Krieg gegen die Ukraine ++ Selenskyj trifft Pavel in Prag ++
Der ukrainische Präsident Selenskyj ist zu Gesprächen mit seinem Amtskollegen Pavel in Tschechien eingetroffen. Rumänien will Piloten aus NATO-Partnerstaaten und der Ukraine an F16-Kampfjets ausbilden. Der Liveblog vom Donnerstag zum Nachlesen.
- Selenskyj trifft tschechischen Präsident Pavel in Prag
- Rumänien will ukrainische Piloten an F16-Jets ausbilden
- Türkische Medien: Selenskyj reist zu Erdogan
- Ukrainische Armee: Lage an AKW hat sich etwas beruhigt
- Tote und Verletzte durch Beschuss in Cherson
- Lukaschenko: Wagner-Chef Prigoschin in Russland
- Tote bei Raketenangriff auf Wohnblock in Lwiw
Ende des Liveblogs
Damit schließen wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse.
Selenskyj fordert klares Signal von NATO-Gipfel
Der bevorstehende NATO-Gipfel in Vilnius sollte sich nach Worten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf Inhalte und ein "klares Signal" für eine künftige Mitgliedschaft der Ukraine in der Militärallianz konzentrieren. "Wir sprechen über ein klares Signal, einige konkrete Dinge in Richtung einer Einladung", sagte Selenskyj auf einer Pressekonferenz mit seinem tschechischen Amtskollegen Petr Pavel bei einem Besuch in Prag. "Wir brauchen diese Motivation. Wir brauchen Ehrlichkeit in unseren Beziehungen."
Berichte: USA wollen Streumunition an Ukraine liefern
Die US-Regierung plant Medienberichten zufolge die Lieferung von Streumunition an die Ukraine. Das berichtete unter anderem die "New York Times" unter Berufung auf nicht namentlich genannte Regierungsquellen. Das Pentagon wollte dies zunächst nicht bestätigen. Zuvor hatte das Weiße Haus erklärt, eine Weitergabe von Streumunition an die von Russland angegriffene Ukraine werde geprüft. Dem Sender CNN zufolge könnten die Pläne nun an diesem Freitag offiziell verkündet werden.
Selenskyj trifft tschechischen Präsident Pavel in Prag
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist in der tschechischen Hauptstadt Prag eingetroffen. Zum Auftakt traf er seinen tschechischen Amtskollegen Petr Pavel, wie in einem von Selenskyj bei Facebook veröffentlichten Video zu sehen war.
Selenskyj auf dem Weg nach Prag
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist nach seinem Bulgarien-Besuch auf dem Weg nach Tschechien. Er werde dort unter anderem mit Präsident Petr Pavel und Regierungschef Petr Fiala "substanzielle Verhandlungen" führen, schrieb der 45-Jährige bei Twitter. Thema der Gespräche in Prag werde die weitere Unterstützung für die Ukraine sein, die sich seit fast anderthalb Jahren gegen die russische Invasion wehrt. Zudem gehe es um den bevorstehenden NATO-Gipfel und den Wiederaufbau nach dem Krieg.
Rumänien will ukrainische Piloten an F16-Jets ausbilden
Rumänien will Militärpiloten aus NATO-Partnerstaaten und der Ukraine an US-Kampfjets vom Typ F16 ausbilden. Dafür sei ein Ausbildungszentrum geplant, das gemeinsam von Bündnispartnern und dem Hersteller der Flugzeuge betrieben werden soll, teilte das Büro von Staatspräsident Klaus Iohannis mit. Rumänien ist dabei, seine F-16-Flotte auszubauen. Das Land besitzt derzeit 17 aus Portugal gebraucht gekaufte F16-Kampfjets. Nach und nach sollen innerhalb von drei Jahren 32 weitere gebrauchte Maschinen aus Norwegen hinzukommen.
