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EuGH rügt kurze Klagefristen Mehr Schutz für Schwangere vor Kündigung

Stand: 27.06.2024 15:35 Uhr

Wenn schwangere Frauen gegen eine Kündigung klagen, gibt es ein rechtliches Problem: sehr kurze Klagefristen. Der EuGH hat das jetzt beanstandet.

Von Max Bauer, ARD-Rechtsredaktion

Ist eine Frau schwanger, darf ihr nicht gekündigt werden. Die Rechtslage ist klar. Es gibt extra einen Paragrafen dazu im Mutterschutzgesetz. Wenn es dennoch zu einer Kündigung kommt, kann die Frau dagegen vor Gericht ziehen.

Ein Problem können aber die Klagefristen sein. An sich müssen Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen gegen eine Kündigung klagen. Der Gedanke hinter dieser kurzen Frist ist: Der Arbeitgeber soll nicht lange im Ungewissen bleiben, ob die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter die Kündigung akzeptiert oder dagegen klagt.

Allerdings kann ein Arbeitnehmer auch nach Fristablauf noch klagen, sofern er aus guten Gründen verhindert war, die Frist einzuhalten.

Schwangerschaft wird oft später bemerkt

Die Möglichkeit, verspätet zu klagen, gibt es auch für Schwangere. Denn gar nicht so selten bemerken Frauen erst nach einer gewissen Zeit, dass sie schwanger sind. Sollte eine Arbeitnehmerin erst einige Zeit nach der Kündigung von ihrer Schwangerschaft erfahren, kann sie trotzdem noch gegen eine Kündigung klagen.

Die Zulassung einer verspäteten Klage muss sie jedoch extra beantragen. Und sie hat dafür nach deutschem Recht nicht viel Zeit. Sie muss innerhalb von zwei Wochen, nachdem sie von ihrer Schwangerschaft erfährt, den Antrag auf eine Klage stellen.

Mainzer Gericht hatte Zweifel an Rechtslage

Diese Frist hatte eine Mitarbeiterin in einem Pflegeheim versäumt. Sie war bei der Kündigung schwanger, stellte das aber erst einen Monat nach ihrer Kündigung fest. In ihrem Fall hätte sie dann nur innerhalb von zwei Wochen klagen können. Diese Frist sei aber zu kurz und das Klageverfahren insgesamt zu kompliziert, meinte das zuständige Arbeitsgericht Mainz.

Der Arbeitgeber müsse hier nicht durch kurze Klagefristen geschützt werden. Im Mainzer Fall habe die Pflegerin ihre Schwangerschaft ihrem Arbeitgeber nämlich sofort mitgeteilt. Die Frau habe dadurch klar zu verstehen gegeben, dass sie die Kündigung nicht akzeptiert, so das Mainzer Arbeitsgericht. Das Gericht hatte beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) nachgefragt, ob seine Zweifel an den kurzen Klagefristen für Schwangere berechtigt sind.

EuGH: Zwei Wochen sind zu kurz

Der EuGH hat nun zugunsten der schwangeren Pflegerin entschieden. Der Gerichtshof meint, die Zeit, um klagen zu können, sei zu kurz. Nach deutschem Recht könne es zu widersprüchlichen Situationen kommen: Wenn die schwangere Pflegerin schon bei der Kündigung von ihrer Schwangerschaft gewusst hätte, hätte sie eine Frist von drei Wochen für eine Klage gehabt. In ihrem Fall, wo sie erst nach der Kündigung von ihrer Schwangerschaft erfahren hat, hatte sie nur zwei Wochen.

Das sei jedenfalls zu kurz, um eine Klage vorzubereiten und sich zum Beispiel von einem Anwalt beraten zu lassen, urteilt nun der EuGH. Die kurze Frist nach deutschem Recht könne es schwangeren Frauen erschweren, gegen eine Kündigung zu klagen. Das verstoße gegen EU-Recht.

Um den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs zu entsprechen, müsste das deutsche Kündigungsschutzrecht nun eigentlich geändert werden.

(Az. C-284)

Max Bauer, SWR, tagesschau, 27.06.2024 15:30 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete "Report Mainz" am 05. März 2024 um 21:45 Uhr.