Russische Kriegsgefangene in einem ukrainischen Lager
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Krieg gegen die Ukraine ++ UN: Folter auf beiden Seiten - mit Unterschieden ++

Stand: 01.10.2024 14:54 Uhr

Das UN-Menschenrechtsbüro berichtet von Folter auf ukrainischer und russischer Seite - aber in sehr unterschiedlichem Ausmaß. Bei einem russischen Angriff in Cherson gab es mehrere Tote. Die Entwicklungen im Liveblog.

Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat nach eigenen Angaben 39 Verdächtige wegen "Unterstützung ukrainischer Terrorgruppen" festgenommen. Die Verdächtigen seien im Alter von 14 bis 35 Jahren alt. Neun minderjährige Festgenommene seien an der Vorbereitung "bewaffneter Angriffe auf Bildungs- und Glaubenseinrichtungen" beteiligt gewesen.

Den Verdächtigen wird laut FSB vorgeworfen, Kinder und Jugendliche dazu angestiftet zu haben, "Gewaltakte gegen Behördenvertreter, Klassenkameraden und Lehrer" auszuüben. Ihre Anweisungen sollen sie vor allem über den Onlinedienst Discord aus der Ukraine erhalten haben. FSB und Innenministerium führten in 78 Regionen Ermittlungen und "Präventivmaßnahmen" aus, wie der Geheimdienst weiter mitteilte.

Die "Präventivmaßnahmen" richteten sich demnach gegen 252 "Mitglieder destruktiver Online-Communities", darunter 156 Minderjährige. Die Behörde veröffentlichte ein Video, das laut FSB unter anderem eine Durchsuchung in einem Wohnhaus zeigt. Zudem ist zu sehen, wie FSB-Mitarbeiter zwei Jugendliche abführen. 

Russland erwartet von der NATO unter dem neuen Generalsekretär Mark Rutte keine Kursänderung. In der Bündnispolitik werde es nichts Neues oder Bedeutendes geben, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow russischen Nachrichtenagenturen zufolge.

Peskow erinnerte daran, dass Rutte als niederländischer Regierungschef mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Vergangenheit wiederholt Gespräche geführt hatte. Es habe eine Zeitlang die Hoffnung in Moskau gegeben, dass gute und pragmatische Beziehungen aufgebaut werden könnten. "Aber dann war klar, dass die Niederlande eine ziemlich unversöhnliche Position eingenommen haben, eine Position des kompletten Ausschlusses von Kontakten mit unserem Land", sagte Peskow.

Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte hat in einem neuen Bericht Misshandlungen und Folter von Kriegsgefangenen im Ukraine-Krieg dokumentiert. Sowohl ukrainische als auch russische Kriegsgefangene berichten demnach über Folter. Doch Umfang und Ausmaß seien unterschiedlich, so die UN.

Die Ukrainer waren nach eigenen Angaben während ihrer ganzen Gefangenschaft davon betroffen. Russen hingegen seien, sobald sie in Gefängnislagern ankamen, sicher gewesen, sagte Danielle Bell, Leiterin der UN-Menschenrechtsbeobachtungsmission in der Ukraine. Auf beiden Seiten seien mehrere hundert Gefangene befragt worden.

Ukrainer berichteten der UN zufolge unter anderem über Schein-Exekutionen, Hundeattacken und sexuelle Gewalt, mangelnde medizinische Versorgung und zu wenig Essen. Mindestens zehn Ukrainer seien wegen dieser Zustände ums Leben gekommen. Russland erlaube trotz permanenter Nachfrage keinen Zugang zu den ukrainischen Kriegsgefangenen.

Zu den russischen Kriegsgefangenen in der Ukraine habe das Team uneingeschränkten Zugang. Sie hätten über Schläge und Folter bei der Festnahme oder dem Transport berichtet. In den Lagern würden sie aber korrekt behandelt und die Einrichtungen entsprächen internationalen Standards, so Bell.

Die Ukraine hat am Tag der Verteidiger und Verteidigerinnen der Ukraine den Soldaten an der Front gedankt und der Gefallenen gedacht. "Der 951. Tag im Kampf um den Staat. Den 951. Tag schreibt Ihr Geschichte auf dem Schlachtfeld. Opfert Euch selbst, um die Ukraine nicht preiszugeben", sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj bei einer Veranstaltung in der historischen Festung von Kiew.

Er dankte dabei allen, die sich den ukrainischen Streitkräften angeschlossen haben und erinnerte an die gebrachten Opfer. Im Rahmen der Zeremonie verlieh Selenskyj Orden an Militärangehörige, darunter mehrere postum. Drei ausländische Soldaten erhielten vom Präsidenten zudem ukrainische Pässe.

