Ein ukrainischer Soldat geht durch die Stadt Sudscha in der russischen Region Kursk.
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Krieg gegen die Ukraine ++ Ukraine meldet 93 eroberte Ortschaften ++

Stand: 20.08.2024 22:30 Uhr

Laut ukrainischem Oberbefehlshaber, Syrskyj, hat die Ukraine bereits 93 Orte in der russischen Region Kursk erobert. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung ist erschrocken über manche Ansichten zur Ukraine. Alle Entwicklungen vom Dienstag zum Nachlesen.

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lobte in seiner täglichen Videobotschaft das eigene Militär - vor allem für den Vormarsch im westrussischen Gebiet Kursk. Dagegen bleibe die Lage an den Frontabschnitten in der Ukraine selbst schwierig für Kiew, wie Selenskyj einräumte.

Er sprach sich zudem für das umstrittene Verbot eines moskautreuen Ablegers der orthodoxen Kirche aus und hob die Arbeit des ukrainischen Parlaments hervor. "Ich möchte heute die Arbeit der Werchowna Rada hervorheben, die das Gesetz für unsere geistliche Unabhängigkeit verabschiedet hat."

Russland hat nach Einschätzung des US-Verteidigungsministeriums Schwierigkeiten, auf die ukrainische Gegenoffensive in der westrussischen Region Kursk zu reagieren. Es gebe Anzeichen dafür, dass Moskau eine kleine Zahl an Einheiten in das Gebiet verlege, sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder in Washington. "Generell würde ich aber sagen, dass Russland sich wirklich schwer damit tut, zu reagieren." Die Ukraine habe ihren Gegner "eindeutig in Bedrängnis gebracht", betonte Ryder.

Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben mindestens einen weiteren Ort in der russischen Grenzregion Kursk unter seine Kontrolle gebracht. Seit dem Vorstoß über die Grenze habe man ein Territorium von 1.263 Quadratkilometer und 93 Ortschaften erobert, sagte der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Olexander Syrskyj.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, das ukrainische Militär erreiche die gesteckten Ziele in Kursk. Am Sonntagabend hatte Selenskyj erklärt, sein Militär wolle dort eine Pufferzone schaffen, um den Beschuss der Ukraine von Kursk aus zu unterbinden. Russische Militärblogger berichteten zuletzt, dass die ukrainischen Soldaten eine dritte Brücke über den Fluss Sejm beschädigt hätten. Wie groß die Schäden genau waren, blieb aber unklar. Laut dem russischen Notfallministerium mussten seit Beginn der ukrainischen Offensive mehr als 122.000 Menschen in Sicherheit gebracht werden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer einer Massengeiselnahme vor 20 Jahren schwere Vorwürfe gegen das Ausland erhoben. "Wir wissen sehr gut, dass aus dem Ausland nicht nur versucht wurde, das ungeheure Verbrechen zu rechtfertigen, sondern dass von dort den Terroristen auch jegliche Hilfe geleistet wurde: moralische, politische, informative und finanzielle", sagte Putin in der Kleinstadt Beslan im russischen Nordkaukasus. Er nannte zwar das Land nicht, aus dem die Geiselnehmer damals Hilfe bekommen haben sollen. Allerdings geht aus dem Kontext hervor, dass der Kremlchef vor allem die Ukraine im Sinn hatte.

So sprach Putin von "Feinden Russlands", gegen die das Land auch heute noch kämpfen müsse. Nun würden sie Verbrechen im Gebiet Kursk und im Donbass verüben. Doch genauso wie damals gegen die Terroristen werde Russland heute auch gegen die "Neonazis" siegen, versicherte der 71-Jährige. Putins Aussagen zu der angeblichen Unterstützung der Terroristen aus dem Ausland dient vor dem Hintergrund des derzeitigen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wohl auch dazu, die eigene Bevölkerung hinter sich zu scharen

Der russische Geheimdienst FSB hat die Festnahme eines Wissenschaftlers wegen des Verdachts auf Landesverrat bekannt gegeben. Der namentlich nicht genannte Mann habe gestanden, im Auftrag der Ukraine, Hackerangriffe auf kritische Teile der Infrastruktur vorgenommen zu haben. Zudem habe er Geld an das ukrainische Militär geschickt und Informationen über die russische Armee gesammelt.

