Deutschland feiert 75 Jahre Grundgesetz Das können wir besser
Zum Jubiläum des Grundgesetzes gibt es wieder einmal viel Zeremoniell, staatstragende Reden und ein Demokratiefest im Berliner Regierungsviertel. Alles schön und gut - doch das Grundgesetz hat mehr verdient.
Wir feiern also 75 Jahre Grundgesetz. 75 Jahre gibt es dieses grandiose Werk nun, in dem all das drinsteht, was uns als Gesellschaft ausmacht. Dieser Jahrestag ist ein Grund zum Feiern - keine Frage. Doch das können wir besser.
Da ist zum Beispiel der Staatsakt, der am Mittag im Schatten des Kanzleramts stattfand. Staatsakt - das klingt groß und irgendwie wichtig. Am Ende saßen da Deutschlands führende Politiker und andere wichtige Menschen, hörten ein Orchester, das Beethoven spielte und lauschten dem Bundespräsidenten, der über die Bedeutung des Grundgesetzes sprach - so weit, so gut.
Doch bis auf die paar Hundert geladenen Gäste dürfte kaum einer was davon mitbekommen haben. Weder von der Veranstaltung selbst, noch vom Jahrestag an sich. Man hätte dieses Event auch in einem Stadion veranstalten können, am besten abends, wenn Menschen am ehesten Zeit haben, sich so etwas anzugucken. So bekamen nur wenige was davon mit. Man blieb unter sich, klatschte dem Bundespräsidenten nach seiner Rede zu und war sich wenig überraschend einig: Das Grundgesetz ist wichtig.
Ein anderer Umgang mit dem Jubiläum ist nötig
Ich halte die Art und Weise, wie wir mit diesem Tag in Deutschland umgehen, für verbesserungsbedürftig. Wäre dieser 23. Mai nicht genau der richtige Tag, um frei zu haben und zusammen zu feiern? Gründe genug haben wir doch.
In Berlin wird auch in den kommenden Tagen an das Grundgesetz gedacht. Demokratiefest heißt das Ganze und findet im Berliner Regierungsviertel statt. Es gibt unter anderem Diskussionsveranstaltungen mit Politikern, Ausstellungen und einen Auftritt des Landespolizeiorchesters Brandenburg. Halleluja! Das ist alles okay, aber es ist kaum vorstellbar, dass das zum Beispiel jüngere Menschen anspricht: zu akademisch, zu weit weg von der eigenen Lebensrealität.
Wir müssen mit diesem Tag in Deutschland anders umgehen. Dass wir als Gesellschaft in der Lage sind, gemeinsam zu feiern, wissen wir spätesten seit dem Sommermärchen 2006. Nun ist das Grundgesetz vielleicht nicht so spannend wie das Halbfinalspiel bei einem Fußballturnier. Aber das Grundgesetz hätte es verdient, dass nicht nur eine kleine Gruppe im Regierungsviertel an seine Existenz erinnert, sondern wir alle.
Es kommt auch auf die Politik an
Der Bundespräsident hat in seiner Rede gesagt: Auf uns kommt es an. Und er hat recht. Natürlich ist viel Luft nach oben in der Gesellschaft, was den Umgang mit unserer Verfassung angeht, aber es kommt auch auf die Politik an. Es muss doch das Ziel sein, auch die zu erreichen, die vielleicht schon länger nicht mehr erreicht werden. Die sich vergessen fühlen, die mit dem Grundgesetz nichts mehr anfangen können oder vielleicht gar nicht so genau wissen, was das für ihr Leben bedeutet.
Wenn wir also in 25 Jahren den 100. Jahrestag des Grundgesetzes feiern, dann braucht es folgendes: weniger Zeremoniell, weniger staatstragende Reden und mehr echte Emotionen. Eine echte Leidenschaft für das Grundgesetz - ein dünnes Buch, dass uns ein Leben in Freiheit möglich macht, Paragrafen, die klipp und klar sicherstellen, dass wir alle die gleichen Rechte haben.
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