US-Regierung prüft Lieferung von Streumunition
Die US-Regierung prüft die Lieferung von Streumunition an die Ukraine. Er habe derzeit aber keine Ankündigung zu machen, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses auf die Frage eines Journalisten dazu. "Derzeit liegt unser Fokus darauf, die Ukraine weiterhin mit einer breiten Palette an Munition auszustatten", sagte er. US-Generalstabschef Mark Milley hatte vergangene Woche bereits angedeutet, dass die US-Regierung diesen Schritt in Erwägung zieht.
Die Ukraine fordert bereits seit längerem die Lieferung von Streumunition, um sich gegen den russischen Angriffskrieg zu verteidigen. Als Streumunition werden Raketen und Bomben bezeichnet, die in der Luft über dem Ziel bersten und viele kleine Sprengkörper - sogenannte Submunition - verstreuen oder freigeben. Sie wird kritisiert, weil ein erheblicher Prozentsatz ihrer Sprengkörper nicht detoniert, sondern als Blindgänger vor Ort verbleibt und so die Bevölkerung gefährdet.
Hochrangiger russischer Politiker inspiziert AKW
Der Vizechef der Kremlverwaltung, Sergej Kirijenko, hat das von Russland besetzte ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja begutachtet. Kirijenko habe sich gemeinsam mit Jewgeni Balizki, dem russischen Besatzungschef von Saporischschja, vom störungsfreien Betrieb der Nuklearanlage überzeugt, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass. Zuletzt hatten Kiew und Moskau sich gegenseitig vorgeworfen, einen Anschlag auf das AKW zu planen. Der ehemalige Regierungschef Kirijenko ist in seiner aktuellen Position einer der wichtigsten Köpfe der russischen Politik, auch in Bezug auf die besetzten Gebiete der Ukraine.
Angriff auf Lwiw: Fünf Tote, 37 Verletzte
Nach dem russischen Raketenangriff auf ein Wohngebiet der Stadt Lwiw in der Westukraine ist die Zahl der Opfer nach ukrainischen Angaben gestiegen. Mindestens fünf Menschen seien getötet worden und 37 Menschen verletzt, teilten die Behörden und der Rettungsdienst mit. Laut Bürgermeister Andrij Sadowyj war es der größte Angriff auf zivile Infrastruktur in Lwiw seit Beginn der russischen Invasion. Der ukrainische Präsident Selenskyj kündigte eine "handfeste Reaktion" an.
Bulgariens Regierung sichert Kiew mehr Unterstützung zu
Bei einem Besuch des ukrainischen Präsidenten Selenskyj in Bulgarien hat die neue prowestliche Regierung in Sofia der Ukraine weitere Unterstützung zugesagt. Selenskyj zählte nach einem Gespräch mit Ministerpräsident Nikolaj Denkow in Sofia die Bereiche auf, in denen eine verstärkte Zusammenarbeit vereinbart wurde: bei der Verteidigung der Ukraine, der Behandlung und Rehabilitation ukrainischer Soldaten sowie der Ausbildung medizinischen Personals in Bulgarien. "Bulgarien, danke für die Unterstützung unseres Volkes", sagte er.
Die liberal-konservative Regierung unter Denkow, die erst seit einem Monat in dem EU- und NATO-Land im Amt ist, hatte bereits im Juni ein neues militärisches Hilfspaket für die Ukraine gebilligt. Bulgarien hat zudem seit Kriegsbeginn Zehntausende ukrainische Kriegsflüchtlinge aufgenommen.
Selenskyj traf sich auch mit dem als prorussisch geltenden Staatschef Rumen Radew. Dieser lehnte es in dem live im TV übertragenen, konfliktgeladenen Gespräch ab, dass Rüstungsgüter und Munition an die Ukraine gehen sollen. Er begründete dies damit, dass die Vorräte der eigenen Streitkräfte nicht verringert werden sollten. Radew sagte zudem: "Ich behaupte weiterhin, dass dieser Konflikt keine militärische Lösung hat." Selenskyj stellte klar, dass es nicht um einen "Konflikt", sondern um einen "Krieg" gehe.
Der ukrainische Präsident Selenskyj und der bulgarische Ministerpräsident Denkow unterzeichneten bei ihrem Treffen auch eine Erklärung über Bulgariens Unterstützung für die euro-atlantische Integration der Ukraine nach Kriegsende.