Der Zeitpunkt der Festnahme wurde nicht genannt. In russischen Medien kursiert jedoch ein Video, das den Moment der Verhaftung zeigen soll. Im Hintergrund des Videos ist Schnee zu erkennen. Dem Telegram-Nachrichtenkanal "Ostoroschno Nowosti" zufolge soll es sich um einen Physiker handeln, der früheren Berichten der Staatsmedien zufolge im Dezember 2023 festgenommen worden war.

20.08.2024 • 17:19 Uhr

Scholz besucht Moldau

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) besucht bei seiner ersten Reise nach dem Sommerurlaub am Mittwoch die Republik Moldau. In der Hauptstadt Chisinau sind am Nachmittag Gespräche mit Regierungschef Dorin Recean und Staatspräsidentin Maia Sandu geplant. Themen sind unter anderem die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf Moldau und die weitere Unterstützung des EU-Beitrittskandidaten. Es ist der erste bilaterale Besuch eines deutschen Regierungschefs in Moldau seit zwölf Jahren. Die EU führt mit dem kleinen Land zwischen Rumänien und der Ukraine seit Juni offiziell Beitrittsverhandlungen.

Russland hat die hochrangige US-Diplomatin Stephanie Holmes einbestellt. Hintergrund sind nach russischer Darstellung "provokante Aktionen" amerikanischer Journalisten in der Region Kursk, in die zuletzt ukrainische Truppen einmarschiert waren. Das Außenministerium in Moskau teilte mit, dass die Journalisten aus den USA illegal in die Region eingereist seien. Russland plane, sie strafrechtlich zu verfolgen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Notwendigkeit eines Gleichgewichts zwischen der Mobilmachung von Truppen und dem Aufrechterhalten der kriegsgebeutelten Wirtschaft betont. Während seines Besuchs einer Industrieanlage in Kropywnyzkyj in der Zentralukraine entgegnete Selenskyj auf die Frage eines Arbeiters, dass besetzte Arbeitsplätze für die Gehälter der Soldaten und die Verteidigungsanstrengungen der Ukraine unerlässlich seien.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die teilweise Umstellung der Militärhilfe für die Ukraine auf multilaterale Kredite verteidigt. Bereits im Frühjahr sei breit über entsprechende Pläne der westlichen Industriestaaten berichtet worden, der Ukraine künftig einen milliardenschweren Kredit zur Verfügung zu stellen, indem man dafür die eingefrorenen russischen Vermögenswerte nutzt, sagte der SPD-Politiker in Dresden. Dies beschlossen die G7-Länder sowie die EU dann im Juni.

Zuvor hatte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtet, dass die Finanzierung auch 2025 nicht gesichert sei. Die Bundesregierung sprach dagegen am Montag davon, dass die Ukraine den Kredit bereits Ende des Jahres abrufen könne. Abgesichert und finanziert werden soll der Kredit durch die anfallenden Zinsen aus den im Westen eingefrorenen russischen Guthaben.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat die sogenannte Ukraine-Kontaktgruppe zu einem weiteren Treffen auf den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz eingeladen. Die Zusammenkunft finde am 6. September statt, teilte die größte US-Airbase außerhalb der Vereinigten Staaten mit. Dann beraten Verteidigungsminister und Militärs erneut über eine stärkere Unterstützung der Ukraine.

Russische Einsatzkräfte haben einen Großbrand in einem Öldepot in der an die Ukraine angrenzenden Region Rostow auch am dritten Tag nach dessen Ausbruch nicht eindämmen können. Die Anlage stand am Dienstag noch immer in Flammen, nachdem sie am Sonntag von ukrainischen Drohnen beschossen worden war. Das Feuer in der Stadt Proletarsk habe sich auf eine Fläche von rund 10.000 Quadratmetern ausgebreitet, meldete die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass. Der ukrainische Generalstab hat den Angriff auf das Öldepot für sich reklamiert. Über die Anlage sei die russische Armee versorgt worden.

