Eine zerrissene ukrainische Flagge hängt an einem Draht vor einem Wohnhaus, das während des russischen Angriffskrieges in der südukrainischen Hafenstadt Mariupol am 14. April 2022 zerstört wurde.
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Krieg gegen die Ukraine ++ Ukraine hat Rüstungsproduktion verdreifacht ++

Stand: 27.12.2023 22:42 Uhr

Trotz ständiger russischer Luftangriffe hat die Ukraine die Herstellung von Rüstungsgütern nach eigenen Angaben 2023 stark erhöht. Mehr als 38 Milliarden Euro hat Kiew in diesem Jahr an internationalen Finanzhilfen erhalten. Die Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen.

27.12.2023 • 22:42 Uhr

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Die US-Regierung stellt der Ukraine weitere Militärhilfe in Höhe von 250 Millionen US-Dollar (rund 225 Millionen Euro) zur Verfügung - damit dürften die bisher bewilligten US-Mittel nun weitgehend ausgeschöpft sein. Es handele sich um das letzte Paket in diesem Jahr, teilte US-Außenminister Antony Blinken mit. Die Hilfe beinhalte unter anderem vor allem Munition - darunter 15 Millionen Schuss für kleinere Waffen sowie Munition für die Luftabwehr oder den US-Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars.

"Unsere Hilfe war entscheidend für die Unterstützung unserer ukrainischen Partner bei der Verteidigung ihres Landes und ihrer Freiheit gegen die russische Aggression", so Blinken. Wie es nun künftig mit der US-Unterstützung für das von Russland angegriffene Land weitergeht, ist völlig offen. Das Weiße Haus hatte Mitte Dezember bereits erklärt, nur noch Mittel für ein weiteres Militärhilfepaket für die Ukraine in diesem Jahr zu haben.

Die Ukraine kann nach Ansicht von Präsident Wolodymyr Selenskyj künftig zu einem der größten Rüstungsproduzenten der Welt werden. Er sei sicher, dass die ukrainische Rüstungsindustrie "im Laufe der Zeit definitiv in die Top Zehn der produktivsten und stärksten Rüstungskomplexe der Welt aufsteigen kann", sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videoansprache. Schon jetzt trage der Industriezweig nicht nur zur Stärkung der eigenen Verteidigungsfähigkeit gegen den russischen Angriffskrieg, sondern auch wesentlich zu Wirtschaftswachstum und Beschäftigung bei. Selenskyj lobte die Vereinbarung mit westlichen Partnern, allen voran den USA, über eine gemeinsame Waffenproduktion als "eine unserer größten politischen Errungenschaften in diesem Jahr". So sei es möglich, modernes Militärgerät zu bauen.

Die Ukraine hat eigenen Angaben nach 2023 trotz ständiger russischer Luftangriffe die Herstellung von Rüstungsgütern stark erhöht. "Insgesamt haben wir in diesem Jahr unsere Produktion verdreifacht", sagte Olexander Kamyschin, Minister für strategische Industrien- Knapp ein Drittel des Wirtschaftswachstums von 4,9 Prozent sei durch Rüstungsbetriebe generiert worden. Insgesamt seien in den gut 500 zumeist privaten Unternehmen derzeit rund 300.000 Arbeiter beschäftigt.

Kiew hat den Angaben des Ministers nach unter anderem die Herstellung von Mörsergranaten um das 42-fache gesteigert. Bei Artilleriegranaten sei die Produktion fast verdreifacht worden. Bei Granaten mit Nato-Kaliber von 155 Millimetern bestehe weiter Abhängigkeit von westlichen Lieferungen. Kiew arbeite aber am Aufbau einer eigenen Produktion. "Wir planen im nächsten Jahr den Übergang zur Serienproduktion", verkündete Kamyschin. Ein Problem sei dabei jedoch die Beschaffung von Schießpulver, das weltweit knapp sei.