Schweden hofft auf türkische Zustimmung nächste Woche
Schweden hofft nach eigenen Angaben auf eine Zustimmung der Türkei zum NATO-Beitritt auf dem Gipfel nächste Woche. Das sagte der schwedische Außenminister Tobias Billström nach einem Treffen mit seinem türkischen Amtskollegen Hakan Fidan und NATO-Generalsekretär Stoltenberg. "Wir hoffen auf eine positive Entscheidung in der nächsten Woche, aber dies ist, und das möchte ich betonen, letztlich natürlich eine türkische Entscheidung", so Billström.
Spitzentreffen soll Schwedens NATO-Beitritt ermöglichen
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg setzt darauf, dass die Türkei in der nächsten Woche ihre Blockade des Bündnisbeitritts Schwedens aufgibt. Er werde am kommenden Montag kurz vor dem NATO-Gipfel ein Treffen mit dem schwedischen Regierungschef Ulf Kristersson und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan organisieren, erklärte Stoltenberg. Es sei "absolut möglich", zu einer positiven Entscheidung zu kommen. Die Gespräche mit Kristersson und Erdogan sollen laut Stoltenberg bereits in der litauischen Hauptstadt Vilnius organisiert werden, wo am Dienstag der NATO-Gipfel beginnt.
Stoltenberg verwies auch auf ein Urteil, das wenige Stunden zuvor in Stockholm gefallen war. Ein ursprünglich aus der Türkei stammender Kurde war wegen versuchter schwerer Erpressung, schwerer Waffenvergehen und versuchter Terrorfinanzierung zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Gericht sprach ihn damit für den Versuch schuldig, einen kurdischen Geschäftstreibenden in Stockholm mit vorgehaltener Waffe zur Übergabe von Geld für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK zu zwingen. Nach Angaben des Vorsitzenden Richters Måns Wigén stufte ein schwedisches Gericht die PKK damit erstmals als Terrororganisation ein. Schwedens NATO-Antrag habe aber keinen Einfluss auf die Entscheidung gehabt, betonte er.
Ukraine und Russland tauschen Gefangene aus
Die Ukraine und Russland haben erneut jeweils 45 Gefangene ausgetauscht. Auf ukrainischer Seite handele es sich um Soldaten, Nationalgardisten und Zivilschutzangehörige, teilte der Chef des Präsidentenbüros in Kiew, Andrij Jermak, bei Telegram mit.
Das Verteidigungsministerium in Moskau bestätigte, dass 45 russische Soldaten aus der Gefangenschaft zurückgekehrt seien. Zudem seien auch zwei Kinder von russischer Seite an ihre ukrainischen Eltern übergeben worden. Kiew wirft dem Kreml vor, Tausende Minderjährige aus den russisch besetzten Gebieten der Süd- und Ostukraine nach Russland "verschleppt" und teils zur Adoption freigegeben zu haben. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat daher gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und die Kinderbeauftragte Maria Lwowa-Belowa einen internationalen Haftbefehl ausgestellt.
Türkische Medien: Selenskyj in der Türkei erwartet
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reist türkischen Medienberichten zufolge morgen zu einem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nach Istanbul. Demnach soll es dabei vor allem um das auslaufende Getreideabkommen zwischen Kiew und Moskau zum Export von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer gehen sowie um den bevorstehenden NATO-Gipfel in der kommenden Woche in Litauen.
Erdogan versucht, seine guten Beziehungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin, aber auch zum ukrainischen Präsidenten für eine Vermittlerrolle zu nutzen. Westliche Regierungen sind jedoch besorgt über die zunehmend engeren Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Türkei und Russland sowie über den Widerstand der türkischen Regierung gegen den Nato-Beitritt Schwedens.
Russland weist neun finnische Diplomaten aus
Als Reaktion auf die Ausweisung russischer Botschaftsmitarbeiter aus Finnland verweist Moskau nun seinerseits neun finnische Diplomaten des Landes. Außerdem werde das finnische Generalkonsulat in St. Petersburg ab dem 1. Oktober geschlossen, teilte das russische Außenministerium mit. Das Moskauer Außenamt bestellte laut einer Mitteilung den finnischen Botschafter, Antti Helanterä, ein und warf Finnland eine "konfrontative antirussische Politik" vor. Außerdem stelle der Beitritt Finnlands zur NATO eine Bedrohung für die Sicherheit Russlands dar, hieß es weiter.
