Wolodymyr Selenskyj
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Liveblog zum Ukraine-Krieg ++ Selenskyj: Russland hat Vorteil bei schweren Waffen ++

Stand: 03.08.2022 03:04 Uhr

Laut dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj ist die russische Armee im Bereich der schweren Waffen im Vorteil. Die US-Regierung hat neue Sanktionen gegen Kreml-nahe Oligarchen verhängt. Die Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.

03.08.2022 • 03:04 Uhr

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Damit schließen wir diesen Liveblog. Wir sind aber auch am Mittwoch wieder mit einem Liveblog zum russischen Krieg gegen die Ukraine für Sie da. Diesen können Sie hier lesen:

In Nähe der ukrainischen Westgrenze zum NATO-Mitglied Polen haben sich nach ukrainischen Angaben zwei Explosionen ereignet. Eine russische Rakete sei in eine Militäreinrichtung im Kreis Tscherwonohrad eingeschlagen, teilte die Verwaltung des Gebietes Lwiw mit. Noch gebe es keine Angaben zum angerichteten Schaden, schrieb Gouverneur Maxim Kosizkyj im sozialen Netzwerk Telegram. Auch zum genauen Ort der Explosionen gab es zunächst keine Informationen. Die Stadt Tscherwonohrad liegt nur rund 15 Kilometer von der Grenze zu Polen entfernt.

Die russische Armee habe von Langstreckenbombern über dem Kaspischen Meer acht Raketen auf die Ukraine abgefeuert, teilte das Oberkommando der ukrainischen Luftwaffe mit. Sieben von ihnen seien abgefangen worden. Im Gebiet Lwiw sei eine Flugabwehrstellung getroffen worden. Explosionen wurden abends auch aus der Stadt Mykolajiw im Süden der Ukraine gemeldet.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj konnten die ukrainischen Streitkräfte trotz der Lieferung von Raketenartillerie durch die USA die russischen Vorteile bei schweren Waffen und Personal noch nicht überwinden. "Dies ist im Kampf sehr deutlich zu spüren, besonders im Donbass", sagte Selenskyj. "Es ist einfach die Hölle dort. Worte können es nicht beschreiben", sagte er in einer Ansprache am späten Abend.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich für die Zulassung eingetragener gleichgeschlechtlicher Partnerschaften in seinem Land ausgesprochen. Das geht aus der Antwort Selenskyjs auf eine Online-Petition hervor, mit der die Einführung gleichgeschlechtlicher Ehen in der Ukraine gefordert wurde. Seit Anfang Juni waren dafür mehr als 28.000 Unterschriften zusammengekommen.

Selenskyj schrieb, der ukrainischen Verfassung zufolge sei die Ehe ein Bund von Mann und Frau. Unter den Bedingungen des Kriegsrechts könne die Verfassung nicht geändert werden. Die Regierung habe aber bereits Optionen für die Legalisierung eingetragener Partnerschaften vorbereitet. In der modernen Welt zeige sich die Demokratie eines Staates darin, dass er gleiche Rechte aller sicherstelle, betonte er.

Die US-Regierung hat neue Sanktionen gegen Kreml-nahe Oligarchen verhängt. Die Strafmaßnahmen verursachten "hohe Kosten für diejenigen, die den Krieg von Präsident Wladimir Putin unterstützen", teilte das US-Finanzministerium mit. Finanzministerin Janet Yellen betonte: "Während unschuldige Menschen unter dem illegalen Angriffskrieg Russlands leiden, haben sich Putins Verbündete bereichert und einen opulenten Lebensstil finanziert."

Betroffen von den Sanktionen seien unter anderem der Putin-Vertraute Andrej Gurjew und dessen Sohn. Ausdrücklich erwähnt wurde die Luxusjacht "Alfa Nero", die Gurjew den Angaben zufolge 2014 für 120 Millionen Dollar gekauft haben soll. Die Geräte zur Verfolgung des Standorts der Jacht seien Berichten zufolge abgeschaltet worden, um eine Beschlagnahme zu vermeiden.