Außerdem produziere die Ukraine inzwischen monatlich sechs Stück der selbstfahrenden Haubitzen des Typs «Bohdana». Erheblich gesteigert wurde den Worten des Ministers nach auch die Produktion von Schützenpanzern und gepanzerten Fahrzeugen. Der Eigenbedarf könne dadurch aber noch lange nicht gedeckt werden.

Die Ukraine hat eine Idee von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zu einem Waffenstillstand mit Russland unter eventuell vorübergehendem Gebietsverzicht abgelehnt. "Wenn die Ukraine sich mit dem zeitweisen Gebietsverlust abfindet, dann rücken die russischen Truppen näher an Deutschland und dabei Sachsen heran" schrieb der Sprecher des Außenministeriums in Kiew, Oleh Nikolenko, bei Facebook. Russlands Präsident Wladimir Putin sei aus seiner Dienstzeit in Dresden auch gut mit Sachsen vertraut.

Nikolenko erinnerte daran, dass sowohl Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf Putin einzuwirken versucht haben. "Zugeständnisse bei Gebieten führen unweigerlich zu einer größeren Aggression durch Russland, die fraglos über die Grenzen der Ukraine hinausgehen wird", betonte Nikolenko. Frieden in Europa sei nur über eine Niederlage Moskaus erreichbar.

Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft hat ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen eines mutmaßlichen Kriegsverbrechens durch russische Soldaten aufgenommen. Russische Kräfte würden beschuldigt, im Dezember drei ukrainische Kriegsgefangene nahe der Ortschaft Robotyne in der Region Saporischschja erschossen zu haben, teilte die Behörde mit. Als Beleg wird ein Video genannt, in dem zu sehen ist, wie anscheinend drei unbewaffnete Personen nach Schüssen zusammenbrechen. Die Authentizität des Videos konnte nicht überprüft werden. Von russischer Seite lag zunächst keine Stellungnahme vor.

Russland und Indien wollen bei der Produktion von Rüstungsgütern enger zusammenarbeiten. Das sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow nach einem Treffen mit seinem indischen Kollegen Subrahmanyam Jaishankar in Moskau der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge.

Lawrow nannte dabei keine Einzelheiten. Es gehe sowohl um die gemeinsame Herstellung moderner Waffentypen als auch um Rüstungsproduktion im Rahmen des indischen Programms "Make in India" (Produziere in Indien). Die Kooperation diene der strategischen Sicherheit auf dem eurasischen Kontinent, sagte Lawrow. Beide Seiten lobten das gute bilaterale Verhältnis.

Die von Russland angegriffene Ukraine hat im Jahr 2023 umgerechnet mehr als 38 Milliarden Euro an internationalen Finanzhilfen erhalten. "Das hat es uns erlaubt, alle notwendigen Ausgaben zu finanzieren", sagte Finanzminister Serhij Martschenko in einem Videointerview der Zeitschrift Forbes Ukraine. Dabei gehe es vor allem um Verteidigungsausgaben, aber auch Renten, Hilfe für Binnenflüchtlinge und Gehälter von Staatsangestellten. Das Jahr 2023 sei damit stabiler verlaufen als das Vorjahr. Jeder Kriegstag koste das Land jedoch allein an Verteidigungsausgaben umgerechnet gut 120 Millionen Euro.

Im Hinblick auf das kommende Jahr betonte der Minister: "Mich beunruhigt gerade weniger das Jahr 2024 als das Jahr 2025." Das liege vor allem an den Unsicherheiten bezüglich der weiteren Unterstützung durch die Europäische Union und die USA wegen der 2024 anstehenden Wahlen. Für 2024 hatte Martschenko den Bedarf an Geldern aus dem Ausland bereits vorher mit umgerechnet über 33 Milliarden Euro angegeben. Die Ukraine wehrt seit über 22 Monaten mit massiver westlicher Hilfe eine russische Invasion ab.

