Krankenhausreform Revolution darf nicht Reförmchen werden
Auch ein kämpferischer Lauterbach schafft eine Krankenhausreform nicht allein - die Länder müssen mitziehen, damit aus der Revolution kein Reförmchen wird.
Revolution - das Wort ist nicht übertrieben. Doch bisher existiert sie höchstens auf dem Papier. Nun braucht es Mutige, die sie durchsetzen. Die es wagen, die Finanzierung der Krankenhäuser umzustürzen und sie damit vom Kopf auf die Füße zu stellen. Ansonsten droht der Koloss, zusammenzubrechen. Das zeigen die widersprüchlichen Fehlentwicklungen der letzten Jahre.
Politik trägt doppelte Verantwortung
Deutschland gibt mehr für sein Gesundheitssystem aus als alle anderen europäischen Länder. Trotzdem wird das Pflegepersonal in Kinderkliniken knapp, trotzdem reicht das Geld nicht für eine gute Versorgung auf dem Land.
Die Politik trägt doppelte Verantwortung dafür: Sie hat die falschen Anreize gesetzt, in dem sie das Gesundheitssystem auf Effizienz trimmen wollte und jeden Fall pauschal bezahlen ließ. Und dann hat sie zugesehen, wie die Krankenhäuser von Klasse auf Masse umschwenkten. Und das nicht nur aus bösem Gewinninteresse privater Betreiber, sondern auch aus rein praktischem Zwang, sich finanziell über Wasser zu halten.
Lauterbach will nun korrigieren
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat nun die Chance, ein System zu revolutionieren, das er selbst mit entwickelt hat. Vor 20 Jahren hat er als Professor für Gesundheitsökonomie das Ministerium beraten, das er heute selbst leitet - auch zu den Fallpauschalen. So sei es nicht angedacht gewesen, versucht Lauterbach das zwar herunterzuspielen: Die Fehlentwicklungen seien erst in den vergangenen zehn Jahren deutlich hervorgetreten. Es ist aber lobenswert, dass er sie nun korrigieren will.
Nur schafft das auch ein kämpferischer Lauterbach nicht allein. Zu Recht hat die Kommission fast flehend darauf hingewiesen, dass Einzelinteressen jetzt zurückstehen müssen. Und nur kurz darauf melden sich die ersten Krankenkassen alarmistisch: Es drohe eine Verstaatlichung des Gesundheitssystems, wenn die Politik den Krankenhäusern feste Budgets zuweist - und die Kassen damit Einfluss verlieren.
Bundesländer in der Pflicht
Aber eine Revolution, bei der sich möglichst wenig ändert, ist keine. Und nur ein kleines Pflaster draufzukleben, löst die großen Probleme in den Krankenhäusern nicht. Deshalb sind auch die Bundesländer in der Pflicht: Sie haben Mitschuld an der Misere, weil sie nicht genügend Geld für Neubau und Sanierungen zahlen. Jetzt wird es Zeit, ihren Teil beizutragen: Wo es wie viele Krankenhäuser mit welchem Angebot braucht, für diese Planung sind die Länder zuständig. Nur wenn sie mit dem Bund zusammenarbeiten, lassen sich die Krankenhäuser und ihre Finanzen neu aufstellen.
Es geht eben nicht um Besitzstände oder politische Interessen: Kliniken warten auf die Rettung vor der Pleite. Notfälle sollen nicht weite Strecken bis zum nächsten freien Intensivplatz zurücklegen. Und ärztliches Personal und Pflegekräfte wollen sich gut um die Kranken kümmern.
Das klappt nur, wenn die Vorschläge der wissenschaftlichen Kommission nicht auf einen Minimalkonsens eingedampft werden. Die geplante Revolution darf nicht zum Reförmchen schrumpfen.
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