Das US-Finanzministerium teilte weiter mit, es würden mehrere Personen, eine multinationale Firma und ein russisches Unternehmen mit Strafmaßnahmen belegt. Etwaiger Besitz der Betroffenen in den USA werde eingefroren, US-Staatsbürgern seien Geschäfte mit ihnen untersagt. Das US-Außenministerium habe zugleich Einreisebeschränkungen gegen Betroffene verhängt. Auf die US-Sanktionsliste wurden auch drei Ukrainer gesetzt, die für die russischen Besatzer in der Südukraine arbeiten. Das sind der Chef der Besatzungsverwaltung des Gebiets Cherson, Wladimir Saldo, und sein Stellvertreter Kirill Stremoussow. Ebenso sanktioniert wurde der von Russland eingesetzte Bürgermeister der Hafenstadt Mariupol, Konstantin Iwaschtschenko.

Das erste Frachtschiff mit ukrainischem Getreide seit Beginn des russischen Angriffskriegs soll den Eingang der Meerenge Bosporus in Istanbul noch an diesem Dienstagabend erreichen. Das türkische Verteidigungsministerium teilte mit, die "Razoni" mit 26.000 Tonnen Mais werde voraussichtlich gegen 21 Uhr Ortszeit dort ankommen.

Auf dem Online-Ortungssystem Marinetraffic war zu sehen, dass der Frachter nahe der Meerenge liegt. Zuletzt hatte das Verteidigungsministerium von einer Ankunft in der Nacht zu Mittwoch gesprochen.

Die wegen des Kriegs kurz vor der Staatspleite stehende Ukraine hat Deutschland vorgeworfen, die Auszahlung von Finanzhilfen der EU zu blockieren. "Wir erwarten acht Milliarden Euro. Leider blockieren einige EU-Staaten, darunter Deutschland, die Prüfung dieser Frage", sagte der stellvertretende Leiter des Präsidentenbüros, Ihor Schowka, örtlichen Medien zufolge.

Präsident Wolodymyr Selenskyj führe deswegen "aktive Gespräche". Von den im Mai zugesagten neun Milliarden Euro Makrofinanzhilfe habe Kiew eine Milliarde bereits erhalten, sagte Schowka. Nach Angaben der EU-Kommission sind für die ausstehende Summe möglicherweise Garantien von Mitgliedsstaaten nötig, weil eine Absicherung über den EU-Haushalt wegen fehlender Mittel nicht möglich ist.

Im Juli hatten mehrere Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit der Ukraine herabgestuft. Der größte Staatskonzern Naftogaz hatte zudem vergangene Woche Dienstag fällige Auslandsschulden aufgrund einer Regierungsanordnung nicht bedient. Der zusätzliche Finanzbedarf der Ukraine wurde im Präsidentenbüro für 2023 auf fast 50 Milliarden Euro geschätzt. Ende Februar ist Russland in das Nachbarland einmarschiert und hat Teile der Ost- und Südukraine besetzt.

Der russische Angriff auf die Ukraine hat Europa und die USA laut Bundesaußenministerin Annalena Baerbock wieder enger zusammengeführt. Das transatlantische Verhältnis sei jetzt womöglich so eng wie seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr, sagte die Grünen-Politikerin in New York vor Studenten. Dies müsse genutzt werden, um die Allianz weiter zu stärken. Die Werte des Westens wie Freiheit und Demokratie müssten verteidigt werden. "Diese Werte sind angegriffen worden."

Der russische Angriff auf die Ukraine Ende Februar habe Europa und die ganze Welt verändert, sagte Baerbock. Russische Waffen hätten Tod und Zerstörung gebracht. Präsident Wladimir Putin gehe es nicht um das Recht des Gesetzes, sondern eine Welt, in der sich der Mächtigere durchsetze. "Eine Welt, in der Großmächte einfach kleinere Staaten schlucken können, wie sie das wollen." Frieden sei keine Selbstverständlichkeit mehr, wie lange geglaubt. Man müsse sich jetzt auf alle Eventualitäten vorbereiten.