Russische Truppen haben nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau den Eisenbahnknotenpunkt Niu-Jork im Osten der Ukraine eingenommen. Bei den Vorstößen im Donezk sei zudem ein großer ukrainischer Verband zerschlagen worden. Das ukrainische Militär meldet heftige Kämpfe im Sektor Torezk, wozu auch Niu-Jork gehört. Die Bitte um eine Stellungnahme zur Lage in Niu-Jork beantwortete das ukrainische Militär zunächst nicht.

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), hat sich erschrocken über die Ansichten mancher Deutscher zur Ukraine geäußert. "Es entsetzt mich, wie teilweise über die Ukraine und die Ukrainer gesprochen wird, in Ost und West", sagte er den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft. "Leider dringt vor allem in Ostdeutschland zu oft die russische Propaganda durch", fügte Schneider hinzu.

Im Verteidigungskampf der Ukraine gehe es schließlich um das Existenzrecht des Landes, sagte Schneider. Darüber gingen nicht zuletzt AfD- und BSW-Politiker hinweg. Den drei anstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg misst Schneider allerhöchste Bedeutung bei. Sie seien "so wichtig wie die Volkskammerwahl und die Bundestagswahl 1990".

Schneider zeigte sich optimistisch, dass die SPD den Einzug in alle drei Landtage schafft. Ihn besorge die Aussicht, das in Thüringen möglicherweise eine Zweidrittelmehrheit von Linken, BSW und AfD entstehe.

Das ukrainische Parlament hat einen Gesetzentwurf verabschiedet, der den Weg für ein Verbot der mit Russland verbundenen ukrainisch-orthodoxen Kirche (UOC) ebnet. Das Gesetz verbietet der russisch-orthodoxen Kirche den Zutritt zum ukrainischen Staatsgebiet und sieht ein gerichtlich zu bestätigendes Verbot religiöser Organisationen vor, die mit ihr verbunden sind.

Die Regierung der Ukraine sieht in der UOC, die historisch mit Russland verbunden ist, eine "Brutstätte des russischen Einflusses".

Durch russische Angriffe auf das ukrainische Ternopil sind eine Industrieanlage und deren Treibstofftank getroffen worden. Daraufhin brach ein Brand aus, die Behörden der Stadt riefen die Bewohnerinnen und Bewohner auf, in ihren Häusern zu bleiben und Türen und Fenster geschlossen zu halten. Die Behörden hatten den Brand bereits am Morgen gemeldet. Zunächst war jedoch unklar, welches Gebäude durch den russischen Angriff beschädigt worden war.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat sich im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF erneut für Friedensverhandlungen mit Russland ausgesprochen. "Ich sage das seit zweieinhalb Jahren und das ist auch der einzige Weg", drängte der CDU-Politiker. Wer Russland ein wenig kenne, wisse, "das geht nur über diesen Weg".

Kretschmer äußerte sich zudem kritisch gegenüber den deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine. Das Geld, das jetzt ausgegeben werde, damit sich Menschen gegenseitig töteten, solle besser für einen Raketenabwehrschirm eingesetzt werden. Bei einem gefährlichen und "unsicheren Nachbarn" wie Russland helfe nur "Abschreckung".

In der Nacht sind insgesamt neun Regionen der Ukraine von Russland angegriffen worden, wie das ukrainische Militär mitteilte. Dabei seien Gebiete in der Mitte, im Norden und im Süden des Landes ins Visier genommen worden. Der Raketenangriff auf die Hauptstadt Kiew sei bereits der fünfte in diesem Monat gewesen.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

20.08.2024 • 07:33 Uhr

Brand in ukrainischem Ternopil

In der ukrainischen Stadt Ternopil ist laut örtlichen Behörden in der Nacht infolge eines Luftangriffs ein Brand ausgebrochen. Welche Gebäude in Brand geraten sind, war zunächst nicht bekannt. Die Behörden riefen die Einwohnerinnen und Einwohner auf, ihre Häuser nicht zu verlassen und Fenster und Türen geschlossen zu halten. Die Feuerwehr sei im Einsatz, um den Brand zu löschen.

