G20-Gipfel Erst die Geschäfte, dann vielleicht die Moral
Auf dem G20-Gipfel hat sich der indische Gastgeber Modi zum Anwalt des Globalen Südens ernannt. Dabei geht es ihm aber nicht vorrangig um moralischen Zusammenhalt, sondern um Marktmacht.
"Eine Erde, eine Familie, eine Zukunft" - das war der Slogan dieses G20-Gipfels in Neu Delhi. Ein Zitat aus uralten philosophischen Schriften Indiens. Das Motto steht für das strotzende indische Selbstbewusstsein und den Willen, in der neuen Weltordnung mitzumischen.
Indien sieht sich als Anführer des Globalen Südens, von Nationen, die sich nicht mehr in ein Ost-West-Schema pressen lassen wollen. Passend ist, dass Indiens Regierungschef Narendra Modi jetzt die Aufnahme der Afrikanischen Union in die G20 verkündet hat.
Das alles hat absolut seine Berechtigung: Staaten, in denen die meisten Menschen der Welt leben, wollen nicht mehr, dass über sie geredet wird, sondern Teil haben an der globalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit. So wie es sich erst kürzlich bei den BRICS-Ländern gezeigt hat: also Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, die beschlossen haben, ihren Bund um sechs Länder zu erweitern.
Modi regiert mit harter Hand
Anders allerdings als in den alten indischen Schriften gedacht, geht es bei BRICS und G20 nicht um einen moralischen Zusammenhalt, sondern um Marktmacht. Auch wenn der indische Premierminister immer wieder betont, dass bei der neuen multipolaren Weltordnung der Mensch im Mittelpunkt stehen sollte. In Indien regiert er mit harter Hand und Menschenrechte religiöser Minderheiten tritt er mit Füßen.
Am Ende des G20-Gipfels steht vor allem eine Frage: Wofür brauchen wir dieses globale Staatenforum, das sich nicht einmal dazu durchringen kann, einen Angriffskrieg ausdrücklich zu verurteilen? Die Antwort gibt Indien schon heute: Um mit allen Seiten Geschäfte zu machen. Auch in der neuen Weltordnung kommt erst das Fressen und danach nicht unbedingt die Moral.