Die frühere Sowjetrepublik Moldau bereitet sich auf die Drosselung der Gaslieferungen durch den russischen Energieriesen Gazprom vor und will ihren Verbrauch senken. "Wir müssen lernen zu sparen. Wir glauben, dass Moldau 15 Prozent seines Gasverbrauchs einsparen kann - genau wie die Länder der Europäischen Union", sagte Vizepremier Andrei Spinu moldauischen Medien zufolge. Seinen Angaben nach bereitet sich die Regierung auf verschiedene Szenarien vor - bis hin zur vollständigen Einstellung der Gaslieferungen aus Russland.

Die an die Ukraine angrenzende Republik Moldau ist eines der ärmsten Länder Europas, stark abhängig von russischen Gaslieferungen und verschuldet gegenüber Moskau. Offiziell hat sich das Land nach dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine für neutral erklärt und sich nicht an den westlichen Sanktionen beteiligt. Gleichzeitig betrieb die politische Führung die Annäherung an die EU und erhielt gleichzeitig mit Kiew den Status eines Beitrittskandidaten. Ähnlich wie die EU-Länder befürchtet das Land nun, dass Gazprom die Lieferungen zurückfährt.

Bei einem russischen Angriff auf einem Evakuierungsbus sind nach Angaben einer ukrainischen Militärsprecherin drei Menschen getötet und fünf Menschen verletzt worden. Russische Streitkräfte hätten den Bus in der südlichen Region Cherson mit Mörsergranaten beschossen, sagte Natalia Humeniuk. Das Fahrzeug sei auf dem Weg von dem russisch besetzten Dorf Starosilja zu der von der Ukraine kontrollierten Stadt Krywyj Rih gewesen.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hat bei einem Besuch in Kiew Bekämpfung von Korruption angemahnt. Das sei eine Priorität im Beitrittsverfahren der Ukraine; dafür brauche es "robuste Institutionen, die der Aufgabe gewachsen sind", schrieb Johansson auf Twitter nach einem Treffen mit dem Chef der ukrainischen Anti-Korruptions-Behörde, Gozo Uglava. Während der eintägigen Visite wollte sich Johansson nach Angaben aus Brüssel über die Bedürfnisse von Ukrainern informieren, die in EU-Staaten temporären Schutz vor dem russischen Angriffskrieg suchen. Weiter fand die Unterzeichnung eines Abkommens statt, mit dem die Ukraine Beobachterstatus im Europäischen Migrationsnetzwerk (EMN) erhält. Zweck der Einrichtung ist, verlässliche und vergleichbare Daten über Migration und Asyl zu sammeln.

Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht hat mit einem Tweet gegen die Grünen im Zusammenhang mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine für Aufregung gesorgt. Die Wiederinbetriebnahme der Kohlekraftwerke zeige: "Klimawandel war für Grüne gestern wichtig", schrieb Wagenknecht in ihrem Tweet. Heute habe "wahnsinniger Krieg gegen Russland" für die frühere "Ökopartei" Top-Priorität und "sogar einzig vernünftige Konfliktlösung (Diplomatie/Verhandlungen)" werde laut Wagenknecht abgelehnt.

Spitzenpolitiker der Linken gingen auf Distanz zu Wagenknechts Äußerung. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch äußerte sich auf Twitter, die Position der Linksfraktion sei und bliebe klar: "Wir verurteilen den verbrecherischen Angriffskrieg Russlands auf das Schärfste". Parteichefin Janine Wissler antwortete auf Wagenknechts Tweet, als Linke kritisierten sie die Energiepolitik der Bundesregierung deutlich. Klar sei aber: "Russland führt einen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit tausenden Toten und Millionen Geflüchteten". Das "anders darzustellen" sei eine "Verdrehung der Fakten" und nicht Position der Linken.

Der Kreml hat sich zu Gesprächen mit den USA über eine nukleare Rüstungskontrolle bereit erklärt, trotz der Spannungen zwischen beiden Ländern angesichts der russischen Invasion in der Ukraine. Solche Gespräche seien seit langem überfällig, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow mit Blick auf Äußerungen von US-Präsident Joe Biden. Dieser hatte gesagt, Washington sei offen für Gespräche über ein neues Rüstungsabkommen, das den 2026 auslaufenden Vertrag New START ersetzen könnte.

