Krieg gegen die Ukraine ++ Kiew: Einwohner sollen Awdijiwka verlassen ++
Die Regierung in Kiew hat die verbliebenen 1.000 Menschen im umkämpften Awdijiwka aufgefordert, die Stadt zu verlassen. Die Ukraine erhofft sich für 2024 erneut rund 18 Milliarden Euro an Hilfen von der EU. Alle Entwicklungen im Liveblog.
- Einwohner von Awdijiwka sollen sich in Sicherheit begeben
- Scholz will dauerhafte Finanzzusage für Ukraine bis Ende 2024
- Scholz: Winterschutzschirm über 1,4 Milliarden Euro für Ukraine
- Selenskyj wirbt um Unterstützung bei "Krim-Plattform"
- Wirtschaft sieht Investitionschancen in der Ukraine
- London: Russland nutzt Strafbataillone für Angriffe in Ukraine
Ende des Liveblogs
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Menschen in Awdijiwka sollen sich in Sicherheit bringen
Die ukrainische Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk hat die Zivilisten in der schwer umkämpften ostukrainischen Stadt Awdijiwka aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen. In dem Ort befänden sich noch immer etwa 1.000 Zivilisten, allerdings keine Kinder mehr, sagte sie. Eine umkämpfte Abraumhalde der städtischen Kokerei ist übereinstimmenden Berichten zufolge inzwischen unter russischer Kontrolle. Ukrainische Einheiten halten demnach noch einen Verbindungskorridor von etwa zehn Kilometern Breite. Die Nachschubwege aus dem ukrainisch kontrollierten Gebiet würden ständig beschossen.
Peskow: An Sanktionen angepasst
Die russische Wirtschaft hat sich nach Angaben von Kremlsprecher Dmitri Peskow gut an die internationalen Sanktionen angepasst und fürchte sich nicht vor weiteren Maßnahmen. Vielmehr hätten die Sanktionen dazu beigetragen, die russische Industrieproduktion anzukurbeln, sagte er.
Ukraine hofft für 2024 wieder auf 18 Milliarden Euro von der EU
Die Ukraine hofft nach Angaben von Ministerpräsident Denys Schmyhal, dass die EU dem Land 2024 wie in diesem Jahr 18 Milliarden Euro Budgethilfe zahlt. Der Gesamtbedarf der Hilfe von internationalen Partnern liege bei 42 Milliarden Euro im kommenden Jahr, sagt er. Die Ukraine finanziere mit ihren Einnahmen die Militärausgaben, die 2024 genauso hoch oder höher wie in 2023 sein würden.
Scholz will dauerhafte Finanzzusage für Ukraine
Bundeskanzler Olaf Scholz will in der EU bis Jahresende eine dauerhafte Finanzzusage für die Ukraine erreichen. "Ich werde mich dafür einsetzen, dass wir bis Ende des Jahres die konkreten Lösungen auf den Weg bringen, um eine nachhaltige Unterstützung der Ukraine für die kommenden Jahre zu sichern", sagte er auf dem Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforum. Eine dauerhafte Finanzzusage ist in der EU noch strittig.
Auf europäischer Ebene solle eine eigene Ukraine-Fazilität geschaffen werden, die Zuschüsse und Darlehen bündele sowie private und öffentliche Investitionen koordiniere. Richtschnur solle ein von der Ukraine erarbeiteter Plan sein, der mit der EU und anderen Ländern abgestimmt sei. "Finanzielle Unterstützung wird dort auch mit der Erfüllung wichtiger Reformschritte verbunden", betonte Scholz. Zu der laufenden Debatte über eine Aufnahme der Ukraine in die EU sagte er, dass das Tempo des Beitrittsprozesses von den Reformen in der Ukraine abhänge. "Jede dieser Reformen wird das Investitionsklima weiter verbessern", sagte der Kanzler. Deutschland werde das Land auf dem Weg in die EU "mit aller Kraft" unterstützen.
Scholz: Winterschutzschirm über 1,4 Milliarden Euro für Ukraine
Deutschland hat der Ukraine seit Kriegsbeginn nach Angaben von Bundeskanzler Olaf Scholz zivile und militärische Hilfe im Wert von 24 Milliarden Euro geliefert. Damit sei die Bundesrepublik nach den USA der zweitgrößte Unterstützer des Landes, sagte er beim Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforum. Man spanne nun einen Winterschutzschirm über 1,4 Milliarden Euro auf, weil sich abzeichne, dass Russland erneut Kälte und Energieknappheit als Waffe gegen die Zivilbevölkerung einsetzen wolle. Russlands Präsident Wladimir Putin habe sich geirrt, wenn er glaube, dass der Westen weniger Durchhaltewille habe als Russland, sagte Scholz. Er wolle in der EU bis Jahresende eine dauerhafte Finanzzusage für die Ukraine erreichen - diese ist in der EU noch strittig.