Finnland könnte nun im Gegenzug das russische Generalkonsulat in Turku schließen, deutete der finnische Präsident Sauli Niinistö auf Twitter an. Das Land hatte bereits im Juni neun Mitarbeiter der russischen Botschaft in Helsinki unter dem Vorwurf der Spionage ausgewiesen.
Russland meldet Toten in Belgorod
In der russischen Oblast Belgorod ist nach russischen Angaben ein Mann durch ukrainischen Beschuss getötet worden. Das Dorf Nowopetrowka nahe der Grenze zur Ukraine sei angegriffen worden, teilte der Gouverneur von Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow auf Telegram mit. In den vergangenen Monaten ist es fast täglich zu Explosionen und Angriffen im russischen Grenzgebiet gekommen. Russland macht dafür ukrainische Streitkräfte oder pro-ukrainische Saboteure verantwortlich. Die Führung in Kiew äußert sich praktisch nie zu solchen Vorfällen.
Patruschew: Dutzende Drohnen-Angriffe auf Krim
Die Ukraine hat russischen Angaben zufolge in diesem Jahr Dutzende Drohnen-Angriffe auf die bereits 2014 von Russland annektierte Halbinsel Krim geflogen. Der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates, Nikolai Patruschew, sprach der Nachrichtenagentur RIA zufolge von mehr als 70 solcher Angriffe auf die Krim. Auch die südrussischen Regionen Krasnodar und Rostow seien attackiert worden. "Ziele sind in der Regel Anlagen der Energie- und Industrieinfrastruktur", sagte Patruschew.
Litauens Präsident: NATO-Gipfel wird Kiew "viel" bieten
Litauens Präsident Gitanas Nauseda hat sich vor dem NATO-Gipfel in seinem Land in der kommenden Woche zuversichtlich gezeigt, der Ukraine "viel" bieten zu können. "Ich habe das Gefühl, dass wir Formulierungen finden werden, die die Ukrainer nicht enttäuschen werden und die mehr bringen werden als das, was wir sonst sagen", sagte er in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. Der ukrainische Präsident Selenskyj "wird vielleicht nicht alles bekommen, was er in seinen ehrgeizigsten Plänen erwartet, aber er wird sicherlich viel bekommen".
Nauseda zufolge setzen sich Litauen und mehrere andere Länder dafür ein, in der Abschlusserklärung des Gipfels ein starkes Signal für die Ukraine zu setzen. "Es sind definitiv nicht nur ein, zwei oder vier Mitgliedstaaten, die einen ehrgeizigeren Text wollen." Derzeit gebe es einen Austausch zwischen diesen Ländern und den vorsichtigeren Ländern. "Ich hoffe, dass es in einer für beide Seiten akzeptablen Weise enden wird."
Lukaschenko bestätigt Verlegung von Atomwaffen nach Belarus
Wenige Tage vor dem NATO-Gipfel in Litauen hat der belarusische Machthaber Alexander Lukaschenko die Verlegung russischer taktischer Atomwaffen in sein Land bestätigt. Eine bestimmte Anzahl von Atomsprengköpfen sei auf belarusisches Territorium gebracht worden, sagte er nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Belta. "Sie befinden sich unter sicherem Schutz."
Die Staats- und Regierungschefs der NATO kommen am Dienstag und Mittwoch (11./12. Juli) in der litauischen Hauptstadt Vilnius zu ihrem Gipfeltreffen zusammen. Litauen grenzt an Russland und Belarus. Nach Ansicht Lukaschenkos ist der "Krieg in der Ukraine, die militärische Spezialoperation" kein Grund für einen Atomschlag "von irgendeiner Seite". Sollte es aber eine "NATO-Aggression" gegen Belarus oder Russland geben, etwa einen Einmarsch, dann werde Russland im Verbund mit Belarus gemäß seiner nationalen Sicherheitsdoktrin Vergeltung üben, drohte er.