Russland und die USA hatten sich nur wenige Tage vor dem Auslaufen von New START im Februar 2021 auf eine Verlängerung um weitere fünf Jahre verständigt. Das von den damaligen Präsidenten Barack Obama und Dmitri Medwedew 2010 unterzeichnete Abkommen zur Verringerung strategischer Waffen beschränkt beide Vertragspartner auf maximal 1550 nukleare Sprengköpfe und 700 nukleare Trägersysteme im Einsatz. Die Einhaltung soll durch umfassende Kontrollen sichergestellt werden.

Kurz vor seinem Abschied aus Deutschland hat der bisherige ukrainische Botschafter Andrij Melnyk Bundeskanzler Olaf Scholz eine Entschuldigung für Schmäh-Äußerungen angeboten. Er habe im Kanzleramt um ein Gespräch mit Scholz wegen seines baldigen Abschieds aus Deutschland gebeten, sagte Melnyk bei Bild TV. "Wenn der Kanzler mich empfangen würde vor dem Abschied, dann würde ich mich bei ihm entschuldigen."

Entschuldigen würde er sich dafür, dass er den Kanzler als "beleidigte Leberwurst" bezeichnet hatte, sagte Melnyk. Der Diplomat hatte diese Äußerung getätigt, als Scholz nach der Ausladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier aus der Ukraine zunächst eine eigene Reise nach Kiew abgelehnt hatte. 

Melnyk beurteilte die Aussichten, dass es zu einer persönlichen Begegnung mit dem Kanzler kommt, als ungewiss: "Mal sehen, ich hoffe es." Es gehöre aber "zum guten Ton, wenn jemand weggeht, dass er auch empfangen wird". Der Ukrainer räumte ein, mit seinem Auftreten in Deutschland angeeckt zu sein. "Mein Hauptwunsch bleibt und ist, die Beziehungen zu Deutschland zu stärken, auch wenn das nicht immer so ausgesehen hat", sagte er. 

Die Gruppe der sieben führenden Industriestaaten (G7) will Russland daran hindern, von den hohen Energiepreisen infolge des Krieges gegen die Ukraine zu profitieren. Dazu würden derzeit alle Möglichkeiten geprüft, wie die G7-Außenminister mitteilten. Dazu gehöre auch, den Transport von russischem Öl zu blockieren, wenn es nicht zu einer bestimmten preislichen Obergrenze gekauft werde.

In der von Großbritannien veröffentlichten Erklärung hieß es, man erwäge "ein umfassendes Verbot aller Dienstleistungen, die den weltweiten Transport von russischem Rohöl und Erdölprodukten auf dem Seeweg ermöglicht - es sei denn, das Öl wird zu einem Preis oder unter einem Preis gekauft, der in Absprache mit internationalen Partnern vereinbart wird". Bei der Prüfung dieser und anderer Optionen würden auch Mechanismen zur Abmilderung der Folgen in Betracht gezogen. Damit solle sichergestellt werden, dass die am stärksten gefährdeten und betroffenen Länder weiterhin Zugang zu den Energiemärkten haben, "auch zu denen Russlands".

Spanien hält seine aussortierten Panzer Leopard 2A4 nicht für einsatzfähig. Deshalb könnten sie nicht an die Ukraine abgegeben werden, sagte Verteidigungsministerin Margarita Robles. "Wir schauen uns alle Möglichkeiten an, aber ich kann bereits sagen, dass die Leopard in Saragossa, die schon seit Jahren nicht genutzt wurden, nicht weitergegeben werden können, da sie in einem desolaten Zustand sind." Sie seien sogar eine Gefahr für diejenigen, die sie bedienen würden. Im Juni hatte Robles in einem Zeitungsinterview gesagt, es werde geprüft, die 40 in Deutschland hergestellten Leopard an die Ukraine abzugeben.

