Nahost-Krieg ++ Netanyahu rechtfertigt Vorgehen mit Geiseln ++
Aus Sicht von Israels Regierungschef Netanyahu rechtfertigt die Zahl der Geiseln in Hamas-Gewalt das militärische Vorgehen im Gazastreifen. Die Hamas droht - und warnt vor einer Offensive auf Rafah. Der Liveblog von Sonntag zum Nachlesen.
- Hamas: Keine Geisel-Verhandlungen bei Offensive in Rafah
- Borrell warnt vor "humanitärer Katastrophe"
- Berichte: Geiselangehörige wollen Hamas-Anführer verklagen
Ende des Liveblogs
Damit schließen wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse.
Biden fordert "glaubwürdigen Plan" für Schutz von Zivilisten
Angesichts der Pläne für eine Militäroffensive auf die Grenzstadt Rafah im Süden des Gazastreifens hat US-Präsident Joe Biden den israelischen Regierungschef Netanyahu zum Schutz von Zivilisten aufgerufen. Ein Militäreinsatz in Rafah sollte "nicht ausgeführt werden, ohne dass ein glaubwürdiger und umsetzbarer Plan zur Gewährleistung der Sicherheit und Unterstützung der mehr als eine Million Menschen, die dort Schutz suchen" vorliege, sagte Biden in einem Telefonat mit Netanyahu laut einer Mitteilung des Weißen Hauses.
Netanyahu: Zahl der Geiseln rechtfertigt Vorgehen in Gaza
Aus Sicht des israelischen Ministerpräsidenten Netanyahu rechtfertigt die Zahl der Geiseln, die noch in Hamas-Gewalt sind, das massive militärische Vorgehen im Gazastreifen. Auf die Frage, wie viele Geiseln nach seinem Kenntnisstand noch am Leben sind, antwortete der Regierungschef in einem Interview mit dem US-Sender ABC News: "Ich denke genug, um unsere Anstrengungen zu rechtfertigen, die wir unternehmen." Israel gebe sein Bestes, um alle lebenden Geiseln zurückzuholen, sagte Netanyahu, "und offen gestanden auch die Leichen". Militärischer Druck habe dazu geführt, dass bereits 110 Geiseln hätten befreit werden können. Derzeit befinden sich noch 136 Menschen in der Gewalt der Hamas im Gazastreifen, von denen aber nach israelischen Militärangaben mindestens rund 30 nicht mehr am Leben seien.
Israel greift erneut Ziele im Süden des Libanons an
Israelische Kampfflugzeuge haben nach israelischen Angaben erneut Ziele der Schiiten-Miliz Hisbollah im Südlibanon angegriffen. Unter anderem seien eine Raketenstellung in Marwahin sowie Militäranlagen nahe den Orten Ramieh und Jarun getroffen worden, teilte das israelische Militär mit. Der von der Hisbollah kontrollierte TV-Sender Al-Manar berichtete, dass bei den israelischen Angriffen zwei Kämpfer getötet worden seien. Weitere Einzelheiten verlauteten aus Beirut nicht. Zuvor hatte die Hisbollah erklärt, dass sie drei Angriffe auf militärische Ziele im Norden Israels durchgeführt habe.
Biden will mit Netanyahu sprechen
US-Präsident Joe Biden will im Laufe des Tages mit Israels Premier Benjamin Netanyahu sprechen. Das teilte das Weiße Haus mit. Es soll vor allem um die Situation der Geiseln gehen.
Zuletzt hatte es Differenzen zwischen den beiden Verbündeten gegeben. Biden hatte das Vorgehen Israels im Gazastreifen mit deutlichen Worten kritisiert.
USA greifen erneut Huthi-Miliz an
Die USA haben erneut Ziele der vom Iran unterstützten Huthi-Miliz im Jemen angegriffen, um neue Attacken auf Schiffe im Roten Meer zu verhindern. Gestern seien zwei unbemannte Wasserfahrzeuge und drei Anti-Schiff-Raketen der Miliz getroffen worden, teilte das zuständige US-Regionalkommando Centcom auf der Plattform X, früher Twitter, mit.
Die Raketen seien nördlich von Hudaida im von den Huthi kontrollierten Gebiet im Jemen entdeckt worden und bereit zum Abschuss in Richtung Rotes Meer gewesen, hieß es. Das US-Militär habe dies als direkte Gefahr für US-Marine-Schiffe und Handelsschiffe in der Region bewertet.
Die militant-islamistischen Huthi nehmen wegen des Kriegs der militant-islamistischen Hamas gegen Israel immer wieder Handelsschiffe auf dem Roten Meer ins Visier. Die Miliz agiert nach eigenen Angaben aus Solidarität mit der Hamas. Am Jemen führt eine der wichtigsten Schifffahrtsrouten für den Welthandel entlang, durch die Frachter vom Indischen Ozean über den Suezkanal in Ägypten das Mittelmeer erreichen. Die USA und Großbritannien führten als Reaktion auf die Angriffe mehrmals größer angelegte Militärschläge gegen Stellungen der Huthi im Jemen durch.
Ägypten droht mit Aussetzen des Friedensvertrags mit Israel
Ägypten hat mit der Aussetzung seines Friedensvertrags mit Israel gedroht, sollte das israelische Militär in die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens eindringen. Das erfuhr die Nachrichtenagentur AP aus ägyptischen Regierungskreisen. Ein westlicher Diplomat bestätigte die Angaben. Das Camp-David-Abkommen zwischen Israel und Ägypten wurde 1978 nach Verhandlungen unter Vermittlung von US-Präsident Jimmy Carter unterzeichnet.
