Christian Lindner
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Dreikönigstreffen der FDP Lindner und die Wirtschaft - alles auf eine Karte

Stand: 06.01.2025 15:58 Uhr

Lindner und die FDP gehen mit einem Thema im Wahlkampf all in: Wirtschaft. Ihnen bleibt auch kaum etwas anderes übrig. Doch Lindners Hang zum Plakativen birgt einige Risiken.

Ein Kommentar von Hans-Joachim Vieweger, ARD-Hauptstadtstudio

Man ist versucht, an den alten Sponti-Spruch zu denken: Du hast keine Chance - nutze sie. Schließlich sehen die Umfragen für die FDP alles andere als rosig aus. Doch Partei Christian Lindner reagiert darauf beinahe schon trotzig: Der Wahlkampf sei nicht dafür da, Umfragen zu bestätigen, sondern Umfragen zu drehen.

Dabei setzt seine Partei alles auf eine Karte: auf die Person Lindner und auf das Thema Wirtschaft. Eine riskante Strategie, aber in der aktuellen Situation alternativlos ist.

Denn niemand steht derzeit so sehr für die FDP wie eben Christian Lindner. Nicht nur wegen seiner rhetorischen Fähigkeiten, sondern auch, weil er mit der Forderung nach einer Wirtschaftswende bereits vor einem Jahr die Stimmung in seiner Partei getroffen hat, die im Lauf der Regierungszeit immer Ampel-kritischer geworden ist. Deshalb nehmen ihm in der eigenen Partei nur die wenigsten die Überlegungen zum Ampel-Bruch übel - eher schon, dass das Ende der Ampel so spät kam.

Lindners Hang zum Plakativen

Das Risiko der All-in-Kampagne liegt darin, dass Lindner immer mal wieder ins Plakative abgleitet. Man denke nur an seine Forderung, Deutschland müsse ein bisschen mehr Milei, ein bisschen mehr Musk wagen. Mit solchen Äußerungen gewinnt Lindner zwar Aufmerksamkeit - was in einer Zeit mit fünf Kanzlerkandidaten sicher notwendig ist. Aber leider hat sich Elon Musk für Lindners Worte nicht mit einer Wahlempfehlung für die FDP, sondern für die AfD bedankt. Und Lindner muss nun zurückrudern, indem er zwischen der unternehmerischen Gestaltungskraft des Tesla-Gründers und Musks mangelndem politischen Urteilsvermögen unterscheidet.

Der Hang Lindners zum Lauten, der Hang zum Plakativen, mag in eine Zeit der Polarisierung passen. Aber passt er auch zur FDP und der von ihr propagierten Wirtschaftswende?

Wirtschaftpolitik wird die Wahl entscheiden

Dennoch sollte man die Liberalen nicht vorschnell abschreiben. Denn bei allen Debatten um D-Day-Papiere und plakative Äußerungen - am Ende wird die Frage, wie die künftige Wirtschaftspolitik aussehen soll, diese Wahlen entscheiden. Denn Deutschland darf nicht so weitermachen wie bisher. Nicht so wie die Ampel mit einem Kanzler an der Spitze, der die Krise lange überhaupt nicht wahrhaben wollte. Aber auch nicht so wie die Große Koalition zuvor, von der am Ende keinerlei Initiative mehr ausging.

Hier kann die FDP punkten. Mit ihrer Erinnerung daran, dass ein Land erst mal etwas erwirtschaften muss, bevor man sich ans Verteilen machen kann. Und mit ihrer Mahnung, dass sich Finanzpolitik nicht nur darum drehen kann, wie man mehr Schulden macht. So etwas ist letztlich noch unseriöser als manches unbedachte Wort aus dem Mund von Christian Lindner.

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Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 06. Januar 2025 um 14:00 Uhr.