Russland wirft den USA eine direkte Verwicklung in den Krieg in der Ukraine vor. US-Spione würden ukrainische Raketenangriffe auf russische Streitkräfte genehmigen und koordinieren, wie das Verteidigungsministerium in Moskau mitteilte. Der stellvertretende Leiter des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Wadim Skibizki, habe gegenüber der Zeitung "Telegraph" zugegeben, dass die US-Seite die Raketenangriffe koordiniere. "All dies beweist unbestreitbar, dass Washington entgegen den Behauptungen des Weißen Hauses und des Pentagons direkt in den Konflikt in der Ukraine verwickelt ist", so das Ministerium.

Die Regierung von US-Präsident Joe Biden sei direkt für alle von der Ukraine genehmigten Raketenangriffe auf Wohngebiete und zivile Infrastruktur im Donbass und anderen Regionen verantwortlich, die zum massenhaften Tod von Zivilisten geführt hätten.

Russland zufolge wird die Zeit für ein neues Abkommen mit den USA zur Kontrolle der Atomwaffen knapp. Sollte der sogenannte New-Start-Vertrag wie vorgesehen 2026 auslaufen und es keinen Ersatz geben, werde die globale Sicherheit geschwächt, teilte das russische Präsidialamt mit. Russland habe mehrfach darauf hingewiesen, dass die Verhandlungen für ein neues Abkommen so schnell wie möglich aufgenommen werden müssten, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. "Es bleibt nicht mehr viel Zeit."

Russland hat eigenen Angaben zufolge ukrainische Streitkräfte in den Regionen Mykolajiw und Charkiw angegriffen. Dabei habe es auch Tote gegeben, teilt das russische Verteidigungsministerium mit.

Ungeachtet des ersten aus einem ukrainische Hafen ausgelaufenen Frachtschiffs warnt Russland erneut vor einem möglichen Scheitern des Getreide-Abkommens. Die Vereinbarung zur Getreideausfuhr habe einen Paketcharakter, sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, der Agentur Interfax zufolge. "Darum warnen wir vor Versuchen, den zweiten Teil des Pakets zu verzögern oder nicht zu erfüllen", sagte sie mit Blick auf eine in Aussicht gestellte Lockerung einiger Sanktionen gegen Russland.

Moskau und Kiew hatten sich vor rund eineinhalb Wochen unter internationaler Vermittlung auf ein Abkommen zur Freigabe der Getreide-Exporte aus der Ukraine geeinigt, die wegen Russlands Angriffskrieg monatelang blockiert waren. Gestern lief das erste Schiff aus dem Hafen von Odessa aus. Russland hat stets betont, es erwarte im Gegenzug, dass seine Getreide-, Lebensmittel- und Düngerexporte ebenfalls wieder in vollem Umfang aufgenommen werden können. Das Land beklagt massive Beeinträchtigungen des Exports im Zuge der vom Westen verhängten Sanktionen.

Trotz fehlender größerer Erfolge in den vergangenen Wochen läuft für Russlands Armee im Osten der Ukraine nach eigener Darstellung alles nach Plan. "Nach der Übernahme der Kontrolle auf dem Gebiet der Volksrepublik Luhansk wird die Volksrepublik Donezk planmäßig befreit", sagte Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu der Agentur Interfax zufolge.

Russland hatte Anfang Juli die Eroberung der ostukrainischen Region Luhansk verkündet - im benachbarten Donezk seitdem allerdings nur verhältnismäßig geringe Geländegewinne verzeichnet. Schoigu zählte sechs Ortschaften in Donezk auf, die seine Truppen zuletzt erobert haben sollen.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der russische Präsident Wladimir Putin wird bei seinem Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am Freitag auch das Abkommen mit der Ukraine über Getreide-Exporte thematisieren. Es werde darum gehen, wie effektiv die Vereinbarung sei, sagt der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow vor der Presse. Das Abkommen muss nach 120 Tagen erneuert werden. Es wurde zwischen den beiden Kriegsparteien unter Vermittlung der Türkei und der Vereinten Nationen geschlossen.

