Krieg gegen die Ukraine ++ Ermittlungen zu Menschenrechtsverletzungen ++
Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft berichtet von Hinweisen auf Folter und andere Menschenrechtsverletzungen in befreiten Gebieten. Ein neuer NATO-Gefechtsverband an der Ostflanke ist einsatzbereit. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.
- Teilmobilmachung: Leicht veränderte Kriterien
- Russische Journalistin widersetzt sich Hausarrest
- EU billigt achtes Sanktionspaket
- Putin unterzeichnet Gesetz über Annexion
- Selenskyj meldet Einnahme Dutzender Siedlungen in besetzten Gebieten
Ende des Liveblogs
Für heute beenden wir den Liveblog zum Krieg gegen die Ukraine. Vielen Dank für Ihr Interesse.
Selenskyj: Weitere Orte im Süden zurückerobert
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Rückeroberung weiterer drei bisher russisch besetzter Ortschaften in der südukrainischen Region Cherson gemeldet. Die Orte Nowowoskresenske, Nowogrygoriwka und Petropawliwka seien "in den vergangenen 24 Stunden befreit worden", sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videobotschaft. Die Gegenoffensive der ukrainischen Streitkräfte gehe weiter.
Berichte über Massengrab in Lyman
In der vor kurzem von ukrainischen Truppen befreiten Stadt Lyman sind ukrainischen Medien zufolge Gräber von mehr als 50 Zivilisten gefunden worden. "Die Russen haben Gräben ausgehoben und Personen, die sie der Kollaboration mit dem ukrainischen Militär verdächtigten, gezwungen, die Leichen der Toten für die Umbettung einzusammeln", teilte der ukrainische Internet-Fernsehsender Hromadske mit. Dazu präsentierte er Fotos der Grabstätte.
Nach Angaben des Mediums sind einige Opfer durch den Beschuss der Stadt ums Leben gekommen. Lyman war im Mai nach intensiven Kämpfen von moskautreuen Truppen eingenommen und Anfang Oktober nach ebenfalls schweren Gefechten von den Ukrainern zurückerobert worden. Während bei einigen Toten die Namen angegeben sind, stehen auf anderen Gräbern nur Nummern.
Nach dem Abzug russischer Truppen wurden in verschiedenen Teilen der Ukraine Massengräber gefunden. International für Entsetzen sorgten die Leichenfunde in der Kiewer Vorstadt Butscha. Dort waren Hunderte getöteter Zivilisten gefunden worden - einige mit Folterspuren und gefesselten Händen. Butscha gilt seitdem als Symbol für schwerste Kriegsverbrechen.
Ukraine ermittelt zu Menschenrechtsverletzungen
Die ukrainischen Behörden sind in von russischer Besatzung befreiten Gebieten nach eigenen Angaben auf Spuren von Folter und anderen Menschenrechtsverletzungen gestoßen. Generalstaatsanwalt Andrij Kostin sagte der Nachrichtenagentur AP am Rande einer Sicherheitskonferenz in Warschau, in zwei Orten der Region Charkiw, Kupjansk und Nowoplatoniwka, seien jeweils zwei Tote mit auf den Rücken gefesselten Händen oder angelegten Handschellen gefunden worden. Die weiteren Ermittlungen müssten zeigen, ob es sich um Zivilisten handele.
Weiter sagte Kostin, bei Kupjanhsk seien sechs Autos mit 24 getöteten Zivilisten entdeckt worden, darunter 13 Kinder und eine schwangere Frau. Zum Zeitpunkt dieses mutmaßlichen Massakers machte er keine Angaben. Der Leiter von Ermittler der nationalen ukrainischen Polizei, Serhij Bolwinow, teilte mit, in dem Dorf Piski-Radkiwski in der Region Charkiw sei eine mutmaßliche russische Folterkammer entdeckt worden. Er zeigte Fotos von einer Kiste voller Goldplomben und wertvoller Zahnfüllungen, die offenbar Gefangenen herausgerissen wurden.