IfW: Deutschland zweitgrößter Geber von Militärhilfe
Deutschland hat sich nach Angaben des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) zum zweitgrößten Geber von Militärhilfen an die Ukraine nach absoluten Zahlen entwickelt. Im Zeitraum vom 25. Februar bis zum 31. Mai habe Deutschland seine Zusagen um 3,26 Milliarden Euro auf 7,5 Milliarden Euro erhöht, teilte das Institut mit. Darin enthalten seien zusätzliche Kampfpanzer, Iris-T-Luftabwehrsysteme und weitere Waffen für die ukrainische Luftverteidigung. Die umfangreichste Zusage für Militärhilfe im Wert von 42,8 Milliarden Euro kam von den USA.
Der Wert aller erfassten Zusagen an die Ukraine liege bei insgesamt rund 165 Milliarden Euro. Bisher seien aber nur etwas mehr als die Hälfte aller zugesagten schweren Waffen geliefert worden. Vor allem westliche Partner wie die USA, Deutschland und Großbritannien erhöhten zwar ihre Zusagen, die Lieferungen blieben aber deutlich dahinter zurück. Im Gegensatz dazu hätten osteuropäische Länder wie Tschechien, Slowenien, Polen und die Slowakei mehr als 80 Prozent der zugesagten schweren Waffen geliefert.
Wirbel um Vorstoß von SPD-Politiker Roth
Der SPD-Außenpolitiker Michael Roth hat mit seinem Vorstoß für einen Teilbeitritt der Ukraine in die NATO die eigene Partei gegen sich aufgebracht. "Wir brauchen keine Alleingänge von Abgeordneten, sondern eine gemeinsame Politik mit unseren Verbündeten", sagte der SPD-Außenexperte Ralf Stegner dem "Spiegel". "Der Wettbewerb um die radikalsten Forderungen wird eher Eskalationsgefahren verstärken als eine tragfähige Friedenslösung herbeiführen." Der SPD-Verteidigungsexperte Joe Weingarten nannte Roths Vorschlag "ziemlichen Unsinn".
Roth ist Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag und damit ranghöchster Außenpolitiker des Parlaments. In der "Zeit" hatte er dafür plädiert, mit der NATO-Aufnahme der Ukraine nicht zu warten, bis die russischen Truppen sich komplett von ihrem Territorium zurückgezogen haben. "Ich würde einen perfekten Frieden nicht zur Bedingung einer Aufnahme machen", sagte er. "Diejenigen Teile der Ukraine, die unter zuverlässiger Kontrolle der demokratischen Kiewer Regierung stehen, sollten schnellstmöglich zum NATO-Gebiet gehören."
Kreml: Prigoschins Aufenthaltsort nicht bekannt
Der Kreml ist nach eigenen Angaben nicht über den Aufenthaltsort von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin unterrichtet. "Nein, wir verfolgen die Standortwechsel Jewgeni Prigoschins nicht, dafür fehlen uns die Möglichkeiten und der Wille", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge.
Nach dem gescheiterten Aufstand von Prigoschins Privatarmee Wagner gegen Russlands Militärführung vor knapp zwei Wochen war eine der Bedingungen für eine Amnestie die Ausreise des Oligarchen nach Belarus. Diese Bedingung sei weiter in Kraft, bestätigte Peskow. Zuvor hatte der belarusische Machthaber Alexander Lukaschenko erklärt, Prigoschin sei seines Wissens nach in der russischen Millionenstadt St. Petersburg.
Ukrainische Armee: Spannungen am AKW "lassen allmählich nach"
Die Lage am von Russland besetzten Atomkraftwerk Saporischschja im Süden der Ukraine hat sich nach Angaben der ukrainischen Armee etwas beruhigt. "Die Spannungen lassen allmählich nach", sagte eine Armeesprecherin. Dies sei den militärischen und diplomatischen Bemühungen Kiews sowie den ausländischen Partnern der Ukraine zu verdanken, die ebenfalls "Druck auf Russland ausgeübt" hätten.