Russlands Oberstes Gericht hat eine Sperre der ehemaligen Journalistin und Kriegsgegnerin Jekaterina Dunzowa für die Präsidentenwahl im März bestätigt, wie sie selbst bekanntgab. Ihre Kandidatur war am Samstag von der Zentralen Wahlkommission abgelehnt worden mit Verweis auf "zahlreiche Verstöße" in ihren Unterlagen. Kritiker von Amtsinhaber Wladimir Putin erklärten, dies zeige, dass der Ausgang der Wahl faktisch schon feststehe. Dem Präsidialamt zufolge genießt Putin dagegen breite Unterstützung in der Bevölkerung. In Umfragen wird seine Beliebtheit mit 80 Prozent beziffert.

Die Bundesregierung hat in diesem Jahr Rüstungsexporte für mindestens 11,71 Milliarden Euro genehmigt und damit einen neuen Rekord aufgestellt. Mehr als ein Drittel der genehmigten Ausfuhren ging mit 4,15 Milliarden Euro an die Ukraine für den Abwehrkampf gegen die russischen Invasoren.

Durch den russischen Angriffskrieg sind in der Ukraine bisher mehr als ein Dutzend Geistliche der ukrainisch-orthodoxen Kirche (UOK) ums Leben gekommen. Wie die früher zum Moskauer Patriarchat gehörende Kirche am Abend in Kiew mitteilte, wurden 14 ihrer Kleriker seit Beginn der "umfassenden russischen Aggression" im Februar 2022 getötet und 20 verletzt. Weitere fünf Geistliche gelten demnach als vermisst.

117 Kirchen und Gebetsräume der UOK wurden laut den Angaben zerstört, 329 beschädigt. Auch 11 Klöster und Klausen von Einsiedlern seien durch Kampfhandlungen zerstört worden. Zugleich beklagte die Kirche die strafrechtliche Verfolgung von vier ihrer Metropoliten durch die ukrainische Justiz. Die in den vier Fällen von Ermittlungsbehörden den Gerichten vorgelegten Indizien seien "fragwürdig", erklärte das oberste Leitungsgremium der Kirche, der Heilige Synod. Die Staatsanwaltschaft wirft den Bischöfen unter anderem Zusammenarbeit mit dem Kriegsgegner Russland vor.

Nach den jüngsten russischen Drohenangriffen auf die Ukraine mit einem Toten sind weitere Details bekannt geworden. Bei dem Toten handelt es sich nach Angaben der Behörden um einen 35-jährigen Mann. Er starb demnach, als Trümmer einer abgeschossenen Drohne auf sein Haus in der Region Odessa stürzten. Vier weitere Menschen, darunter ein sechsjähriges Kind, wurden verletzt.

Allen aktuellen Repressionen zum Trotz hält der bekannte russische Menschenrechtler Oleg Orlow oppositionelles und zivilgesellschaftliches Engagement für wichtig als Vorbereitung für eine Zeit nach dem heutigen Kremlchef Wladimir Putin. "Solange er selbst an der Spitze steht, denke ich nicht, dass man auf irgendwelche Veränderungen hoffen kann", sagte Orlow, dem aufgrund seiner Kritik an Putins Krieg gegen die Ukraine mehrere Jahre Lagerhaft drohen, im Interview der Nachrichtenagentur dpa in Moskau. "Aber sein Abgang wird unweigerlich zu einer Veränderung und zu einer Aufsplittung der Eliten führen", fügte der 70-Jährige hinzu. "Und der Opposition sowie den Überbleibseln der Zivilgesellschaft wird in diesem Moment eine gewaltige Rolle zukommen, damit das keine rein kosmetischen Veränderungen werden."

Orlow, der früher die mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete und in Russland mittlerweile verbotene Organisation Memorial leitete, sagte aber auch: "Wann das passieren wird und ob Putin auf natürlichem oder unnatürlichem Wege gehen wird, das wissen wir nicht."