NATO: Neuer Gefechtsverband einsatzbereit
Der zum besseren Schutz der Ostflanke aufgebaute NATO-Gefechtsverband in der Slowakei ist einsatzbereit. Wie das Verteidigungsbündnis der Nachrichtenagentur dpa zufolge mitteilte, habe die multinationale Kampftruppe bei der jüngst beendeten Übung gezeigt, dass sie ihre Aufgaben erfüllen könne. Die Übung folgte auf mehrere Monate der Vorbereitung.
Auch Deutschland ist an dem neuen Gefechtsverband in der Slowakei beteiligt. Die Bundeswehr war nach Ende September laut eigenen Angaben mit etwa 550 Soldatinnen und Soldaten in dem westlich der Ukraine gelegenen EU-Staat präsent. Zudem sind Tschechien, die Vereinigten Staaten, Slowenien und das Gastland Slowakei involviert.
Die Verstärkung der NATO-Ostflanke erfolgt in Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. In der Slowakei umfasst sie nach Zahlen aus dem Monat Juli rund 1100 Soldaten aus anderen NATO-Staaten sowie 13.500 Soldaten, die vom Gastland gestellt werden. Weitere Verstärkungen gibt es in den drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie in Ungarn, Rumänien und Bulgarien.
Neustart von AKW Saporischschja wird wohl vorbereitet
Ukrainische Mitarbeiter im von Russland besetzten Kernkraftwerk Saporischschja bereiten laut Nachrichtenagentur Reuters den Neustart eines der sechs Reaktoren des Kraftwerks vor. Das teilte die Atomaufsicht der Vereinten Nationen (IAEA) mit. Derzeit sind die Reaktoren alle abgeschaltet.
"Hochrangiges ukrainisches Betriebspersonal informierte die im Kraftwerk anwesenden IAEA-Experten darüber, dass Vorbereitungen im Gange sind, um Block fünf mit reduzierter Leistung zu starten, um Dampf und Wärme für den Bedarf der Anlage zu erzeugen", hieß es den Angaben zufolge in einer Erklärung der IAEA. Die Vorbereitungen würden "etwas dauern".
Zwei Amerikaner, eine Russin und ein Japaner zur ISS gestartet
Erstmals seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sind wieder NASA-Astronauten und eine russische Kosmonautin von amerikanischem Boden aus zur Internationalen Raumstation (ISS) gestartet. Im "Crew Dragon" des privaten Raumfahrtunternehmens SpaceX von Elon Musk flog die sogenannte "Crew-5" vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida aus los. Der Start war eigentlich schon für den 3. Oktober vorgesehen, musste aber wegen Hurrikan "Ian" verschoben werden.
Die Crew besteht aus der NASA-Astronautin Nicole Aunapu Mann und ihrem Kollegen Josh Cassada sowie dem japanischen Astronauten Koichi Wakata und der russischen Kosmonautin Anna Kikina. Sie sollen rund fünf Monate an Bord der ISS forschen.
Erst vor rund zwei Wochen waren die beiden russischen Kosmonauten Sergej Prokopjew und Dmitri Petelin gemeinsam mit dem NASA-Astronauten Frank Rubio zur ISS geflogen. Sie waren an Bord einer Sojus-Kapsel vom russischen Weltraumbahnhof Baikonur in der Steppe der Republik Kasachstan in Zentralasien gestartet.
NATO-Verhandlungen in Ankara
Wegen des von Schweden und Finnland angestrebten NATO-Beitritts hat eine schwedische Delegation in Ankara Gespräche geführt. Bei dem siebenstündigen Treffen habe die türkische Regierung auf die Auslieferung von mutmaßlichen Terroristen gepocht, berichtete der staatliche türkische Nachrichtensender TRT. Bei den Personen handele es sich um Mitglieder der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei (PKK) und Anhänger der Gülen-Bewegung, die in der Türkei als Terrororganisation gilt. An den Gesprächen seien Vertreter des schwedischen und türkischen Justizministeriums beteiligt gewesen.
Ein weiterer Verhandlungstag ist laut türkischen Medien für Donnerstag angesetzt. Schweden und das benachbarte Finnland hatten infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine bereits Mitte Mai die NATO-Mitgliedschaft beantragt. Die Türkei hatte den Prozess zunächst blockiert und das damit begründet, dass Schweden und Finnland angeblich Terrororganisationen unterstützen. Ende Juni unterzeichneten die drei Länder eine Absichtserklärung, die auf Vorbehalte Ankaras einging.
