Sudan-Krise Ein Spielball äußerer Interessen
Seit einem Jahr leidet der Sudan unter einem Bürgerkrieg. Ursachen gibt es viele: Skrupellose Militärs, ethnische Konflikte - aber auch strategische Interessen anderer Länder, meint Udo Schmidt. Aussicht auf Besserung gibt es daher nicht.
Es schien für einen Moment fast zu schön, um wahr zu sein: Im April 2019 fegte eine mutige, zielstrebige, aber auch wütende und unerfahrene junge Demokratiebewegung im Sudan den Langzeitdiktator Omar Al-Baschir hinweg. Alles schien möglich. Auf jeden Fall eine Demokratisierung, wie der Sudan sie seit langem verdient hatte. Eine Art später Arabischer Frühling, eine "Arabellion 2.0". Die schlechten Erfahrungen aus Kairo oder Tunis standen allerdings leider auch in Khartoum Pate.
Den Militärs sind Menschen egal
Vereinbarungen der ersten Zivilregierung, gemeinsam mit dem Militär einen Übergang zu finden, waren das Papier der feierlich unterzeichneten Dokumente kaum wert. Das Militär riss die Macht wieder an sich und lieferte einen weiteren Beweis dafür, dass Generäle an der Spitze von Regierungen vieles tun - sich bereichern etwa - selten aber zum Wohle des Volkes agieren.
Der Machtkampf zweier den Menschen vollständig entrückter Militärs - Abdel Fattah Al-Burhan und Mohammed Hamdan Daglo, kurz Hemeti, der das Land jetzt in eine absolute Katastrophe stürzt - ist ein Drama, das zwar innersudanesische Wurzeln hat. Es hat aber auch ethnische Motive - hätte sich aber nie so furchtbar entwickeln können ohne Hilfe von außen.
Viele äußere Interessen
Der Sudan, in Ostafrika von strategischer Bedeutung, ist als Einflusssphäre attraktiv: als Lieferant von Söldnern, als Abnehmer von Waffen für Russland, den Iran, Saudi-Arabien, die Emirate. Öffentlich sind die Aktivitäten jedoch selten. Millionen Vertriebene, möglicherweise am Ende Zehntausende Tote, zerrissene Familien, endloses Leid - was soll‘s. Sofern die Einflussnahme Mehrwert verspricht.
Und der sogenannte Westen - moralisch überlegen, wie er es zumindest sieht, hat Wichtigeres zu tun, als sich gerade um den Sudan zu kümmern. Die zweifellos hilfreiche Geber-Konferenz in Paris ändert daran grundsätzlich nichts, ungehört verpuffende Aufforderungen zum Waffenstillstand auch nicht.
Kaum Hoffnung auf baldige Besserung
Gibt es Hoffnung? Vielleicht auf mehr Hilfe, umfangreiche Nahrungslieferungen, sofern diese überhaupt die Bedürftigen erreichen - aber Hoffnung auf ein Ende der Kämpfe, auf eine Re-Demokratisierung? Die derzeitige Weltlage lehrt, dass die Brille gar nicht so rosarot sein kann, um daran zu glauben.
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