Krieg im Nahen Osten Es muss eine Lösung geben - ohne die Hamas
Die Welt hat die Brutalität der Hamas unterschätzt - die Terroristen dürfen im Nahen Osten keine Rolle mehr spielen. Zugleich aber brauchen die Palästinenser echte Perspektiven. Sonst wird es nie eine Lösung geben.
Die Erzählung über die Hamas, die man vor dem Nahost-Krieg aus Israel hören konnte, ging häufig so: Die Hamas hat sich radikalisiert und ist gefährlich, sie hat mehr Zulauf unter den Palästinensern, auch im Westjordanland. Aber die Hamas hat kein Interesse an einer echten Eskalation.
Von internationalen Institutionen, zum Beispiel politischen Stiftungen und Thinktanks, hieß es mitunter: Man sollte langsam Gespräche mit der Hamas führen, sie als politischen Faktor ernst nehmen und nicht nur als Terrororganisation verunglimpfen.
Beides hat sich als krasse Fehleinschätzung herausgestellt. Der Terrorangriff auf Israel mit mehr als 1.400 Toten und mehr als 220 verschleppten Geiseln, die Angriffe auf Israel mit Raketen - bis heute - und auch das Leid der Zivilbevölkerung im Gazastreifen, das die Hamas in Kauf nimmt, zeigen, dass sich viele getäuscht haben - übrigens auch Journalistinnen und Journalisten.
Die Hamas bleibt eine Bedrohung
Israel hat nun angekündigt, die Strukturen der Hamas zu zerschlagen. Dafür sollen schon bald Bodentruppen in den Gazastreifen ziehen. Denn genau, wie eine der bestbewachten und am meisten hochgerüsteten Grenzen der Welt den Terror der Hamas nicht verhindert hat, können flächendeckende Bombardements offenbar nicht verhindern, dass die Hamas eine Bedrohung bleibt. Wer die Gegend um den Gazastreifen besucht, trifft auf traumatisierte Menschen in Angst. Israel muss sie schützen.
Und danach? Was passiert, wenn die Strukturen der Hamas zerschlagen sind? Genauso, wie Israels Terrorabwehr nicht funktioniert hat, stellt sich nun heraus, dass die Praxis der vergangenen Jahre, mit der sich auch Staaten wie Deutschland irgendwie arrangiert hatten, nicht mehr funktioniert.
Ideologie von Hass und Terror wird weiterleben
Es reicht nicht mehr aus, den Konflikt mit den Palästinensern "zu verwalten" und ansonsten den Dingen ihren Lauf zu lassen - auch dem massiven Ausbau von israelischen Siedlungen im besetzten Westjordanland.
Selbst wenn es gelänge, die Strukturen der Hamas im Gazastreifen zu zerschlagen: Die Ideologie von Hass und Terror wird weiterleben - genau wie die Führer, die sich im Ausland in Sicherheit gebracht haben.
Und diese Ideologie, so bitter das klingt, wird weiter Zulauf haben - auch durch Menschen, die bereit sind, ihr Leben dem Terror zu opfern: Durch die "Verwaltung" des Konflikts, durch eine hochgerüstete Armee, durch immer mehr Abschottung und Überwachung gibt es nicht mehr Sicherheit für Israel. Das ist die Lehre des furchtbaren Terrors vom 7. Oktober.
Gesicht des Nahen Ostens könnte sich verändern
Sicherheit bringen Perspektiven für die Palästinenserinnen und Palästinenser: Echte Hoffnung auf bessere Lebensbedingungen. Und ja: auch auf einen eigenen Staat. Das entzieht dem Terror den Nährboden.
Jetzt ist Krieg gegen die Hamas. Er wird lange dauern und das Leid noch vergrößern. Aber spätestens danach ist die palästinensische Frage wieder auf dem Tisch - und dabei geht es auch um die Sicherheit Israels. Das könnte das Gesicht des Nahen Ostens verändern. Aber die Hamas darf - und wird - in diesen Überlegungen keine Rolle mehr spielen.