Teilnehmer des Treffens zwischen Hamas und Fatah in China
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Nach Treffen von Hamas und Fatah Das Märchen von der Übergangsregierung

Stand: 23.07.2024 18:19 Uhr

Bei einem Treffen in Peking sollen sich die verfeindeten Palästinenserflügel Hamas und Fatah auf eine gemeinsame Übergangsregierung geeinigt haben. Was zunächst wie eine gute Nachricht klingt, wird sich als Nullnummer erweisen.

Ein Kommentar von Julio Segador, ARD Tel Aviv

Um zu verstehen, wie tief die Feindschaft zwischen der Hamas und der Fatah geht, muss man ins Jahre 2007 zurückgehen. Damals übernahm die Hamas das Kommando im Gazastreifen. Es war der Beginn ihrer autoritären Herrschaft. Und dieser Beginn war sehr blutig. Reihenweise wurden Fatah-Funktionäre von der Hamas exekutiert. Noch heute wird darüber berichtet, wie Fatah-Leute von Hochhäusern heruntergestürzt wurden.

Im Gegenzug tat Palästinenserpräsident Mahmud Abbas alles, um die Hamas im Westjordanland von der Macht fernzuhalten. Dies ist der Grund, weshalb es seit mehr als 15 Jahren keine regulären Wahlen mehr bei den Palästinensern gab.

Fast zwei Jahrzehnte blanker Hass

Dass die Hamas und die Fatah verfeindet wären, ist stark untertrieben. Es ist blanker Hass, der zwischen den beiden Palästinenserflügeln herrscht. Es hat in den vergangenen fast zwei Jahrzehnten immer wieder Versuche von Hamas und Fatah gegeben, zusammenzufinden. Sie scheiterten jedes Mal.

Da klingt die heutige Meldung aus Peking, dass sich beide auf eine Übergangsregierung verständigt hätten, nach einer Sensation, die aber keine ist. Kein nennenswerter Vertreter der Fatah war in Peking anwesend, weder Palästinenserpräsident Abbas noch Ministerpräsident Mohammad Mustafa. Auch die Hamas hätte höherrangige Mitglieder schicken können, etwa den Chef der Terrororganisation, Haniyah. Sie tat es nicht. Allenfalls die zweite, wenn nicht sogar dritte Garde war in Peking. Ein Gipfeltreffen sieht anders aus.

Welche Rolle spielt China?

Und China ist nun beileibe kein Staat, der sich in der Vergangenheit als Vermittler im Nahost-Konflikt eingebracht hat. Das Land hat möglicherweise eigene wirtschaftliche Interessen in der Region. Vielleicht will sich China als Vermittler im Nahostkonflikt profilieren - auch als Konkurrenz zu den USA.

Klar ist, es ist nicht vorstellbar, dass es eine Nachkriegsordnung im Gazastreifen geben wird, ohne dass Israel und die USA daran beteiligt wären und darüber mitentscheiden. Und dass die Hamas nach ihrer mörderischen Terrorattacke vom 7.Oktober im Gazastreifen in der Zivilverwaltung weiter eine Rolle spielen wird, kann ebenfalls ausgeschlossen werden. Die sogenannte Pekinger Erklärung mit der angeblichen Einigung von Hamas und Fatah auf eine Übergangsregierung ist das Papier nicht wert, auf der sie gedruckt wurde.

Hoffnung auf Hintergrund-Diplomatie

Vielversprechender sind da die Gespräche, die derzeit hinter den Kulissen vor allem in den Vereinigten Arabischen Emiraten laufen. Verschiedene Staaten aus der Region und auch Vermittler verhandeln über eine mögliche Nachkriegsordnung im Gazastreifen.

Noch ist vieles unklar. Eines aber steht fest: Die Hamas spielt hier keine Rolle, übrigens offenbar auch nicht die Fatah von Abbas. Deren Ansehen ist auch im arabischen Lager alles andere als hoch. Was die Lösung der Frage - wie es nach dem Krieg in Gaza weitergeht - nicht gerade leichter macht.

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