Koranverbrennungen Respekt und Meinungsfreiheit gehören zusammen
Heilige Schriften unter dem Hinweis auf Meinungsfreiheit zu verbrennen, ist ein absolutes "No-Go", meint Ulrich Pick. Gleichzeitig aber müsse Kritik an Religion erlaubt sein. Nur dann bestehe die Chance auf gegenseitige Akzeptanz.
Um es gleich vorwegzusagen: Einen Koran zu verbrennen oder mit Füßen zu treten, ist ein "No-Go" und sollte mit klaren Worten verurteilt werden. Das Gleiche gilt für andere zentrale Schriften großer Religionen: Die Bibel, die Tora, die Veden, der Pali-Kanon, das Daodejing oder der Avesta. Sie alle sind Zeugnisse großer spiritueller Traditionen der Menschheit und allein deshalb schützenswert und mit Respekt zu behandeln - nicht nur, weil sie für Mitglieder der jeweiligen Religionen als heilig und unantastbar gelten.
Gleichzeitig sind diese Schriften aber auch historische Dokumente und als solche durchaus kritisch zu behandeln. Mit anderen Worten: Wissenschaftliche Anfragen an sie sind keine Beleidigungen. Der Koran beispielsweise muss hinterfragbar und kritisierbar sein. Sonst herrscht Einseitigkeit und Zwang. Und in religiösen Angelegenheiten sollte es, ja darf es keinen Zwang geben. Schließlich geht es hierbei um Gewissensfragen par excellence.
Doch zurzeit setzt man lieber auf Einseitigkeit. Anders sind für mich die Ereignisse der jüngsten Zeit nicht zu erklären: Selbstverständlich ist die Aussage richtig, dass der Koran in einigen islamischen Ländern missbraucht und für Verstöße gegen Menschenrechte herangezogen wird. Das aber rechtfertigt nicht, ihn wie jüngst am islamischen Opferfest im Juni in Schweden zu verbrennen.
Spirale von Nichtverstehenwollen und Vergeltung
Deshalb ist es kein Wunder, dass der UN-Menschenrechtsrat dieses Vorgehen vergangene Woche verurteilt hat. Allerdings wurde die Abstimmung ausgerechnet von Pakistan initiiert, dem Land, in dem die islamistischen Taliban entstanden sind und Christen immer wieder um Leib und Leben fürchten müssen. Wahrscheinlich dürften deshalb auch die westlichen Länder, die die Meinungsfreiheit hochhalten, gegen die Verurteilung im UN-Menschenrechtsrat gestimmt haben. Dass in der schwedischen Botschaft in Bagdad von radikalen Muslimen unter Berufung auf die angekündigte abermalige Koranverbrennung Feuer gelegt wurde, dürfte sie mit ihrem "Nein" nur bestärkt haben.
Diese Spirale von Nichtverstehenwollen und Vergeltung wird sich - da braucht man kein Prophet zu sein - immer weiterdrehen. Denn sie ist bestimmt von Einseitigkeit. Notwendig wäre stattdessen einzusehen, dass in Fragen der Religion Respekt und Meinungsfreiheit zusammengehören. Erst dann dürfte die Chance auf Frieden und gegenseitige Akzeptanz bestehen. Es bleibt aber zu befürchten, dass es bis dahin noch eine Weile dauern wird und man lieber mit Steinen wirft - auch wenn man, wie Pakistan, im Glashaus sitzt.
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