Die Lage am AKW hatte in den vergangenen Tagen international große Besorgnis ausgelöst. Nach wiederholten Warnungen Russlands und der Ukraine vor angeblichen Angriffsplänen der jeweils anderen Seite hatte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) am Mittwoch erweiterten Zugang zu der Anlage gefordert, um zu überprüfen, ob sich Minen oder Sprengstoff auf dem Kraftwerksgelände befinden. Das ukrainische Militär hatte den russischen Besatzern unter anderem vorgeworfen, "sprengstoffähnliche Gegenstände" auf den Dächern zweier Reaktoren angebracht zu haben. Ihre Detonation solle "den Eindruck eines Beschusses von ukrainischer Seite" erwecken. Kremlsprecher Dmitri Peskow warnte wiederum vor einem "subversiven Akt durch das Regime in Kiew".
Unterdessen versucht die Ukraine, sich mit Evakuierungsübungen auf den Ernstfall vorzubereiten, wie Rebecca Barth berichtet.
Selenskyj in Bulgarien eingetroffen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist in Bulgarien eingetroffen. Die Regierung in Sofia teilte mit, er werde einen Tag in dem Land bleiben. Bei dem Besuch dürfte es um eine Beschleunigung der Lieferung leichter Waffen und von Munition gehen. Diese Rüstungsmaterialien werden als wesentlicher Beitrag zur derzeit laufenden ukrainischen Gegenoffensive erachtet.
Selenskyj wird zum Auftakt seines Besuchs mit Ministerpräsident Nikolaj Denkow und der Vizeregierungschefin und zugleich Außenministerin Maria Gabriel zusammentreffen. Die seit 6. Juni amtierende liberal-konservative Regierung will die Ukraine stärker unterstützen als das von ihr abgelöste Übergangskabinett, das Staatschef Rumen Radew vor der Neuwahl vom 2. April eingesetzt hatte. Die Regierung unter Denkow billigte im Juni ein neues "militärisches und militärtechnisches" Hilfspaket für die Ukraine.
Selenskyj wird nach eigenen Angaben auch Staatschef Radew treffen. Der frühere Kampfjetpilot und Chef der Luftstreitkräfte seines Landes gilt als russlandfreundlich. Zuletzt lehnte Radew eine Beteiligung Bulgariens an der EU-Initiative zur Lieferung von Munition an die Ukraine ab.
Lukaschenko bietet sich als Vermittler an
Der belarusische Präsident Alexander Lukaschenko bietet der Ukraine und Russland an, Friedensverhandlungen ohne Vorbedingungen zu vermitteln. Details nannte Lukaschenko, der ein enger Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist, zunächst nicht. Er erwarte, dass die Ukraine vor dem NATO-Gipfel in der kommenden Woche in Vilnius noch etwas Ernsthaftes an der Front unternehmen werde, sagte Lukaschenko der Nachrichtenagentur Tass zufolge. Ein solcher Schritt würde aber dazu führen, dass die Ukraine ihre besten Reserven zerstören und ihre eigenen militärischen Fähigkeiten begraben würde.
Tote und Verletzte durch russischen Beschuss im Gebiet Cherson
Im südukrainischen Gebiet Cherson sind durch russischen Beschuss mindestens zwei Menschen getötet und zehn weitere verletzt worden. 84 russische Artillerieangriffe seien am Mittwoch registriert worden, teilte der ukrainische Militärgouverneur Olexander Prokudin auf Telegram mit. Betroffen seien auch Wohngebiete. Allein 38 Geschosse seien auf die Stadt Cherson abgefeuert worden.
Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs konzentrieren die russischen Truppen ihre Hauptangriffe weiterhin auf die Richtungen Lyman, Bachmut, Awdijiwka und Marjinka im Osten des Landes. Luftangriffe habe es auch in den Gebieten Sumy und Charkiw gegeben. Bei Bachmut hätten ukrainische Truppen russische Angriffe im Gebiet Donezk erfolgreich abgewehrt. Gleichzeitig habe das ukrainische Militär seine Offensiven südlich und nördlich von Bachmut fortgesetzt und seine Stellungen befestigt. In den Gebieten Saporischschja und Cherson im Süden versuche der Gegner, das Vorrücken der ukrainischen Truppen zu verhindern. Mehr als 40 Ortschaften seien in der Region mit Artillerie beschossen worden. Die ukrainischen Verteidigungskräfte setzten sich auf neu erreichten Positionen fest.