Ersten Angaben aus der Ukraine zufolge stürzte bei dem Drohnenangriff in der Nacht eine abgeschossene Drohne in ein Gartenhaus in einem Vorort der südukrainischen Hafenstadt Odessa. Dabei seien eine Person getötet und drei verletzt worden, teilte das Militärkommando für die Südukraine mit. In Cherson seien ein Einkaufszentrum und ein Mehrfamilienhaus getroffen worden.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hält es für möglich, dass die Ukraine bei einem Waffenstillstand die Kontrolle über gewisse von Russland besetzte Gebiete vorerst nicht wiedererlangen würde. "Es kann sein, dass die Ukraine bei einem Waffenstillstand erst einmal hinnehmen muss, dass gewisse Territorien für die Ukraine vorübergehend nicht erreichbar sind", sagte Kretschmer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Auf die Frage, ob die Ukraine für ein Ende des Kriegs Gebiete abtreten sollte, betonte er zugleich aber, der Grundsatz müsse lauten: "Kein Quadratmeter des ukrainischen Territoriums - auch nicht die Krim - ist russisch geworden." Aber "wie auch in anderen großen Konflikten wird es hier Zeit für eine endgültige Lösung brauchen".

Chersons Bürgermeister Roman Mrotschko zufolge wurden bei dem Drohnenangriff auf die Stadt "Schahed"-Drohnen aus iranischer Produktion eingesetzt. Mrotschko rief die Bevölkerung auf, sich in Schutzeinrichtungen zu begeben.

Russland hat nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe 46 Drohnen gestartet. 32 habe man abgeschossen, hieß es. Auf Telegram schrieb die Luftwaffe, die meisten Drohnen, die man nicht zerstört habe, hätten die Region Cherson getroffen - vor allem Frontgebiete im Osten und Westen der Ukraine.

Russland will nach Angaben des Rüstungskonzerns Rostec seine modernsten Artilleriesysteme bald im Krieg gegen die Ukraine einsetzen. Die Tests der neuen selbstfahrenden Haubitzen seien abgeschlossen und die Massenproduktion habe bereits begonnen, sagte Rostec-Chef Sergej Tschemesow der staatlichen Nachrichtenagentur RIA. Bis Ende 2023 werde die erste Serienproduktion ausgeliefert. "Ich denke, dass sie bald zum Einsatz kommen werden, denn Haubitzen dieser Klasse sind notwendig, um westliche Artilleriemodelle in der Reichweite zu übertreffen."

Hinweis der Redaktion: Wir haben diesen Blogeintrag nachträglich korrigiert. Die Haubitzen sollen laut Rostec nicht - wie zuvor von der Nachrichtenagentur Reuters gemeldet - an der Grenze zu Finnland stationiert werden, sondern im Krieg gegen die Ukraine zum Einsatz kommen.

27.12.2023 • 06:27 Uhr

Neue russische Drohnenangriffe

Die südukrainische Hafenstadt Odessa sowie Cherson waren erneut Ziel russischer Kampfdrohnen. In der Nacht waren Explosionen zu hören, nachdem die Flugabwehr das Feuer eröffnete. Das russische Militär hatte die Drohnen über das Schwarze Meer anfliegen lassen.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
27.12.2023 • 05:53 Uhr

Neue EU-Hilfen für Ukraine

Die Europäische Union bereitet einem Zeitungsbericht zufolge ein Hilfsprogramm von bis zu 20 Milliarden Euro für die Ukraine vor. Der schuldenfinanzierte Plan würde Ungarn umgehen, um das Geld schnell für die Regierung in Kiew freizugeben, berichtet die Zeitung "Financial Times".

Ungarn hatte auf dem EU-Gipfel gemeinsame Finanzhilfen für die Ukraine verhindert.

Ukrainische Truppen haben sich weitgehend aus der zerstörten Kleinstadt Marjinka zurückgezogen. Nach der Darstellung des russischen Verteidigungsministers wurde die ukrainische Gegenoffensive abgewehrt. Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 28. Dezember 2023 um 15:29 Uhr.