Die russischen Streitkräfte haben die Kontrolle über die Siedlungen Krutyi Yar in der ostukrainischen Region Donezk und Vyshneve in der Region Charkiw übernommen. Das berichtet die staatliche Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf das russische Verteidigungsministerium.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Nach dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine im Jahr 2022 hatte Deutschland Abschiebungen nach Russland ausgesetzt. Jetzt aber wird in Einzelfällen wieder abgeschoben - wie eine Recherche von WDR und NDR zeigt.

Der frühere niederländische Regierungschef Mark Rutte ist seit heute neuer NATO-Generalsekretär. Die Unterstützung der Ukraine im russischen Angriffskrieg bezeichnete als seine wichtigste Aufgabe. Die Ukraine stehe "ganz oben auf der Liste", betonte der Niederländer.

Mehrere Menschen sind bei einem russischen Angriff auf einen Markt in der ukrainischen Stadt Cherson ums Leben gekommen. Nach Angaben der lokalen Staatsanwaltschaft wurden drei Frauen und vier Männer getötet. Die russischen Geschosse seien demnach in der Nähe des Marktes und in einer Bushaltestelle eingeschlagen.

Laut Staatsanwaltschaft ist der Markt um etwa neun Uhr mutmaßlich von russischer Kanonenartillerie getroffen worden. Beim Angriff der russischen Streitkräfte seien außerdem drei Menschen verletzt worden, teilte der Gouverneur der Region, Oleksandr Prokudin über den Messenger Telegram mit. Er hatte zuvor fünf Tote gemeldet und teilte Videoaufnahmen, auf denen Trümmer und Glassplitter auf einem Marktplatz zu sehen sind.  

Der Leiter der örtlichen Militärverwaltung, Roman Mrotschko, meldete auf Telegram vier Verletzte im Alter zwischen 33 und 68 Jahren.

Cherson ist Hauptstadt des gleichnamigen Gebiets in der Südukraine und liegt am Fluss Dnipro. Russische Truppen eroberten Cherson kurz nach Beginn des von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen Angriffskriegs. Sie mussten sich aber im Herbst 2022 nach einer ukrainischen Gegenoffensive hinter den Dnipro zurückziehen

Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow plant, drei seiner acht Stellvertreter zu entlassen. Er sagte am Dienstag laut Nachrichtenagentur Reuters, er habe einen entsprechenden Antrag auf Entlassung bei der ukrainischen Regierung eingereicht.

Er habe sich die "Säuberung" des Systems in enger Zusammenarbeit mit Strafverfolgungs- und Antikorruptionsbehörden zur Aufgabe gemacht. "Alle inneren Prozesse müssen klar und kontrolliert sein. Jegliche äußeren und inneren Versuche der Einflussnahme sind unzulässig", schrieb Umjerow bei Facebook, ohne Details zu nennen

Umjerov schrieb in einem Beitrag auf Telegram auch, dass er die Entlassung von Liudmyla Darahan, der Staatssekretärin des Verteidigungsministeriums, beantragt habe.

Die ukrainische Luftabwehr hat einen russischen Drohnenangriff in der Nacht zum Dienstag gemeldet. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. 29 der 32 Drohnen aus Russland seien dabei von der Ukraine abgefangen worden. Die Drohnen, die den Angaben zufolge im Iran hergestellt wurden, hätten auf den Süden, den Nordosten und die zentrale Ukraine abgezielt, hieß es weiter.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach seiner Rückkehr aus den USA von seinen Landsleuten die Mobilisierung aller Kräfte zur Erreichung eines aus Kiewer Sicht gerechten Friedens gefordert. "Alles, was in diesem Herbst getan werden kann, alles, was wir erreichen können, müssen wir auch erreichen", sagte er in seiner abendlichen Videoansprache.

Es gelte, den Druck auf Russland maximal zu erhöhen, um die Beendigung des Kriegs zu erzwingen. Dazu sollen militärische und diplomatische Anstrengungen gebündelt werden. Es gehe darum, die in den USA getroffenen Vereinbarungen umzusetzen. "Jetzt ist es nötig, maximal zu arbeiten vor Ramstein", sagte Selenskyj. Am 12. Oktober ist ein großes Treffen der Ukraine-Unterstützergruppe im rheinland-pfälzischen Ramstein geplant. Unter anderem wird dort US-Präsident Joe Biden erwartet.

NATO-Generalsekretär Stoltenberg hat erneut gefordert, die Ukraine in das Militärbündnis aufzunehmen. Laut dem Kremlkritiker Kara-Mursa gibt es heute in Russland mehr politische Gefangene als in der UdSSR. Die Entwicklungen vom Montag zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 01. Oktober 2024 um 11:04 Uhr.