OECD will mit Ukraine über möglichen Beitritt sprechen
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sieht die Ukraine als potenzielles Mitgliedsland. OECD-Generalsekretär Mathias Cormann zufolge soll es zunächst Gespräche zu einem eventuellen Beitritt geben. Danach solle der OECD-Rat sich damit befassen, ob Beitrittsverhandlungen formell aufgenommen werden. Die Ukraine hatte laut OECD darum gebeten, den Aufnahmeprozess zu starten.
Die in Paris ansässige OECD vereint Länder, die sich zu Demokratie und Marktwirtschaft bekennen. Die Organisation erstellt etwa regelmäßig Konjunkturprognosen und ist für den weltweit größten Schulleistungstest PISA verantwortlich.
Putin ordnet Verwaltung für AKW Saporischschja an
Der russische Präsident Wladimir Putin hat das besetzte ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja unter russische Verwaltung gestellt. Putin unterzeichnete in Moskau ein entsprechendes Dekret. Das größte Atomkraftwerk Europas im Süden der Ukraine ist seit März von russischen Truppen besetzt.
Die geplante Übernahme der Verwaltung hatte das russische Außenministerium bereits angekündigt.
Enerhoatom-Chef soll AKW Saporischschja leiten
Der Chef des ukrainischen Atomenergieunternehmens Enerhoatom, Petro Kotin, soll die Leitung des von russischen Truppen besetzten Atomkraftwerks Saporischschja übernehmen. Das teilte er selbst in einem Video auf dem Telegram-Kanal von Enerhoatom mit. Der Wechsel erfolgte, nachdem der bisherige Leiter des größten Atomkraftwerks in Europa, Ihor Muraschow, vergangene Woche von russischen Soldaten festgenommen und nach Verhören freigelassen worden ist. Kotin sagte, er werde das Atomkraftwerk von Kiew aus leiten.
Die ukrainische Belegschaft arbeitet weiter unter russischer Aufsicht in der Anlage, deren letzter Reaktor im September heruntergefahren wurde. Am Dienstag hatte Kotin mitgeteilt, dass ein Wiederanfahren des Atomkraftwerks erwogen werde. Bei Frost bestehe die Gefahr, dass Sicherheitsanlagen beschädigt würden. "Sie brauchen also eine Heizung - und die einzige Heizung wird von einem laufenden Reaktor kommen", sagte er. Das Kraftwerk sei zudem die einzige Heizmöglichkeit für die nahe gelegene Stadt Enerhodar.
Ukraine will Fußball-WM 2030 mit ausrichten
Spanien und Portugal bewerben sich gemeinsam mit der Ukraine für die Fußball-Weltmeisterschaft 2030. Das gaben die drei beteiligten Verbände nach einem Briefing beim Europäischen Fußball-Verband UEFA in Nyon bekannt. "Es wurde offiziell bekanntgegeben, dass Portugal, Spanien und die Ukraine eine gemeinsame Bewerbung für die Ausrichtung der Weltmeisterschaft 2030 einreichen", teilte der ukrainische Verband mit.
Der spanische Verband erklärte, man werde mit der Unterstützung von UEFA-Präsident Aleksander Ceferin die Ukraine in die Bewerbung aufnehmen, "um Brücken zu bauen und eine Botschaft der Einheit, Solidarität und Großzügigkeit des gesamten europäischen Fußballs zu verbreiten". Nach Angaben des portugiesischen Verbandes (Federacao Portuguesa de Futebol, FPF) würden die Bedingungen für den Beitritt der Ukraine zur Kandidatur zu gegebener Zeit erörtert und festgelegt.
Tichanowskaja: Weniger Unterstützung für Lukaschenko
Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja betrachtet die militärischen Rückschläge Russlands in der Ukraine auch als Erschütterung der Macht des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko. Russland sei dabei, den Krieg in der Ukraine zu verlieren, sagte Tichanowskaja auf einer Sicherheitskonferenz in Warschau. "Es wird nicht in der Lage sein, Lukaschenko mit Geld und Militär zu unterstützen wie 2020", so Tichanowskaja. Sie hatte bei der damaligen Wahl gegen Lukaschenko kandidiert.
