Pappschilder aus dem AfD-Wahlkampf
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Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen Die Populisten haben gewonnen

Stand: 01.09.2024 23:55 Uhr

AfD und BSW schneiden in Thüringen und Sachsen stark ab. Das war abzusehen. Nun muss sich etwas ändern - sowohl in der Ampelkoalition als auch in der Merz-CDU.

Ein Kommentar von Gabor Halasz, ARD-Hauptstadtstudio

Um die 30 Prozent stimmen für eine AfD, die in Sachsen und Thüringen als rechtsextremistisch eingestuft ist. Eine AfD, die mit der Menschenwürde in unserer Verfassung spielt. Die ausgrenzt und die Demokratie verächtlich macht. Unser Land eine Diktatur nennt.

Das ist kein Rechtsruck! Sondern das Ergebnis einer Entwicklung, die schon in den 1990er-Jahren begann. Rechtsextremismus ist heute kein Stoppschild, kein Warnsignal, es ist normal geworden - in großen Teilen des Ostens fast schon ein trotziges Gütesiegel. AfD-Wähler sind keine Nazis. Aber: Jeder und jede trägt Verantwortung für die Demokratie.

Personenkult-Partei mit Verständnis für Kriegsverbrecher

Die Populisten haben gewonnen. Dazu gehört auch das Bündnis Sahra Wagenknecht. Eine Personenkult-Partei mit - vorsichtig gesagt - sehr viel Verständnis für den Kriegsverbrecher in Moskau.

Wagenknecht meint, die Menschen wollten eine Regierung, die sie nicht enttäuscht. Aber über Waffenlieferungen, Krieg und Frieden wird nicht in Thüringen oder Sachsen entschieden. Sollte das BSW mitregieren, es wird wohl zwangsläufig Wählerinnen und Wähler enttäuschen.

Es muss sich jetzt was ändern. Mehr zuhören, weniger schreien. Auch mal überlegen, ob der andere vielleicht nicht doch Recht haben könnte. Das geht alle etwas an.

Ein Kanzler, der seine Politik zu wenig erklärt

Aber vor allem darf sich die Ampelkoalition in Berlin angesprochen fühlen. Das ist eine Regierung, die ein miserables Bild abgibt und auch deshalb AfD und BSW stärkt. Eine Regierung, die öffentlich streitet und sich maßregelt. Die zwar jetzt wieder Besserung gelobt, aber wer soll das noch glauben?

Die Menschen merken, wenn Politik nicht ehrlich oder nicht authentisch ist. Da ist ein Kanzler, der seine Politik zu wenig erklärt. Der nicht mal sagen kann: Da habe ich etwas falsch gemacht, es tut mir leid. Kritik wischt er immer wieder arrogant weg. Als wären die Leute zu doof, um zu begreifen, wie gut seine Politik ist.

Die Welt ist nicht schwarz-weiß

Und da ist auch ein CDU-Chef Merz, der auf den schrecklichen Terroranschlag von Solingen mit einem wütenden "Es reicht" reagiert. Dann aber mit dem Grundrecht auf Asyl spielt - und alle Afghanen und Syrer in Mithaftung nimmt.

Was muss noch passieren, damit sich endlich was ändert? Es ist noch ein Jahr bis zur Bundestagswahl. Mehr Anstand ist nötig.

Die Welt ist nicht schwarz-weiß, wie sie die Populisten und Extremisten so gerne malen. Sondern grauer und komplizierter.

Gabor Halasz, ARD Berlin, tagesschau, 01.09.2024 22:54 Uhr
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