Neue Freibetragsregelung Immer mehr Rentner beziehen Grundsicherung
Die Anzahl der Rentnerinnen und Rentner, die zusätzlich zu ihrer Rente Grundsicherung beziehen, steigt an. Laut DRV ist der Grund für dieses Phänomen eine neue Freibetragsregelung.
Immer mehr Rentnerinnen und Rentner beziehen zusätzlich Grundsicherung. Die Zahl stieg von rund 414.000 Ende 2020 auf 469.000 im September des vergangenen Jahres.
Die Daten des Statistischen Bundesamts liegen tagesschau.de vor. Zuvor hatte die Nachrichtenagentur dpa darüber berichtet, die aus einer Auswertung des Statistischen Bundesamts für die AfD im Bundestag zitierte.
Auswirkungen einer Freibetragsregelung
Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung (DRV) ist der Zuwachs hauptsächlich auf die Auswirkungen einer Freibetragsregelung zurückzuführen, erläuterte eine DRV-Sprecherin gegenüber der dpa. Diese Freibetragsregelungen waren mit der Anfang 2021 gestarteten Grundrente eingeführt worden. Das Ziel war, dass Menschen mit besonders geringem Lohn Altersbezüge über der Grundsicherung erhalten.
Wer mindestens 33 Jahre Beiträge für Beschäftigung, Erziehung oder Pflege geleistet, aber besonders wenig verdient hat, kann seit Januar 2021 einen zusätzlichen Freibetrag bei der Beantragung von Leistungen der Grundsicherung im Alter geltend machen. So sind 2021 bis zu 223 Euro der Rente bei der Grundsicherung anrechnungsfrei geblieben, 2023 bis zu 251 Euro.
"Wer also mit seinem Einkommen bisher knapp über einem Grundsicherungsanspruch lag, kann durch den neuen (jährlich steigenden) Freibetrag anspruchsberechtigt werden", sagte die Sprecherin. "Damit erklärt sich die Zunahme der Zahlen."
Die Zahlen steigen
Grundsicherung im Alter können alle Menschen beantragen, deren Einkünfte nicht ausreichen, um die Lebenshaltungskosten zu decken. Der Regelsatz entspricht dem der Grundsicherung. Eine zunehmende Zahl von Seniorinnen und Senioren sei auf die Grundsicherung im Alter angewiesen, hatte jüngst die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, in der "Rheinischen Post" beklagt.
Im Jahr 2010 bezogen den Statistikern zufolge 283.000 Rentnerinnen und Rentner Grundsicherung im Alter. Fünf Jahre später waren es bereits über 414.000 und Ende 2022 rund 454 000. Davon waren 249.000 Frauen und 205.000 Männer. Die DRV-Sprecherin sagte: "Bei insgesamt rund 16,3 Millionen Bezieherinnen und Beziehern einer Altersrente (Ende 2020/2021 jeweils rund 16,2 Millionen) entspricht dies einer Grundsicherungsquote von rund 2,8 Prozent (Ende 2020/2021 rund 2,6/2,7 Prozent).
Aber auch insgesamt steigt die Zahl der Senioren mit Grundsicherung im Alter - also nicht nur jener mit Rentenbezug - in den vergangenen Jahren. So waren Ende 2020 mehr als 564.000 Menschen in Deutschland auf die staatliche Grundsicherung angewiesen. Das war zu diesem Zeitpunkt der höchste Wert zum Jahresende seit der Einführung der Leistung 2003, Ende 2022 waren es sogar 659.000. Bis September 2023 kletterte die Zahl auf knapp 689.000, davon waren rund 297.000 Männer und 392.000 Frauen.
Wirtschaftsweise Grimm will Rente mit 63 einschränken
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm hat sich unterdessen dafür ausgesprochen, die "Rente mit 63" nur noch Menschen mit gefährdeter Gesundheit zu ermöglichen. "Ein frühzeitiger Renteneintritt ohne Abschläge sollte dann möglich sein, wenn es gesundheitliche Gründe gibt", hatte die Ökonomin den Zeitungen der Funke Mediengruppe gesagt.
Die jetzige Regelung zur "Rente mit 63" schaffe für viele einen Anreiz, früher in den Ruhestand zu gehen, ob mit oder ohne Abschläge. "Vor allem Gutverdiener machen davon Gebrauch. Das verschärft den Fachkräftemangel", beklagte Grimm.
Grimm kritisierte, in den vergangenen Jahren seien "viele Rentengeschenke" verteilt worden. Der Bundeszuschuss zur Rentenversicherung sei nicht zuletzt deshalb zwischen 2003 und 2021 von 77 auf 112 Milliarden Euro jährlich angestiegen. Jetzt stehe der Renteneintritt der Babyboomer-Generation bevor. Das Renteneintrittsalter sollte an die Lebenserwartung angepasst werden, forderte Grimm.