Mark Rutte bei der Eröffnung des NATO-Treffens
Porträt

Mark Rutte Vom Rekord-Premier zum NATO-Chef

Stand: 01.10.2024 12:05 Uhr

Mark Rutte hat in den Niederlanden gelernt, auch komplizierte Bündnisse zu schmieden. Und selbst Kritiker bescheinigen ihm: Das für den NATO-Posten nötige diplomatische Geschick bringt er mit.

Von Ludger Kazmierczak, Den Haag

Er hat drei US-amerikanische und drei französische Präsidenten sowie zwei Bundeskanzler erlebt - keiner hat die Niederlande so lange regiert wie Mark Rutte. Von Oktober 2010 bis Juli 2024 war er Ministerpräsident. Für seinen Parteifreund und früheren Wahlkampfleiter Frits Huffnagel ist aus dem jungen Politiker in dieser Zeit vor allem eins geworden: ein Staatsmann.

"Als er vor 14 Jahren begann, sah das noch anders aus", sagt Huffnagel über die Entwicklung Ruttes. "Aber er hat es geschafft, dass die Niederlande innerhalb der EU viel wichtiger geworden sind, als es uns als kleinem Land vielleicht zusteht." Rutte habe direkt neben Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emanuel Macron eine wichtige Position gehabt.

Bekennender Europäer und Russland-Kritiker

Rutte ist bekennender Europäer und scharfer Kritiker Russlands. Er gilt international als gut vernetzt. Seinen Weg an die Spitze der NATO hat er mit unzähligen Vier-Augen-Gesprächen hinter verschlossenen Türen akribisch vorbereitet. Auch wenn er gerne betont, dass nicht er das Amt, sondern das Amt ihn gesucht hat.

Ich habe mich am Anfang nicht darum beworben, aber wir sehen ja, was in der Ukraine passiert, die Instabilität in der Welt. Und dann gab es Leute, die meinten, ich sollte das machen.
Mark Rutte

Das schiebe man nicht einfach beiseite, betonte Rutte dabei. Und es sei natürlich eine "unglaublich interessante Aufgabe".

Zusammenhalt der NATO-Verbündeten als Herausforderung

Die größte Herausforderung wird es sein, die 32 NATO-Verbündeten mit ihren unterschiedlichen Interessen in diesen Zeiten der Krise und Kriege zusammenzuhalten. Selbst seine Kritiker bescheinigen Rutte, dass er das dafür nötige diplomatische Geschick mitbringt.

In vier Kabinetten ist es ihm gelungen, Bündnisse sowohl mit linken als auch mit rechten Parteien zu schmieden. Das sei mal mehr, mal weniger gut gelungen, sagt Rutte durchaus selbstkritisch in einem Interview fürs Kinderfernsehen.

Es sind Dinge geglückt. Wirtschaftlich geht es uns besser als vor 14 Jahren. Aber es sind auch Dinge schiefgelaufen.
Mark Rutte

Rutte schuldbewusst in Bezug auf Groningen

Da denke er an "den Skandal um falsche Beschuldigungen gegen Familien, die Kinderzuschläge beantragt haben", führt Rutte aus. Und er denke an die Kinder in Groningen, die unter Stress stünden, weil das Haus, in dem sie wohnten, noch immer nicht sicher sei.

Durch Erdbeben in Folge der Erdgasgewinnung sind viele Häuser in der Region zerstört und teilweise unbewohnbar geworden. Rutte gibt zu, dass die Politik - und damit auch er - die Geschädigten in Groningen im Stich gelassen habe.

Rutte erprobt als Krisenmanager

Als Erfolge darf sich der studierte Historiker indes seine Politik während der Finanzkrise, der Corona-Pandemie und nach dem Abschuss der Passagiermaschine MH17 im Osten der Ukraine anrechnen.

Rutte sei ein guter Krisenmanager, meint der Christdemokrat Jaap de Hoop Scheffer. Er habe bewiesen, dass er es national könne. Und international habe er sich "so viel Autorität erarbeitet, dass er in Brüssel mit einem Vorsprung beginnt - gegenüber allen, die nicht so eine Vita mitbringen."

De Hoop Scheffer weiß, wovon er spricht. Er war von 2004 bis 2009 selbst NATO-Generalsekretär - nach Dirk Stikker und Joseph Luns der dritte Niederländer in diesem Amt. Und Rekord-Premier Mark Rutte wird nun der vierte.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 01. Oktober 2024 um 12:09 Uhr.