Wege der Länder bei Lockerungen Föderalismus als Chance in der Krise
Auch wenn die Ministerpräsidenten aus Lockerungen einen Wettbewerb zu machen scheinen: Es ist gut, dass sie unterschiedliche Meinungen vertreten, denn das schafft letztendlich Transparenz.
Nach dem Rennen um den Titel "Wer ist beim Schließen und Verbieten der härteste Hund von allen?" geht der Wettlauf nun darum, wer am schnellsten wieder öffnet. Es nervt, wenn Ministerpräsidenten in stundenlangen Videokonferenzen mit der Kanzlerin Kompromisse vereinbaren, nur um diese Minuten später wieder zu unterlaufen. Und warum zwei Tage vor der nächsten gemeinsamen Lagebestimmung mehrere Landesfürsten schon wieder vorpreschen müssen, ist kaum zu vermitteln.
"Noch mehr Unterschiedlichkeit zu wünschen"
Und dennoch: Trotz all der Kritik ist der deutsche Föderalismus nicht als Problem in dieser Krise zu sehen, sondern als Chance. Es ist geradezu beruhigend, wenn 16 Ministerpräsidenten zumindest um die beste aller schlechten Lösungen ringen - gerade in dieser Ausnahmezeit, in der die Exekutive fast allmächtig erscheint, die Opposition sich kaum Gehör verschaffen kann und Gerichte immer öfter eingreifen, um unausgewogene Verbote zu kassieren. Nur so werden regionale Unterschiede ausreichend berücksichtigt und die Kanzlerin gezwungen zu begründen, warum weitere Lockerungen noch warten müssen - und vor allem, auf was.
Wer da verächtlich von einem "Flickenteppich" spricht oder von klaren Ansagen des Bundes träumt, könnte mit einem Blick nach Frankreich feststellen, wie ineffizient und bürokratisch sich der politische Zentralismus in dieser Krise gerade erweist. Deshalb bleibt für das nächste Treffen am Mittwoch nur noch mehr Unterschiedlichkeit zu wünschen, bei gleichzeitig klaren gemeinsamen Kriterien. Das würde nicht verwirren, sondern Transparenz schaffen - gerade jetzt, wo der Unmut gegen den verordneten Stillstand wächst. Der Zwang zur Gemeinsamkeit darf nicht zur Zwangsjacke werden.