Die 40-Jährige sagte, das Tempo der Veränderungen an der ukrainisch-russischen Front eröffne neue Möglichkeiten für Belarus. Hunderte ihrer Landsleute unterstützten die ukrainischen Streitkräfte. 15 hätten bereits ihr Leben verloren.
Russlands Apotheken verkaufen mehr Antidepressiva
In Russland ist der Verkauf von Antidepressiva in Apotheken zuletzt deutlich gestiegen. In der Woche vom 19. bis 25. September sei der Absatz um 120 Prozent gestiegen, meldete die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf Zahlen des Chemiekonzerns DSM.
Die Chefin der Allianz pharmazeutischer Verbände, Viktoria Presnjakowa, sagte der Staatsagentur, seit Beginn des Kriegs Ende Februar sei die Nachfrage nach Antidepressiva, Schlaf- und Beruhigungsmitteln in Russland im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gestiegen. Sie führte das auf die "geopolitische und wirtschaftliche Lage" zurück. Nach ihren Angaben gibt es viele Patienten, die sich zum ersten Mal solche Mittel verschreiben ließen. Die Bevölkerung kaufe aber auch nicht rezeptpflichtige Arzneimittel zur Beruhigung. Viele Medikamente, die etwa in Deutschland rezeptpflichtig sind, gibt es in Russland einfach in der Apotheke zu kaufen.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am 21. September die Teilmobilmachung angeordnet.
Teilmobilmachung: Leicht veränderte Kriterien
Wie die Nachrichtenagentur Reuters meldet, hat Russlands Präsident Wladimir Putin nach eigenen Angaben das vor zwei Wochen erlassene Dekret zur Teilmobilmachung korrigiert. Damit soll die Mobilmachung für einige Studenten - unter anderem diejenigen, die an Privatuniversitäten eingeschrieben sind - sowie für bestimmte Postgraduierte ausgesetzt werden, sagte Putin demnach bei einem im russischen Fernsehen übertragenen Treffen mit Lehrern.
Putin zeigte sich den Angaben zufolge außerdem zuversichtlich, was die militärische Situation der Truppen seines Landes angeht - trotz militärischer Rückschläge in den von Russland annektierten ukrainischen Regionen. Man erwarte, dass die Lage sich bald stabilisieren wird, sagte Putin laut Reuters ebenfalls im russischen Fernsehen. Russland, so Putin, hege trotz der aktuellen Situation großen Respekt gegenüber ukrainische Bevölkerung.
Russland: Stellung in Cherson werde gehalten
Laut Angaben des russischen Verteidigungsministeriums, auf die sich die Nachrichtenagentur Reuters bezieht, können die Streitkräfte des Landes Stellungen in der ukrainischen Region Cherson halten. Zudem könnten - einen Tag nach der Bestätigung größerer territorialer Verluste in der südlichen Region - "Angriffe überlegener feindlicher Streitkräfte" abgewehrt werden.
In seinem täglichen Briefing sagte das Ministerium den Angaben zufolge, seine Streitkräfte hätten Luftangriffe auf die Siedlungen Dudchany und Davydiv Brid gestartet - was den Verlust dieser Woche der beiden strategisch wichtigen Ortschaften bestätigte, die die Truppen seit März kontrolliert hatten.
Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.
Boxweltverband: Wieder Zulassungen aus Russland und Belarus
Der Boxweltverband (International Boxing Association, IBA) lässt Sportler aus Russland und Belarus wieder zu seinen Wettkämpfen zu. Das hat der Verwaltungsrat des Verbandes beschlossen. Die Sportler dieser Länder dürfen unter ihren Nationalflaggen antreten. Bei Siegen werden ihre Nationalhymnen gespielt.
Die Entscheidung hatte Präsident Umar Kremlew beim Kongress des Verbandes vor anderthalb Wochen im armenischen Eriwan angekündigt. "Sowohl das IOC als auch die internationalen Verbände müssen alle Athleten schützen, und es sollte keine Diskriminierung aufgrund der Nationalität geben", hatte der Russe gesagt. "Es ist unser aller Pflicht, Sport und Athleten von der Politik fernzuhalten."