Selenskyj ruft deutsche Firmen zur Zusammenarbeit auf
Beim Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforum hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj deutsche Unternehmen zur Zusammenarbeit vor allem im Verteidigungs- und Energiesektor aufgerufen. "Wer jetzt schon investiert, wird nach dem Krieg eine gute Rendite erzielen", sagt er in einer Videobotschaft.
Selenskyj wirbt bei Krim-Plattform um Unterstützung
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat beim zweiten Treffen der Krim-Plattform in einer Videoansprache an die Delegierten der 50 Teilnehmer-Länder eine "vollständige Deokkupation" von ukrainischem Territorium gefordert. Je mehr Staaten an der Seite der Ukraine stünden, desto eher könne die russische Aggression beendet werden. Er rief die Parlamentarier auf, zusätzliche Maßnahmen gegen die Umgehung der westlichen Sanktionen gegen Russland zu ergreifen und gegen russische Propaganda vorzugehen.
Ziel der Krim-Plattform ist es, die Solidarität mit der Ukraine zu bekräftigen und die Aufmerksamkeit auf die Lage auf der Halbinsel zu lenken. Die Konferenz wurde 2021 auf Initiative Selenskyjs gegründet. Für Deutschland nahm in diesem Jahr Bundestagspräsidentin Bärbel Bas teil.
Wirtschaft sieht Investitionschancen in der Ukraine
Vor Beginn des Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforums in Berlin betonen Wirtschaftsverbände die Investitionschancen in dem osteuropäischen Land. "Ungeachtet des Krieges wurde bereits ein Dutzend Investitionsprojekte begonnen. Deutsche Unternehmen bewerben sich aktuell mit 30 weiteren Projektvorhaben um Investitionsgarantien des Bundes", sagte der stellvertretende Ost-Ausschuss-Vorsitzende Christian Bruch in Berlin. "Der Wiederaufbau ist angelaufen und deutsche Unternehmen engagieren sich." Vor allem in den westlichen und mittleren Landesteilen sei das Kriegsrisiko beherrschbar.
Die Wirtschaftsverbände forderten erneut von der Bundesregierung bessere staatliche und private Finanzierungsangebote sowie Versicherungslösungen für Transporte durch die Ukraine.
Nach dem Einbruch der ukrainischen Wirtschaft nach dem russischen Überfall im Februar 2022 erwartet der Ost-Ausschuss für 2023 ein Wachstum der ukrainischen Wirtschaft von rund drei Prozent. Der Internationale Währungsfonds (IWF) geht von einem Wachstum von zwei Prozent 2023 und 3,2 Prozent im kommenden Jahr aus.
London: Russland nutzt Strafbataillone für Angriffe in Ukraine
Russland lässt seine Angriffe gegen ukrainische Stellungen nach britischen Informationen in erster Linie von ehemaligen Gefangenen und in Ungnade gefallenen Soldaten durchführen. Die "Sturm-Z" genannten Einheiten seien vermutlich als zunächst relativ elitäre Gruppen geplant gewesen, die die taktische Initiative ergreifen könnten, teilte das britische Verteidigungsministerium unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnissen mit. "Spätestens seit Frühjahr 2023 sind aus den "Sturm-Z" jedoch de facto Strafbataillone geworden, die mit Sträflingen sowie regulären Soldaten, die Disziplinarverstöße begangen haben, besetzt sind."
Mehrere Berichte deuteten darauf hin, dass diese Einheiten kaum logistische und medizinische Unterstützung erhielten, aber dennoch wiederholt zum Angriff getrieben würden. "Russische Truppen haben sich oft wirksam verteidigt", hieß es in London weiter. "Die Existenz von "Sturm-Z" verdeutlicht jedoch die enormen Schwierigkeiten Russlands, Kampfinfanterie zusammenzustellen, die in der Lage ist, wirksame Offensivoperationen durchzuführen."
Russland rekrutiert offenbar Frauen
Russland hat Medienangaben zufolge mit der Rekrutierung von Frauen für Kampfeinsätze in seinem Krieg gegen die Ukraine begonnen. In der dem russischen Verteidigungsministerium unterstehenden Söldnereinheit "Redut" würden Scharfschützinnen und Bedienerinnen von Drohnen angeworben, schrieb das unabhängige Internetportal istories. Bislang wurden Frauen im russischen Militär nur als Sanitäterinnen und in der Küche eingesetzt.
Den Soldatinnen wird ein Halbjahresvertrag mit einem Monatsgehalt von umgerechnet etwa 2.200 Euro angeboten. Bei einer Verletzung gibt es 30.000 Euro Prämie, bei Tod sollen den Hinterbliebenen rund 50.000 Euro ausgezahlt werden. Entsprechende Anzeigen tauchten demnach im russischen sozialen Netzwerk "Wkontakte" auf. Anfängerinnen würden innerhalb eines Monats an der Waffe ausgebildet.