Wagner-Chef Prigoschin laut belarusischem Präsidenten in Russland
Der Chef der Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, soll sich nach Angaben des belarusischen Präsidenten Alexander Lukaschenko in Russland aufhalten. Prigoschin sei in St. Petersburg, teilte Lukaschenko mit. Die Wagner-Truppen seien in den Lagern geblieben, in denen sie sich vor dem Aufstand gegen Moskau vor knapp zwei Wochen aufgehalten hätten.
Lukaschenko hatte ein Abkommen vermittelt, unter dem Prigoschin den Aufstand am 24. Juni im Gegenzug für Sicherheitsgarantien einstellte. Unter dem Abkommen durften Prigoschin und seine Truppen nach Belarus ziehen. Vergangene Woche teilte Lukaschenko mit, dass sich Prigoschin in Belarus befinde.
Ukrainischer Präsident Selenskyj in Bulgarien erwartet
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird zu einem ersten Besuch im NATO- und EU-Mitglied Bulgarien erwartet. Selenskyjs Besuch soll auf Einladung der neuen prowestlichen Regierung in Sofia erfolgen.
London: Russland akzeptiert wegen Ukraine Risiken in anderen Regionen
Dass Russland im Krieg gegen die Ukraine militärische Einheiten aus verschiedenen Landesteilen einsetzt, könnte nach Einschätzung des britischen Geheimdienstes Sicherheitsrisiken bergen. "Militärische Verbände, die aus ganz Russland zusammengezogen wurden, tragen derzeit die Hauptlast der Gegenoffensive der Ukraine", teilte das britische Verteidigungsministerium in seinem täglichen Geheimdienst-Update mit. "Die Art und Weise, wie Russland Risiken in Eurasien akzeptiert, zeigt, wie der Krieg die etablierte nationale Strategie Russlands durcheinandergebracht hat." Im südukrainischen Gebiet Saporischschja verteidige die 58. Armee, die normalerweise Russlands unbeständige Kaukasus-Region sichere, eine befestigte Front, schrieb das Ministerium bei Twitter.
Bei Welyka Nowosilka im ostukrainischen Gebiet Donezk werde die Front von der 5. Armee und Marineinfanterie gehalten, die sonst etwa 7000 Kilometer entfernt als Gleichgewicht zu China eingesetzt werde. Rund um die ostukrainische Stadt Bachmut bestehe die Verteidigung nun weitgehend aus Luftlandeeinheiten, die normalerweise im Westen Russlands stationiert seien und als schnelle Eingreiftruppe eingesetzt werden könnten, falls es Spannungen mit der Nato gebe.
Human Rights Watch fordert Streumunition-Stopp
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderte die Ukraine und Russland auf, den Einsatz von Streumunition einzustellen. Zugleich verlangte sie von den USA, die ukrainische Bitte nach einer Lieferung dieser Munition abzulehnen. Sowohl bei russischen als auch bei ukrainischen Angriffen mit Streumunition seien Zivilisten getötet worden. "Die von Russland und der Ukraine eingesetzte Streumunition tötet Zivilisten und wird dies noch viele Jahre lang tun", erklärte Mary Wareham, Direktorin für Waffenfragen bei Human Rights Watch. Sie verwies dabei auch auf Blindgänger, die oft erst später detonieren. Beide Seiten sollten die Verwendung sofort stoppen und nicht versuchen, mehr von diesen wahllos tötenden Waffen zu bekommen.
Mehr als 120 Länder haben ein Abkommen zur Ächtung von Streumunition unterzeichnet. Russland, die Ukraine und die USA gehören nicht dazu.