Mit der Entscheidung stellt sich die IBA gegen die Vorgabe des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Sportler aus Russland und Belarus nach dem russischen Überfall auf die Ukraine von internationalen Wettkämpfen möglichst auszuschließen.
Ukraine meldet Vorstoß in Luhansk
Die Ukraine hat nach eigenen Angaben Gebiete in der bislang von Russland kontrollierten Region Luhansk zurückerobert. "Die Rückeroberung der Region Luhansk hat (...) begonnen", erklärte der ukrainische Gouverneur Serhij Hajdaj im Messengerdienst Telegram. Mehrere Siedlungen seien bereits "befreit" worden, die ukrainische Armee habe dort die Fahne der Ukraine gehisst.
Luhansk ist eine der vier Regionen, die Russland für annektiert erklärt hat.
Russische Journalistin widersetzt sich Hausarrest
Die mit ihrer Kritik am russischen Präsidenten Wladimir Putin international bekannt gewordene Journalistin Marina Owsjannikowa hat den gegen sie verhängten Hausarrest von sich aus beendet. Owsjannikowa schrieb bei Facebook, sie befolge die ihr auferlegten Beschränkungen bereits seit dem 30. September nicht mehr.
Am Wochenende hatte Owsjannikowas Ex-Mann erklärt, sie sei mit ihrer Tochter geflohen. Die damalige Produzentin des staatlichen Fernsehens hatte Mitte März während einer abendlichen Nachrichtensendung im Hintergrund ein Plakat gezeigt, auf dem sie ein Ende des Krieges in der Ukraine forderte und dazu aufrief, russischer Propaganda nicht zu glauben. Wegen Herabwürdigung des Militärs wurde sie entlassen und mit einer Geldstrafe belegt.
Dieser Protest im russischen TV machte Owsjannikowa berühmt.
Im August nutzte sie eine gerichtliche Anhörung zu einer weiteren Protestaktion - ebenso im Juli, als sie auf einer Straße ein Banner hielt, auf dem sie unter anderem fragte: "Wie viele weitere Kinder sollten sterben, damit Sie aufhören? "Bei einer Verurteilung drohen Owsjannikowa nach einem neuen Gesetz, das Äußerungen gegen das Militär unter Strafe stellt, bis zu zehn Jahre Haft.
Moskau fordert Teilnahme an Untersuchung von Lecks
Russland fordert seine Teilnahme an einer internationalen Untersuchung der Lecks an den Nord-Stream-Pipelines. "Es muss dazu wirklich eine Untersuchung geben, natürlich mit der Beteiligung von Russland", wurde Vize-Außenminister Sergej Werschinin von russischen Nachrichtenagenturen zitiert. Er appellierte demnach auch an Deutschland, sich an dieser gemeinsamen Untersuchung zu beteiligen.
Am Freitag hatte sich der UN-Sicherheitsrat mit den Lecks an den Erdgasleitungen Nord Stream 1 und 2 befasst. Dort habe die "allgemeine Auffassung" geherrscht, dass es sich um Sabotage handle, erklärte Werschinin. Doch sei in der Sitzung "keine Entscheidung" über eine internationale Untersuchung getroffen worden, bedauerte er.
Wie aus einem dänisch-schwedischen Bericht hervorgeht, sollen die Lecks durch starke Explosionen entstanden sein. Am Montag sperrte die schwedische Küstenwache das betroffene Gebiet ab, um die von der schwedischen Staatsanwaltschaft eingeleitete Untersuchung der Lecks zu erleichtern.
Peskow: Gebiete sollten "für immer" zu Russland gehören
Trotz militärischer Rückschläge will Russland die Annexion vier ukrainischer Regionen weiterverfolgen. Russland werde die Gebiete zurückerhalten, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters Kreml-Sprecher Dimitri Peskow. "Sie werden für immer zu Russland gehören", sagte Peskow demnach.