Angaben der ukrainischen Flugabwehr zufolge wurden in der Nacht drei Raketen und 25 Drohnen des russischen Militärs über ukrainischem Territorium abgewehrt.

Russland setzt nach ukrainischen Angaben seine nächtlichen Angriffe auf die Hauptstadt Kiew fort. Flugabwehreinheiten seien in den frühen Morgenstunden im Einsatz gewesen, um einen erneuten russischen Luftangriff auf Kiew abzuwehren, teilte die Militärverwaltung der ukrainischen Hauptstadt über den Kurznachrichtendienst Telegram mit. Augenzeugen berichteten von Explosionsgeräuschen, die wie der Einsatz von Luftabwehreinheiten geklungen hätten.

Die ukrainische Gegenoffensive in der russischen Region Kursk ändert nach Angaben des Pentagons nichts an der Unterstützung der USA für Kiew. US-Präsident Joe Biden habe "sehr deutlich gemacht, dass wir die Ukraine weiterhin und dauerhaft unterstützen und ihr zur Seite stehen werden, solange es nötig ist", sagte die Sprecherin des US-Verteidigungsministeriums. Das bedeute auch, dass sich die Art und Weise der Hilfe nicht geändert habe. Man unterstütze Kiew weiter vorrangig mit der Lieferung militärischer Ausrüstung.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin habe seinem ukrainischen Kollegen Rustem Umerow in einem Gespräch am Montag die weitere Unterstützung der USA zugesichert, sagte die Sprecherin.

Die ukrainische Armee hat ihren Vormarsch in der russischen Grenzregion Kursk am Montag fortgesetzt. "Stand heute kontrollieren unsere Streitkräfte mehr als 1.250 Quadratkilometer feindlichen Gebiets", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew. Der Kreml schloss in Anbetracht der ukrainischen Offensive Friedensgespräche mit Kiew aus.

Wie Selenskyj weiter mitteilte, kontrollieren die ukrainischen Truppen inzwischen zudem 92 Ortschaften. In den vergangenen vier Tagen hat die ukrainische Armee demnach zehn weitere Ortschaften eingenommen.

Die ukrainische Armee hatte am 6. August überraschend einen Vorstoß in die Region Kursk unternommen und kontrolliert seitdem Teile des Gebiets, darunter auch die strategisch wichtige Stadt Sudscha, wo ein Knotenpunkt für Gaslieferungen nach Westeuropa liegt. Es ist die größte grenzüberschreitende Offensive der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022. Laut dem ukrainischen Präsidenten soll durch die Offensive der Druck auf Russland im Hinblick auf Friedensverhandlungen erhöht und eine Pufferzone geschaffen werden.

Karte der Ukraine, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Karte der Ukraine, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Der Vorstoß der Ukraine in die russische Oblast Kursk zeigt nach Darstellung von Präsident Wolodymyr Selenskyj, dass russische Drohungen mit Vergeltung leer sind. Er verwies vor ukrainischen Diplomaten darauf, dass einige Partner die von Russland ausgerufenen "roten Linien" als Begründung für Einschränkungen beim Einsatz ihrer Waffen genannt hätten.

Die "naive, illusorische Vorstellung" derartiger Linien, die die Analysen einiger Partner beherrscht habe, sei in diesen Tagen in sich zusammengestürzt. Wenn diese Partner den Einsatz ihrer Langstreckenwaffen nicht beschränkt hätten, wäre der Vorstoß nach Russland hinein gar nicht nötig gewesen, so Selenskyj.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 19. August 2024 um 19:00 Uhr.