Die Bundeswehr überwacht in den kommenden neun Monaten den Luftraum über den baltischen NATO-Staaten Estland, Lettland und Litauen. Ein Luftwaffen-Geschwader übernahm heute von Frankreich das Kommando auf der estnischen Luftwaffenbasis Ämari. Dazu wurden Ende Juli auch fünf "Eurofighter" in das russische Nachbarland verlegt. Estlands Verteidigungsminister Hanno Pevkur sagte, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe den NATO-Einsatz "noch wichtiger gemacht". Dies zeige, dass Estland auf die Unterstützung aller Verbündeten zählen könne.

Estland, Lettland und Litauen haben keine eigenen Luftstreitkräfte. Die NATO sichert deshalb von Militärstützpunkten in Ämari (Estland) und Siauliai (Litauen) aus den baltischen Luftraum. Dazu verlegen die Verbündeten im regelmäßigen Wechsel Kampfjets samt Soldaten in die kleinen Ostseestaaten im Nordosten Europas.

Der Oberste Gerichtshof in Russland stuft das ukrainische Asow-Regiment als Terrorgruppe ein. Die Freiwilligen-Einheit hat ultranationalistische und rechtsextreme Wurzeln, sie hat sich aber vor geraumer Zeit von seinem rechtsradikalen Gründer getrennt. Die russische Führung verweist immer wieder auf das Asow-Regiment, um ihre Behauptung zu untermauern, sie bekämpfe Neonazis in der Ukraine. Dort ist das Asow-Regiment eine der bekanntesten militärischen Formationen, die gegen russische Truppen im Osten der Ukraine kämpfen.

Angehörige des Asow-Regiments haben lange im Asow-Stahlwerk in der südukrainischen Hafenstadt Mariupol ausgeharrt. Nach Wochen der Belagerung ergaben sich die Kämpfer der russischen Übermacht und wurden gefangengenommen.

Gut fünf Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ist die Zahl der ukrainischen Schülerinnen und Schüler an deutschen Schulen auf mehr als 150.000 gestiegen. Die Bundesländer meldeten für die am Sonntag zu Ende gegangene 30. Kalenderwoche 150.071 Schülerinnen und Schüler an den Schulen, wie die Kultusministerkonferenz (KMK) in Berlin mitteilte. Im Vergleich zum auf 149.899 korrigierten Stand der Vorwoche stieg die Zahl um 172 an.

Das erste mit ukrainischem Getreide beladene Frachtschiff seit Beginn des russischen Angriffskriegs setzt seinen Weg über die Türkei in den Libanon fort. Die mit rund 26.000 Tonnen Mais aus der Ukraine beladene "Razoni" hatte gestern als erstes Schiff im Rahmen des von der Ukraine und Russland unterzeichneten Getreide-Abkommens den ukrainischen Hafen Odessa verlassen. Am Mittwochmorgen soll das Schiff in Istanbul von Vertretern der Ukraine, Russlands, der Türkei und den Vereinten Nationen inspiziert werden, teilte das gemeinsame Koordinationszentrum in der Millionenstadt mit. Zuletzt war mit einer Ankunft des Frachters in Istanbul in der Nacht zu Mittwoch gerechnet worden.

Russland hat laut Verteidigungsminister Sergej Schoigu in der Ukraine inzwischen insgesamt sechs von den USA gelieferte HIMARS-Raketenwerfer zerstört. Zudem seien fünf Anti-Schiff-Raketensysteme vom Typ Harpoon und 33 M777-Haubitzen zerstört worden, zitiert die russische Nachrichtenagentur Interfax Schoigu. Ukrainische Vertreter hatten zuletzt erklärt, bis zu einem Dutzend HIMARS-Mehrfachraketenwerfer im Einsatz zu haben. Dieses Waffensysteme haben eine größere Reichweite und sind präziser als die noch aus Sowjetzeiten stammende Artillerie der Ukraine.

