Umstrittene Bankenaufsicht Was macht die BaFin - und was macht sie falsch?
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen, kurz BaFin, hat einen langen Namen und viele Kompetenzen. Aber in der Krise zeigen sich ihre Schwächen, sagen Kritiker. Für EU-Kommissar Verheugen ist Deutschland sogar "Weltmeister der riskanten Bankgeschäfte".
Von Herbert Stelz, hr
Sie ist eine der umstrittensten Behörden der Republik: die BaFin, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. 2002 wurde sie durch Zusammenlegung der drei Bundesaufsichtsämter für das Kreditwesen, das Versicherungswesen und den Wertpapierhandel gebildet.
Die BaFin kontrolliert Banken, Versicherer und sonstige Finanzdienstleister und hat dabei weit reichende Befugnisse. Sie kann unter anderem Banken ihre Lizenz entziehen oder ganze Geldinstitute schließen. Sie soll das Finanzwesen und die Verbraucher vor Krisen und Crashs bewahren.
Und trotzdem steht sie von allen Seiten permanent in der Kritik.
Vielen Bankern prüft sie zu viel, manchen Versicherern zu langsam und den meisten Verbraucherschützern zu wenig. Die aktuelle Finanzkrise hat sie ebenso wenig vorausgesehen wie die meisten anderen Finanzfachleute.
Blind in die HRE-Pleite
Beim Fast-Zusammenbruch der Hypo Real Estate Bank hatte die BaFin zunächst keine ausreichenden Zahlen zur Hand, um der Politik eine Einschätzung des Risikos bei einer Rettung mit Steuergeld zu ermöglichen. Vor dem laufenden Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Beinahe-HRE-Pleite soll nun auch geklärt werden, ob die BaFin diese nicht hätte verhindern können.
Aber schon bei der Beinahe-Pleite der Sachsen-LB zeigten sich die Grenzen der Finanzaufseher. Die BaFin wusste schon lange vorher, dass die Sachsen LB über irische Tochterfirmen mit hochriskanten Finanzprodukten dealte - und damit zugleich ihre Existenz gefährdete. Doch offenbar schauten die Aufsichtsbeamten weitgehend tatenlos zu, wie die überforderten Sachsen-Banker hemmungslos weiterzockten - und am Ende alles verloren.
Die Untersuchung brauchte Monate. Doch als der Bericht mit den Besorgnis erregenden Ergebnissen endlich vorlag, schritt die Aufsichtsbehörde immer noch nicht ein.
Stumpfe Sanktionswaffen
Dabei verfügt die BaFin über ein ganzes Arsenal von Sanktionsmöglichkeiten. Das reicht von der schriftlichen Abmahnung über Bußgelder bis zum Entzug der Banklizenz. Sie ist berechtigt und verpflichtet, ihre Erkenntnisse an die Strafverfolgungsbehörden weiter zu leiten, wenn der Verdacht einer Straftat wie zum Beispiel Insiderdelikte, Marktmanipulationen oder Anlagebetrug besteht.
Doch offenbar leistet die Mammutbehörde mit knapp 1.700 Mitarbeitern und einem Haushalt von 120 Millionen Euro nicht das, was sich viele von ihr erwarten.
Die Bafin ist auf die Standorte Bonn und Frankfurt am Main verteilt. Seit April 2008 wird sie von einem fünfköpfigen Direktorium mit Präsident Jochen Sanio an der Spitze geleitet.
2007 wurden von ihr 93.000 Anfragen bearbeitet, davon mehr als die Hälfte von Polizeibehörden, 20.000 von Zoll- und Finanzbehörden sowie 18.000 von Staatsanwaltschaften. 21.000 Beschwerden von Versicherungs- und Bankkunden kamen hinzu - die BaFin ist jedoch keine Schiedsstelle für Einzelfälle.
Ihr Verbrauchertelefon wird viel genutzt, 2007 nahezu 27.000 Mal: 01805 122346
Breitseite aus Brüssel
Erst am Montag schoss der deutsche EU-Industriekommissar Günter Verheugen eine Breitseite gegen die BaFin ab. Deutschland sei Weltmeister in riskanten Bankgeschäften, allen voran die Landesbanken - selbst in Amerika hätten sich die Banken nicht mit so großer Bereitschaft in unkalkulierbare Risiken gestürzt.
Die Bankenaufsicht habe die Dinge laufen lassen - und das habe jetzt dramatische Folgen für die deutschen Steuerzahler. In anderen Ländern habe die Aufsicht wesentlich besser funktioniert. Zum Beispiel in Italien - dort gebe es eben keine Schrottpapiere.