Hamas: Keine Geisel-Verhandlungen bei Offensive in Rafah
Die Hamas hat Israel für den Fall eines militärischen Vorgehens in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens mit einem Abbruch der Gespräche über ein Geisel-Abkommen gedroht. Jeder Angriff könne die Verhandlungen zunichtemachen, zitierte der palästinensische Fernsehsender Al-Aksa, der als Sprachrohr der Islamisten gilt, ein nicht näher genanntes hochrangiges Hamas-Mitglied. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu hatte der Armee am Freitag den Befehl erteilt, auch eine Offensive auf Rafah vorzubereiten.
Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen, Schraffur: Israelische Armee
Britischer Außenminister Cameron fordert "sofortige Feuerpause"
Großbritannien reiht sich in die Liste der Staaten ein, die vor einem militärischen Vorgehen Israels in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens warnen. Er sei "zutiefst besorgt über die Aussicht einer Militäroffensive in Rafah", erklärte der britische Außenminister David Cameron auf der Online-Plattform X, vormals Twitter.
"Mehr als die Hälfte der Bevölkerung Gazas sucht in der Gegend Zuflucht", schrieb der frühere Premier. Die Priorität müsse auf einer sofortigen Feuerpause liegen, um Hilfslieferungen zu ermöglichen und Geiseln herauszubekommen. Danach müssten Fortschritte in Richtung einer dauerhaften Waffenruhe gemacht werden, forderte er.
Der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu hatte der Armee am Freitag den Befehl erteilt, nun auch eine Offensive auf Rafah im südlichsten Teil des Gazastreifens vorzubereiten.
Iran: Raisi ruft Länder zum Boykott Israels auf
Irans Präsident Ebrahim Raisi forderte Länder in der Region auf, ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu Israel abzubrechen. "Das zionistische Regime ist dem Untergang geweiht", sagte Raisi vor Tausenden Anhängern anlässlich der Feiern zum Jahrestag der Islamischen Revolution von 1979. Außerdem forderte er den Ausschluss Israels aus den Vereinten Nationen.
Bilder im Staatsfernsehen zeigten gestern Menschenmassen auf den Straßen der Hauptstadt Teheran. Auch Sicherheitskräfte und Geistliche nahmen an den landesweiten Umzügen teil. In Teheran wurden zudem ballistische Raketen präsentiert. Ein Meer von Flaggen füllte die Straßen der staatlich organisierten Feierlichkeiten, während am Freiheitsplatz mit dem Asadi-Turm Luftballons aufstiegen. "Tod für Amerika" und "Tod für Israel" rief die Menschenmenge, wie üblich bei den staatlich organisierten Versammlungen.
Hamas: 112 Tote und 173 Verletzte in 24 Stunden
Im Gazastreifen sind palästinensischen Angaben zufolge in den vergangenen 24 Stunden 112 Palästinenser getötet worden. 173 Menschen seien verletzt worden, teilt die dortige von der militant-islamistischen Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde mit. Insgesamt seien somit seit Beginn des Krieges 28.176 Palästinenser ums Leben gekommen und 67.784 verletzt worden. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Netanyahu verspricht Zivilisten in Rafah "sicheren Korridor"
Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu hat versichert, dass die israelische Armee den in der Stadt Rafah ausharrenden Zivilisten vor einem erwarteten Angriff einen sicheren Korridor einrichten wird. "Wir werden (...) der Zivilbevölkerung einen sicheren Weg aus der Stadt ermöglichen", sagte Netanyahu in einem am Samstag im US-Sender ABC News ausgestrahlten Interview. "Wir arbeiten einen detaillierten Plan dafür aus. Wir sind in dieser Sache nicht leichtfertig", betonte er.
Gebiete nördlich von Rafah seien bereits geräumt worden und könnten als sichere Zonen für die Zivilbevölkerung genutzt werden. Zugleich betonte er, der Sieg sei "in Reichweite": "Wir werden es schaffen. Wir werden die verbleibenden Hamas-Terrorbataillone und die letzte Bastion Rafah einnehmen."
Berichte: Geiselangehörige wollen Hamas-Anführer verklagen
Angehörige der in den Gazastreifen entführten israelischen Geiseln wollen Medienberichten zufolge vor dem Internationalen Strafgerichtshof Anklage gegen die Anführer der islamistischen Terrororganisation Hamas erheben. Wie die israelische Nachrichtenseite "Ynet" und die "Jerusalem Post" berichteten, will eine Delegation des Forums der Geiselfamilien zu diesem Zweck am Mittwoch zum Sitz des Strafgerichtshofs nach Den Haag reisen.
Ziel ihrer Klage sei es, Haftbefehle gegen die Anführer der Hamas zu erwirken. Auf diese Weise wolle man den Druck erhöhen, eine Freilassung der Geiseln zu erwirken.
Borrell warnt vor "humanitärer Katastrophe"
Angesichts der israelischen Pläne für eine Offensive auf die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens hat auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell vor einer "humanitären Katastrophe" gewarnt. "Ich schließe mich den von mehreren EU-Mitgliedsstaaten geäußerten Warnungen an", erklärte Borrell auf X. "Eine israelische Offensive auf Rafah würde eine unbeschreibliche humanitäre Katastrophe bedeuten." Außerdem würde es "zu starken Spannungen mit Ägypten kommen", das an Rafah grenzt, warnte Borrell. "Die Wiederaufnahme der Verhandlungen über die Freilassung der Geiseln und eine Einstellung der Feindseligkeiten sind das einzige Mittel, um ein Massaker zu verhindern."
Der Liveblog vom Samstag zum Nachlesen
Israels Armee meldet den Fund einen Hamas-Tunnels unter dem früheren Hauptquartier des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA. Nach UN-Angaben behindert das israelische Militär Hilfskonvois für die Menschen in Nord-Gaza. Die Entwicklungen vom Samstag zum Nachlesen.