Der Inspekteur des Heeres, Alfons Mais, glaubt nicht an ein schnelles Kriegsende in der Ukraine. "Militärisch fürchte ich, wird der Krieg noch lange dauern – gegebenenfalls zwischenzeitlich einfrieren", sagte Mais bei Zeit Online. Die Möglichkeiten weiterer Waffenlieferungen aus Bundeswehr-Beständen schätzte Mais als begrenzt ein.  "Bei der militärischen Unterstützung halte ich es für entscheidend, dass wir eine gewisse Balance halten", sagte der Heeresinspekteur zu möglichen Waffenlieferungen. "Ich habe darauf zu achten, dass das Heer in der Lage ist, unsere Kernaufträge erfüllen zu können – die Verteidigung des Landes und der Bündnispartner. Und das ist unter den aktuellen Rahmenbedingungen schon schwer genug." "Wo wir noch Luft hatten und haben, konnten wir an die Ukraine abgeben", sagte Mais. "Eine Grenze ist aber in meinen Augen erreicht, wenn Bereiche betroffen sind, wo wir selbst keinen Überschuss an Material haben."

Im ostukrainischen Gebiet Donezk halten die Kämpfe um die Stadt Bachmut zwischen russischen und ukrainischen Truppen an. Auch in Richtung des acht Kilometer nördlich gelegenen Soledars habe es russische Vorstöße gegeben, teilte der ukrainische Generalstab mit. Russische Angriffe an mehreren Orten südlich von Bachmut seien hingegen größtenteils abgewehrt worden, hieß es. Unabhängig überprüfen ließen sich diese Angaben nicht.

Der ukrainische Generalstab berichtete darüber hinaus von einem russischen Angriff im Norden des Chersoner Gebiets an der Grenze zur benachbarten Region Dnipropetrowsk. Kiew nährt seit Wochen Hoffnungen, in dieser Region eine Gegenoffensive zur Rückeroberung des Südens zu starten. Den Kiewer Angaben zufolge wurden entlang der gesamten Frontlinie ukrainische Positionen in den Gebieten Charkiw, Donezk, Saporischschja, Cherson und Mykolajiw durch russische Artillerie beschossen. Die russische Luftwaffe habe zudem etwa vier Angriffe auf ukrainische Stellungen geflogen, hieß es.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Die Türkei rechnet damit, dass in nächster Zeit in etwa ein Getreide-Exportschiff pro Tag die ukrainischen Häfen am Schwarzen Meer verlassen kann. Das sagte ein hochrangiger türkischer Regierungsvertreter, der nicht namentlich genannt werden wollte, der Nachrichtenagentur Reuters. "Wenn nichts schiefgeht, sollten Ausfuhren mit einem Schiff pro Tag für eine Weile möglich sein." Millionen Tonnen Getreide hängen seit dem russischen Angriff auf die Ukraine Ende Februar in Schwarzmeerhäfen fest. Unter der Schirmherrschaft der Türkei und der Vereinten Nationen hatten die Kriegsparteien ein Abkommen unterzeichnet, das die Wiederaufnahme der Exporte vorsieht. Über sichere Routen sollen aus drei Häfen Ausfuhren möglich werden.

Die westlichen Sanktionen gegen Russland haben einer Studie zufolge der Wirtschaft im Land massiv geschadet. Die Sanktionen hätten "nicht nur funktioniert", sondern "die russische Wirtschaft auf allen Ebenen gründlich lahmgelegt", heißt es in dem kürzlich veröffentlichten Report der Yale School of Management. Zudem seien Russlands Einnahmen durch Öl- und Gasexporte zuletzt deutlich gesunken.

Die Inlandsproduktion in Russland sei "vollständig zum Stillstand gekommen", es gebe "keine Kapazitäten, um die nötigen Unternehmen, Produkte und Talente zu ersetzen", heißt es in der 118-seitigen Studie. Rund 1000 ausländische Unternehmen hätten das Land verlassen, was den Verlust von bis zu fünf Millionen Arbeitsplätzen bedeute. Die Industrieproduktion sei eingebrochen. 

Als besonders drastisches Beispiel nennt die Studie die Autoindustrie: Die Verkaufszahlen seien von monatlich 100.000 auf 27.000 gesunken, wegen fehlender Teile aus dem Ausland würden Pkw ohne Airbags, automatische Getriebe und Sicherheitssysteme wie ABS hergestellt. Als Grundlage ihrer Analyse verwendeten die Forscher eigenen Angaben zufolge Daten von Unternehmen, Banken und Handelspartnern russischer Firmen, da Moskau seit längerem wichtige Wirtschaftsdaten nicht mehr veröffentlicht.