Borrell warnt vor Eskalation
Angesichts ukrainischer Erfolge auf dem Schlachtfeld hat der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell vor einem möglichen Atomwaffeneinsatz Russlands gewarnt. Der Krieg sei in eine neue Phase eingetreten, in der eine Nuklearmacht Rückschritte mache und Drohungen im Raum stünden, dass auch Kernwaffen eingesetzt würden, sagte der EU-Chefdiplomat im Europaparlament. Davor dürfe man nicht die Augen verschließen.
"Das ist sicherlich ein besorgniserregendes Szenario, in dem wir zeigen müssen, dass unsere Unterstützung für die Ukraine nicht wankt." Borrell sagte, dass auch bei einem kalten Winter die Solidarität mit der Ukraine uneingeschränkt bestehen bleiben müsse. Es gehe darum, dass die Zukunft der Ukraine auch mit der Zukunft der Menschen in der EU verbunden sei, so Borrell.
Als Grundlage für einen dauerhaften Frieden nannte der EU-Außenbeauftragte, dass Russland politische und moralische Verantwortung übernehmen und für den Wiederaufbau aufkommen müsse. Auch müssten die für Kriegsverbrechen Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Lawrow stellt AKW unter russische Kontrolle
Nach Aussagen des russischen Außenministeriums soll das Atomkraftwerk Saporischschja von nun an unter der Kontrolle russischer Behörden laufen. Laut der Nachrichtenagentur Reuters wurde dies mitgeteilt, nachdem Präsident Wladimir Putin das Gesetz zur Annexion der vier ukrainischen Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson unterzeichnet hatte.
Die russische Nachrichtenagentur Tass berichtet außerdem, dass der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, am kommenden Montag nach Moskau reisen wolle, um die Situation des ukrainischen Atomkraftwerks zu besprechen.
Drohnenangriff auf Ziele nahe Kiew
Die russische Armee hat nach ukrainischen Angaben erstmals Ziele nahe der ukrainischen Hauptstadt Kiew mit Kamikaze-Drohnen angegriffen. "Es gab sechs Einschläge und Explosionen", teilte der Gouverneur des Gebiets Kiew, Olexij Kuleba, im Nachrichtendienst Telegram mit. In der Kleinstadt Bila Zerkwa sei ein Mensch verletzt worden. Getroffen worden sei Infrastruktur.
In der Nacht hatte es in der Hauptstadt und dem angrenzenden Gebiet über drei Stunden lang Luftalarm gegeben. Den Luftstreitkräften zufolge sind insgesamt zwölf iranische Drohnen aus südlicher Richtung auf Ziele geflogen, sechs von ihnen seien abgeschossen worden.
Medienberichten zufolge soll eine Kaserne in Bila Zerkwa Ziel gewesen sein. Von Bila Zerkwa liegen in südlicher Richtung die nächsten russischen Positionen rund 380 Kilometer entfernt. Das mit Russland verbündete Belarus ist rund 180 Kilometer und die russische Grenze etwa 280 Kilometer von der Kleinstadt entfernt. Die russische Armee setzt seit mehreren Wochen iranische Kampfdrohnen ein. Der Iran bestreitet Lieferungen von Drohnen an Russland offiziell.
EU billigt achtes Sanktionspaket
Die EU-Staaten haben ein achtes Paket mit Sanktionen gegen Russland auf den Weg gebracht. Wie mehrere Diplomaten der Nachrichtenagentur dpa in Brüssel bestätigten, billigten die ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten unter anderem die rechtlichen Voraussetzungen für einen von den G7-Staaten unterstützten Preisdeckel für Ölimporte aus Russland. Die Einigung muss noch im schriftlichen Verfahren von den Regierungen der Mitgliedsstaaten bestätigt werden.
Gazprom liefert wieder Gas nach Italien
Russland pumpt nach einem kurzen Lieferstopp wieder Gas durch Österreich nach Italien. Es sei mit den italienischen Abnehmern eine Lösung des Problems gefunden worden, teilte der russische Staatskonzern Gazprom mit. Der österreichische Betreiber erkläre sich bereit, sogenannte Nominierungen für den Transport zu akzeptieren, was die Wiederaufnahme russischer Gaslieferungen ermögliche.
