Er hat verstanden, dass es in den USA einen Appetit auf trumpsche Inhalte gibt, aber kaum Sehnsucht nach dem trumpschen Chaos. Dass DeSantis als eine Art Trump mit Manieren punkten könnte. Eine jüngere, unverbrauchte Neuauflage. Das macht Trump nervös. Und deshalb reagiert er, wie er immer in Bedrängnis reagiert: Er haut drauf.
DeSantis provoziert lustvoll
Der 44 Jahre junge, in seinem Heimatstaat populäre Gouverneur darf sich davon nicht beirren lassen: Vor ihm liegt eine Herkulesaufgabe. DeSantis muss im gesamten Land bekannter werden; und für die entsprechenden Kampagnen muss er Geld auftreiben. DeSantis muss also Großspender davon überzeugen, seinen Wahlkampf und nicht den von Trump zu finanzieren. Zudem muss er einen Weg finden, sich gegen trumpsche Attacken unter der Gürtellinie zur Wehr zu setzen, ohne auf das Niveau seines Konkurrenten zu sinken.
Vor allem aber muss er die Widersprüche klären, die sich mit seiner Person verbinden. Einerseits behauptet DeSantis, nur die Themen im Blick zu haben, die den Menschen wirklich auf den Nägeln brennen: Inflation, Migration, Kriminalität - und sich nicht von durchgeknallten Linken Nebensächlichkeiten aufzwingen zu lassen. "Woke" - nicht mit ihm!
Andererseits ist es aber gerade DeSantis, der im Kulturkampf lustvoll provoziert. Der keine Gelegenheit auslässt, sich von rechts mit aufsehenerregenden Aktionen gegen den politischen Zeitgeist zu stemmen, bei allen Reizthemen wie Abtreibung, sexuelle Orientierung, systemischer Rassismus.
Eine schwierige Doppelrolle
Was Evangelikale, die christliche Rechte, entzückt, stößt Wechselwähler der Mitte ab. Und die haben 2020 das Experiment Trump für gescheitert erklärt. Bis Mittwoch Abend hat DeSantis es geschickt verstanden, eine Doppelrolle zu spielen. In Florida hauptsächlich den handfesten Pragmatiker zu geben - was ihm vergangenes Jahr die erdrutschartige Wiederwahl sicherte. Und gleichzeitig überregional den knallharten Kulturkämpfer, der mit einem Stunt nach dem anderen konstant im Scheinwerferlicht stand.
Das gemäßigte Amerika war irritiert. Und wer die Haudrauf-Momente des Floridianers bewundert, ihn schneidig, prinzipienfest und furchtlos findet, der kann genauso gut das Original wählen. Das ist das DeSantis-Dilemma: Er will ähnlich und anders zugleich sein. Solange er das nicht auflöst, wird Trump weiterhin die Umfragen dominieren.