Die russische Schwarzmeerflotte ist nach Ansicht Großbritanniens in einer schwachen Position. Der gemeldete ukrainische Angriff auf das Hauptquartier in Sewastopol auf der annektierten ukrainischen Halbinsel Krim sei "der jüngste Rückschlag" für die Flotte, teilte das Verteidigungsministerium in London mit. Mit Verweis auf den angeblichen ukrainischen Drohnen-Angriff auf Sewastopol hatte Russland seine Feierlichkeiten zum "Tag der Marine" auf der Krim abgesagt. "Nach den Berichten über abgesagte Paraden ist es unwahrscheinlich, dass die Schwarzmeerflotte neben ihren Kriegsaktivitäten noch hochkarätige öffentliche Veranstaltungen durchführen kann", teilte das britische Verteidigungsministerium mit.

Angesichts der Wiederaufnahme der Getreideexporte in Folge des Abkommens zwischen den Kriegsgegnern Ukraine und Russland unter Vermittlung der Türkei und den Vereinten Nationen warnte Özdemir vor zu viel Zuversicht. "Die Erpressbarkeit durch Putin bleibt", sagte er im ARD-Morgenmagazin. Dem russische Präsidenten könne man nicht vertrauen. "Wie brauchen eine Alternativroute", betonte er.

"Wir brauchen eine Alternativroute ohne Erpressbarkeit durch Putin", Landwirtschaftsminister Cem Özdemir im Interview mit Michael Strempel, ARD Berlin

morgenmagazin

Kiew hat Moskau für indirekte Drohungen zum Einsatz von Atomwaffen im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine scharf kritisiert. "Die Welt wird Zeuge, wie nuklearer Terrorismus, gesponsert von einem Atomwaffenstaat, Wirklichkeit wird", sagte der stellvertretende Außenminister Mykola Totschyzkyj zum Start der Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag (NVV) in New York laut Redetext.

Es bedürfe robuster gemeinsamer Maßnahmen, um eine nukleare Katastrophe zu verhindern. Über ukrainischen Kernkraftwerken müssten Flugverbotszonen eingerichtet werden. Der Aggressor Russland dürfe nicht ungestraft mit dem Einmarsch in die Ukraine davonkommen, nur weil er Atomwaffen besitzt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich nach der Wiederaufnahme der Getreideexporte vorsichtig optimistisch, die globale Versorgungskrise lösen und die eigene Wirtschaft ankurbeln zu können. "Der Hafen hat begonnen zu arbeiten und dies ist ein positives Signal dafür, dass es eine Chance gibt, die Entwicklung der Nahrungsmittelkrise in der Welt zu stoppen", sagte Selenskyj in seiner täglichen Videobotschaft. Seinen Angaben nach warten 16 weitere Schiffe in den ukrainischen Häfen darauf, für den Export abgefertigt zu werden.

Selenskyj machte deutlich, dass die Umsetzung des Getreideabkommens auch für die Ukraine von enormer Bedeutung ist. Es gehe nicht nur um Milliarden an Deviseneinnahmen. "Ungefähr eine halbe Million Ukrainer sind am Anbau der landwirtschaftlichen Exporterzeugnisse beteiligt, und wenn wir verwandte Industrien hinzufügen, dann sind das noch eine Million Arbeitsplätze zusätzlich", sagte er.

Zugleich warnte Selenskyj vor verfrühten Hoffnungen. Russland werde nicht einfach damit aufhören, die ukrainischen Exporte zu sabotieren. Viel hänge davon ab, ob es den Vereinten Nationen und der Türkei gelinge, dass Abkommen umzusetzen.

Daneben thematisierte der ukrainische Präsident noch einmal die russische Annexion der Krim 2014 und kritisierte in dem Zusammenhang den Westen. Dessen schwache Reaktion habe schlussendlich dazu geführt, dass die "russische Aggression auf dieses Ausmaß anwachsen konnte", sagte Selenskyj.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 02. August 2022 um 07:25 Uhr.