Zuvor hatte Gazprom am Wochenende die Gaslieferungen nach Italien komplett eingestellt. Der russische Energieriese gab an, dem österreichischen Transporteur wegen neuer Vorschriften 20 Millionen Euro an Sicherheitsgarantien nicht mehr überweisen zu können.
Der teilstaatliche italienische Konzern und größte Gasimporteur Eni bestätigte, dass am Mittwoch die Lieferungen wieder aufgenommen wurden. Das Unternehmen erklärte indes nicht, wie viel russisches Gas bestellt und erwartet wurde. Es hätte "absolut keine geopolitischen Gründe" als Grund für den Lieferstopp gegeben, so der Konzern.
Putin unterzeichnet Gesetz über Annexion
Russlands Präsident Wladimir Putin hat der Nachrichtenagentur Tass zufolge das Gesetz zur Annexion von vier ukrainischen Gebieten unterzeichnet. Damit tritt es in Kraft. Zuvor hatte bereits die Duma und gestern der Föderationsrat, das russische Oberhaus, dem Gesetz zugestimmt.
Russland hatte nach Scheinreferenden in den Regionen Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson beschlossen, die ukrainischen Gebiete in die Russische Föderation aufzunehmen. Diese Regionen stehen damit offiziell unter dem Schutz der Atommacht. Moskau kontrolliert aktuell allerdings nur Teile dieser Gebiete im Süden und Osten der Ukraine. Die Ukraine meldete dort zuletzt immer wieder Geländegewinne. Zunächst werden die Regionen von Moskau eingesetzten Beamten geleitet, denn die Regionalparlamente sollen erst im September nächsten Jahres gewählt werden.
Wie aus den von Putin unterschriebenen Dekreten hervorgeht, wird im Donezker Gebiet der bisherige Separatistenführer Denis Puschilin als Chef eingesetzt und in Luhansk der dortige Separatistenführer Leonid Passetschnik. Für das Gebiet Saporischschja wird demnach Jewgeni Balizki verantwortlich sein, der bisherige Statthalter dort. Wladimir Saldo wird Leiter des Gebiets Cherson. Er war zuvor schon Besatzungschef.
Ukrainische Truppen kurz vor Region Luhansk
Laut Angaben des britischen Geheimdienstes sollen ukrainische Truppen sich jenseits des Flusses Oskil im Nordwesten der Region Charkiw der Stadt Svatove in der Region Luhansk genähert haben. Wie die Nachrichtenagentur Reuters meldet, schrieb das britische Verteidigungsministerium in einem Bulletin: "Die russische Führung sollte sehr beunruhigt sein, dass sich ukrainische Verbände der Grenzen der Oblast Luhansk nähern, die Russland am Freitag meinte, formell annektiert zu haben." Es sei wahrscheinlich, dass die Ukraine jetzt die wichtige Straße 66 von Svatove nach Kreminna unter Beschuss nehmen könnte.
Ukraines Notenbankchef tritt zurück
Der ukrainische Notenbankchef Kyrylo Schewtschenko hat überraschend seinen Rücktritt eingereicht - wie es in einer bei der Zentralbank veröffentlichten Erklärung hieß "aus gesundheitlichen Gründen". Der 49-Jährige dankte Präsident Wolodymyr Selenskyj für das Vertrauen und die Zusammenarbeit.
Medienberichten zufolge hatte sich zuletzt der Konflikt zwischen Finanzministerium und der Zentralbank verschärft. Schewtschenko hatte sich wegen des chronischen Haushaltsdefizits für Einsparungen ausgesprochen. Die weitere Finanzierung sollte demnach wegen der Gefahr einer Hyperinflation nicht mehr über die Notenpresse erfolgen. Im aktuellen Haushaltsentwurf für 2023 muss gut die Hälfte des Etats durch teils im Ausland aufgenommene Kredite bestritten werden.