Anzahl der Toten in Lwiw steigt auf vier
Die Zahl der Todesopfer eines russischen Raketenangriffs in der westukrainischen Stadt Lwiw ist auf vier gestiegen. Das teilte Innenminister Ihor Klymenko mit. Weitere neun Personen wurden verletzt.
Bürgermeister Andriy Sadovyi sagte, dass etwa 60 Wohnungen und 50 Autos im Einschlagsgebiet beschädigt wurden. Er wandte sich in einer Videobotschaft an die Einwohner und sagte, der Angriff sei der größte auf die zivile Infrastruktur von Lemberg seit Beginn der umfassenden Invasion im vergangenen Jahr. Hunderttausende ukrainische Kriegsflüchtlinge haben sich aus anderen Gebieten im Osten der Ukraine nach Lemberg in Sicherheit gebracht.
Der ukrainische Präsident Wolodmyr Selenskyj reagierte auf Telegram mit den Worten: "Leider gibt es Verletzte und Tote. Mein Beileid an die Angehörigen! Es wird definitiv eine Antwort auf den Feind geben. Eine greifbare."
In Lwiw halten sich auch viele Flüchtlinge aus den umkämpften Gebieten im Osten der Ukraine auf. Bis Juni war es in der Stadt im Westen des Landes längere Zeit relativ ruhig geblieben. Dann aber wurde sie wieder Ziel von Luftangriffen. Die Ukraine hatte Anfang Juni eine Gegenoffensive begonnen.
Drei Tote bei Raketenangriff auf Wohnblock in Lwiw
Bei einem Raketenangriff auf einen Wohnblock in der westukrainischen Stadt Lwiw sind mindestens drei Menschen getötet worden. "Drei Tote schon", erklärte der Bürgermeister der Stadt, Andrij Sadowyj, im Messenger-Dienst Telegram. In einem Video, das er ebenfalls auf Telegram veröffentlichte, ist von acht Verletzten und rund 60 beschädigten Wohnungen die Rede.
Eine russische Rakete habe ein Wohngebäude im Zentrum von Lwiw "direkt getroffen", sagte der Gouverneur Maksym Kosyzki in einem auf Telegram veröffentlichten Video. Die Rakete habe einen Brand ausgelöst, der gelöscht worden sei. Die Rettungsdienste seien vor Ort und Rettungshelfer durchsuchten die Trümmer. In einem weiteren von Kosyzki veröffentlichten Video ist zu sehen, dass Teile der obersten Etage eines mehrstöckigen Gebäudes zerstört wurden.
Ukraine: Verletzte nach Raketenangriff auf Lwiw
Bei einem nächtlichen Raketenangriff auf Lwiw im Westen der Ukraine sind mindestens vier Menschen verletzt worden. Die Zahl der Verletzten werde noch steigen, teilte Bürgermeister Andrij Sadowy auf Telegram mit. Eine Person sei schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht worden.
Selenskyj: Ukraine wollte Gegenoffensive früher starten
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hätte sich einen früheren Beginn der ukrainischen Gegenoffensive gewünscht. In einem Interview mit dem amerikanischen TV-Sender CNN sagte Selenskyj, er habe die westlichen Verbündeten immer wieder gedrängt, die dafür benötigten Waffen und Materialien zu liefern. Mit dem späteren Beginn verlaufe die Gegenoffensive langsamer.
Widersprüchliche Meldungen zu Kämpfen um Bachmut
Der ukrainische Generalstab berichtete auf Facebook, die ukrainischen Streitkräfte hätten russische Angriffe auf das Dorf Bohdaniwka im Westen von Bachmut sowie im Süden und Norden der zerstörten Stadt zurückgeschlagen. Russland meldete, russische Streitkräfte hätten drei ukrainische Armee-Einheiten in der Nähe Bachmuts geschlagen. Die Meldungen konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.
Der Liveblog vom Mittwoch zum Nachlesen
Die Internationale Atomenergiebehörde fordert erweiterten Zugang zur Anlage des AKW Saporischschja, um ausschließen zu können, dass sich dort Minen oder Sprengstoff befinden. Der Kreml sieht noch Zeit für die Verlängerung des Getreideabkommens.