Deutsch-Ukrainisches Wirtschaftsforum zum Wiederaufbau
Bei einem Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforum in Berlin sollen heute Investitionsvorhaben deutscher Unternehmen in der Ukraine diskutiert werden. Bundeskanzler Olaf Scholz und der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal werden bei dem Treffen erwartet. Vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj kommt ein Grußwort per Video. Deutschland will eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau der Ukraine nach dem russischen Angriffskrieg spielen. Bei der Konferenz werden auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und die ukrainische Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko erwartet.
Zwangsevakuierung von Kindern in Cherson
Nach massivem russischen Beschuss haben die Behörden nach eigenen Angaben im südukrainischen Gebiet Cherson eine Zwangsevakuierung von Familien mit Kindern angeordnet. Das betreffe gut zwei Dutzend Gemeinden und die Stadt Beryslaw am Fluss Dnipro, wie die Gebietsverwaltung bei Telegram mitteilte. Einer behördlichen Aufforderung von Mitte September, sich in Sicherheit zu bringen, sind bisher nur 450 Kinder und ihre Angehörigen gefolgt.
Aufgrund von Weigerungen seien nun Zwangsmaßnahmen erforderlich, hieß es. Dem Ministerium für Reintegration zufolge werden etwas über 800 Kinder kostenlos per Bus und Bahn in sicherere Gebiete im Westen des Landes gebracht. Notwendig sei die Verordnung wegen nahezu täglichen Artilleriebeschusses und des intensiven Einsatzes von Gleitbomben der russischen Luftwaffe gegen Ziele auf dem ukrainisch kontrollierten Ufer des Dnipro. Wiederholt wurden dabei Zivilisten getötet und verletzt.
Russland verstärkt Angriffe auf Awdijiwka
Die russischen Streitkräfte verschärfen ukrainischen Angaben zufolge ihre Angriffe auf zwei Frontabschnitte in der Ostukraine. Der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte erklärte, seine Truppen hätten erneut russische Angriffe auf die Stadt Awdijiwka zurückgeschlagen. Das Stadtzentrum und die einzige Versorgungsroute in das zerstörte Awdijiwka stünden rund um die Uhr unter Beschuss, sagte der Leiter der Militärverwaltung der Stadt, Witali Barabasch, dem US-finanzierten Sender Radio Liberty. "Die Versorgungslage ist sehr schwierig, weil die 22 Kilometer lange Straße Tag und Nacht unter Dauerbeschuss steht." Das erschwere Evakuierungen und Hilfslieferungen. "Jede Bewegung ist ein Signal, das Feuer zu eröffnen." Rund 1.600 Menschen lebten noch in der Stadt, vor dem Krieg waren es rund 30.000.
Awdijiwka ist nach den monatelangen Angriffen zu einem Symbol des ukrainischen Widerstands geworden. General Oleksandr Syrskyj, Kommandeur der ukrainischen Bodentruppen, bezeichnete die Bedingungen entlang der gesamten 1.000 Kilometer langen Front als "schwierig". Als besonders schwierig bezeichnete er Bachmut, das im Mai nach monatelangen Kämpfen von Russland eingenommen wurde, und die Schlüsselstadt Kupiansk, beide nordöstlich von Awdijiwka.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Selenskyj wirbt um anhaltende Unterstützung für Ukraine
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will mit internationalen Konferenzen weiter für die Unterstützung seines Landes im Abwehrkampf gegen den russischen Angriffskrieg werben. "Die Aufmerksamkeit der Welt für die Ukraine, für den Schutz der Freiheit und des Völkerrechts muss gewahrt bleiben – dafür tun wir alles", sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Bereits am Dienstag werde ein parlamentarischer Gipfel der "Krim-Plattform" in Prag stattfinden, kündigte er an.
Die "Krim-Plattform", eine diplomatische Initiative Kiews, soll international Aufmerksamkeit für Missstände auf der seit 2014 von Russland annektierten Halbinsel erzeugen. Daneben ging Selenskyj in seiner Ansprache vor allem auf die Lage an der Front ein und lobte unter anderem die Standfestigkeit der ukrainischen Soldaten im Frontabschnitt Awdijiwka. Um die Kleinstadt in unmittelbarer Nähe der bereits seit 2014 von russischen Kräften kontrollierten Stadt Donezk wird seit Monaten gekämpft. In den vergangenen zwei Wochen hat das russische Militär den Druck in der Gegend noch einmal deutlich verschärft. Mit einer Offensive versucht Moskau, die dort stationierten ukrainischen Truppen einzuschließen. Bisher ist dies den Russen aber nicht gelungen.
Der Liveblog vom Montag zum Nachlesen
Die Ukraine hat eigenen Angaben zufolge einen größeren russischen Drohnenangriff auf Odessa abgewehrt. Laut einer britischen Analyse wird Russland für das Jahr 2024 seinen Militäretat um 68 Prozent erhöhen. Die Entwicklungen vom Montag zum Nachlesen.