Auf dem Währungsmarkt sei keine Panik ausgebrochen, und der massive Kapitalabfluss sei gestoppt worden, hieß es seitens der Zentralbank. Die Inflationsrate sei für Kriegszeiten auf einem angemessenen Niveau geblieben; und die Zentralbank habe den Staatshaushalt gestützt. Zuletzt war die Teuerung auf 23,8 Prozent gestiegen. Die Zentralbank hatte den Leitzinssatz nach Kriegsbeginn zur Eindämmung der Inflation von zehn auf 25 Prozent erhöht, die Landeswährung Hrywnja hatte gegenüber dem amerikanischen Dollar um etwa 50 Prozent an Wert verloren.
Schewtschenko stand der Notenbank seit Juli 2020 vor. Sein Vorgänger Jakiw Smolij hatte aufgrund von systematischem politischen Druck seinen Rücktritt eingereicht.
Neuer Anlauf für Nawalny-Netzwerk
Führende Verbündete von Kreml-Kritiker Alexej Nawalny haben am Dienstag die Neuformierung eines Netzwerks von regierungskritischen Gruppen in ganz Russland angekündigt. Die Zeit sei reif, da die Regierung durch Fragen über den Krieg in der Ukraine geschwächt sei.
"Die schlafende Mehrheit ist aufgewacht, (Präsident Wladimir) Putin selbst hat sie aufgeweckt", erklärte der frühere Direktor von Nawalnys Stiftung zum Kampf gegen Korruption, Iwan Schdanow, in einem Video. Das Video wurde von Nawalnys engstem Verbündeten und wichtigstem Strategen Leonid Wolkow gepostet. "Es ist Zeit, unser Netzwerk zum Kampf gegen Mobilisierung und Krieg wiederherzustellen", sagte Schdanow.
Das Netzwerk werde als "Untergrundpartisan" agieren, erklärten Schdanow und Wolkow. Teilnehmer blieben zu ihrer Sicherheit anonym.
Neue Militärhilfe der USA für die Ukraine
US-Präsident Joe Biden hat der Ukraine weitere Militärhilfen in Höhe von umgerechnet 638 Millionen Euro zugesagt. In einem Telefonat mit Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte Biden nach Angaben des Weißen Hauses, die USA würden unter anderem weitere Raketenwerfersysteme vom Typ HIMARS, Artilleriesysteme, Munition und Panzerfahrzeuge liefern.
Biden versicherte demnach auch, die USA würden "niemals die angebliche Annexion von ukrainischem Territorium durch Russland" anerkennen.
Bei dem Rüstungspaket für die Ukraine handelt es sich nach US-Angaben um Bestände des Pentagons. Damit erhöhe sich die militärische Unterstützung der USA für die Ukraine seit Beginn von Bidens Amtszeit auf einen Gegenwert von insgesamt 17,5 Milliarden Dollar. Der Großteil der Hilfen wurde seit Beginn des russischen Angriffskriegs gewährt. Erst vergangene Woche hatte die US-Regierung ein Rüstungspaket im Wert von 1,1 Milliarden US-Dollar zugesagt.
Selenskyj meldet Einnahme Dutzender Siedlungen in besetzten Gebieten
Ungeachtet der russischen Annexion hat die Ukraine neue, erhebliche Geländegewinne in den von Russland beanspruchten Gebieten gemeldet. Der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj teilte am Abend mit, die Armee seines Landes habe in den vergangenen Tagen "Dutzende" Ortschaften von Russland zurückerobert. Die ukrainische Armee komme im Süden und Osten "schnell und kraftvoll" voran, sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videoansprache. Die zurückeroberten Gebiete gehören nach seinen Angaben teilweise zu den Regionen Cherson, Luhansk und Donezk, deren Annexion Russlands Staatschef Wladimir Putin am Freitag unterzeichnet hatte.
Japan öffnet Botschaft in Kiew wieder
Japan öffnet heute nach Angaben des Außenministeriums seine Botschaft in Kiew wieder. Die Auslandsvertretung war am 2. März nach der russischen Invasion in der Ukraine vorübergehend geschlossen worden.
Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen
Die US-Regierung hat weitere Waffenlieferungen für die Ukraine im Wert von 625 Millionen US-Dollar angekündigt. Russland droht der Republik Moldau wegen ausstehender Zahlungen mit einem Stopp der Gaslieferungen. Die Ereignisse vom Dienstag zum Nachlesen im Liveblog.