Kommentar zu Macrons EU-Appell Große Ideen nicht wieder zerreden
Der französische Präsident hat hehre Ziele für die Zukunft der EU aufgestellt. Deutschland sollte darauf mit mehr antworten, als mit nur zwei diplomatischen Sätzen.
Wir sind Meister darin, aus großen Ideen mit vielen kleinen Bedenken die Luft rauszulassen - vor allem, wenn es nicht die eigenen sind. Diesmal aber sollten wir uns davor hüten, Macrons flammenden Appell für einen Neubeginn Europas wieder zu zerreden. Zu viel steht auf dem Spiel.
Ein Wachruf, eine laue Antwort
Und auch, wenn es die Kanzlerin nicht gerne hören will - die ausgestreckte Hand Macrons fasste lange ins Leere. Zu lange! Ja, Macron bleibt bei vielem noch unkonkret. Und für deutsche Ohren auch ziemlich pathetisch. Aber wissen nicht auch Nationalisten und Europafeinde ihre Basis nur allzu gut mit vagen Versprechen zu mobilisieren?
Mit einem wahren Paukenschlag hat Macron heute nicht nur seinen Wahlkampf eröffnet, sondern hoffentlich auch den Wettstreit um neue Ideen für ein demokratisches, solidarisches und wehrhaftes Europa. Ein "Hallo"-Wachruf in Zeiten echter Gefahr.
Und die Antwort aus Deutschland? Zwei diplomatisch verklausulierte Sätze. Statt Leidenschaft höflich-kühle Sachlichkeit. Dabei braucht es dringend mehr als nur unverbindliche Zustimmung. Es braucht konkrete Projekte: Eine Agentur zum Schutz der Demokratie - zu vage? Dann los, her mit konkreten Ideen.
Schon konstruktiver Streit würde helfen
Strafen für Unternehmen, die gegen europäische Werte verstoßen und Umweltstandards untergraben - warum nicht? Schon konstruktiver Streit darüber würde wieder mehr Menschen für Europa gewinnen.
Auf der Sicherheitskonferenz in München hielt die Kanzlerin ihre flammende Rede für Europas Sicherheit, in Abwesenheit Macrons. Heute präsentiert der französische Präsident sein kämpferisches Manifest. Wie wäre es, wenn beim nächsten Mal die beiden gemeinsame Ideen präsentieren - und zwar möglichst konkrete. Um wirklich mehr zu sein, als Schlafwandler in einem erschlafften Europa.