EuGH zu Thermofenstern Strenges Urteil, das Kunden Hoffnung macht
Der EuGH eröffnet mit seinem Urteil zu Thermofenstern Autobesitzern die Chance auf Schadensersatz - anders als bislang der Bundesgerichtshof. Ein strenges Urteil, zugunsten der Kunden.
Auf dieses Urteil haben viele gewartet. Nicht nur Autobesitzer, sondern sicher auch die Manager vieler europäischer Autohersteller. Denn es war dringend notwendig zu klären, ob sich Bürgerinnen und Bürger auf die europäischen Gesetze praktisch berufen können oder ob die Regeln zur Abgasreinigung nur ganz allgemein gelten, dem Einzelnen aber keine Rechte geben.
Die gute Nachricht ist, dass der EuGH findet: Autobesitzerinnen und -besitzer können aktiv werden. Vor allem, weil sie beim Neuwagenkauf sogar ein Papier ausgehändigt bekommen, mit dem bescheinigt wird, dass das Auto dem entspricht, was das EU-Recht vorgibt. Damit ist noch nicht sicher, dass man im Ernstfall vor Gericht Recht bekäme. Denn vielleicht könnte der Hersteller belegen, dass es für die Sicherheit der Fahrerin oder des Fahrers unbedingt notwendig war, dass bei bestimmten Temperaturen die Abgasreinigung ausgesetzt wurde.
Aber Autobesitzer dürfen sich überhaupt Hoffnungen machen - wer weiß, ob eine Klage nicht doch Erfolg hätte. Der EuGH hat nun nochmal gesagt: Abgasreinigung ausnahmsweise aussetzen? Da sind wir grundsätzlich streng, das ist eher nicht erlaubt.
Bundesgerichtshof entschied bisher anders
Der Bundesgerichtshof als oberstes deutsches Zivilgericht hatte die Klagen von Kunden in diesem Punkt bisher zurückgewiesen. Nun gut, unterschiedliche Sichtweisen sind möglich. Aber der Bundesgerichtshof hat noch nicht einmal beim EuGH angefragt, ob er die europäischen Regeln eigentlich richtig versteht.
Auch bei der Frage, ob sich die Käufer die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen müssen und ob es dann weniger Schadensersatz gibt, meinten die Richter und Richterinnen in Karlsruhe, das selbst entscheiden zu können. Und das, obwohl andere Untergerichte schon längst in Luxemburg angefragt hatten. Wer vorm BGH klagte, hatte Pech. Die Bundesrichter meinten, sie bräuchten nicht auf eine europäische Entscheidung zu warten, es sei glasklar, dass die Käufer leer ausgehen. Das war ein echter Fehler.
Gerichte überlastet mit Dieselklagen
Natürlich wird die deutsche Justiz nicht "Juhu" schreien angesichts des Urteils. Schon jetzt sind viele Gerichte lahmgelegt mit den Dieselklagen. Ein Heer von spezialisierten Anwaltskanzleien hat in der Vergangenheit massenhaft Klagen eingereicht wegen der Betrugssoftware von VW. Und dazu kommen jetzt alle, die sich ermutigt fühlen, wegen des Thermofensters zu klagen. Das können Tausende sein, da viele europäische Autobauer früher mit dem Thermofenster gearbeitet haben.
Man kann die Richterinnen und Richter gut verstehen, die sich von diesen vielen Klagen überrollt fühlen und angesichts der Prozessflut am liebsten in den Ruhestand fliehen würden. Trotzdem muss man sich immer klar machen: Die Kunden haben das Problem nicht verursacht. Es waren die Autohersteller, die ganz offensichtlich so manche europäische Vorschrift zum Umweltschutz nicht richtig ernst genommen haben. Das sollte man sich auch in anderen Wirtschaftszweigen merken: Das oberste Gericht der EU kann ganz schön streng sein.