Neues Kapital für Finanzinstitute EZB macht Milliarden für Banken locker
Der scheidende Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Trichet, hat Sonderprogramme zur Stützung des Bankensektors über 40 Milliarden Euro angekündigt. Dazu gehört ein neues Ankaufprogramm für besicherte Anleihen wie Hypotheken. Den Leitzins beließ die EZB trotz anhaltender Inflation bei 1,5 Prozent.
Wegen der akuten Vertrauenskrise am Geldmarkt greift die EZB den Banken mit langfristigen Liquiditätslinien unter die Arme. Der EZB-Rat habe entschieden, "zwei langfristige Refinanzierungsoperationen anzustoßen", eine im Oktober mit einer Laufzeit von voraussichtlich zwölf Monaten und eine im Dezember mit einer Laufzeit von voraussichtlich 13 Monaten, teilte der scheidende Notenbank-Präsident Jean-Claude Trichet in Berlin mit. Die Banken sollten dabei so viel Geld bekommen, wie sie benötigten.
Neben diesen Kreditlinien legt die Zentralbank ein 40 Milliarden Euro schweres Ankaufprogramm für Pfandbriefe und andere gedeckte Anleihen auf. Beide Instrumente hatten sich bereits in der Finanzkrise bewährt.
Hintergrund sind neue Probleme am Geldmarkt im Zuge der Staatsschuldenkrise: Die Banken leihen sich wegen des grassierenden Misstrauens untereinander kaum noch Geld. Insbesondere Finanzinstitute aus den schuldenbeladenen Randstaaten der Euro-Zone wie Griechenland, Irland und Portugal sind daher weitgehend auf Mittel der EZB angewiesen.
Leitzins bleibt bei 1,5 Prozent
Der EZB-Rat beschloss zudem, den Leitzins für den Euroraum bei 1,5 Prozent zu belassen. Sie entsprach damit den Erwartungen der meisten Analysten. Die Lage in der Euro-Zone gilt derzeit als schwierig: Einerseits steigt die Inflation in der Währungsunion weiter, zuletzt im September auf drei Prozent, was normalerweise eine Zinserhöhung rechtfertigen könnte, da niedrige Zinsen die Geldentwertung fördert. Andererseits mehren sich die Zeichen, dass das Wirtschaftswachstum in der Währungsunion abebbt, was in der Regel für eine Zinssenkung spricht.
Banken sollen sich von Schrottpapieren trennen können
Zuvor hatte bereits EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso eine EU-weit koordinierte Rekapitalisierung europäischer Banken angekündigt. "Wir schlagen den Mitgliedsländern ein abgestimmtes Vorgehen vor, um Banken zu rekapitalisieren und Schrottanleihen loszuwerden, die sie besitzen könnten", sagte Barroso in einem Interview mit dem Fernsehsender Euronews. Zugleich sprach er sich in einem Live-Interview auf der Video-Plattform Youtube gegen eine europäische Ratingagentur aus. Eine solche öffentliche Agentur sei wegen absehbarer Interessenkonflikte und mangelnder Glaubwürdigkeit nicht sinnvoll.
In den vergangenen Tagen waren die Sorgen gewachsen, dass die Banken von der Schuldenkrise in Europa mitgerissen werden könnten. Frankreich und Belgien arbeiten zurzeit an einem Rettungseinsatz für die angeschlagene Großbank Dexia, die sie erst vor drei Jahren mit einer Milliardenhilfe unterstützt hatten.
Großbritannien pumpt Geld in die Märkte
Die Zentralbank in London kündigte unterdessen an, der Volkswirtschaft mit 75 Milliarden Pfund (86,8 Milliarden Euro) unter die Arme zu greifen. Mit dem Geld sollen Unternehmensanleihen gekauft werden. Damit will sie der Wirtschaft zusätzliches Kapital für Investitionen bereitstellen. Die geldpolitische Maßnahme ist wegen der damit verbundenen Inflationsgefahr höchst umstritten. Die Bank beließ zudem den Zinssatz unverändert auf dem historischen Niedrigstand von 0,5 Prozent.
Italienische Großbanken herabgestuft
Die Ratingagentur Moody's senkte indes die Bonität der beiden größten italienischen Banken. Wie Moody's mitteilte, wurden die Großbanken Intesa Sanpaolo und UniCredit von "Aa3" auf "A2" heruntergestuft. Moody's hatte am Dienstag die Kreditwürdigkeit des italienischen Staates um drei Stufen schlechter bewertet. Deshalb war der Schritt erwarten worden. Italienische Banken halten einen Großteil der nationalen Anleihen. Auch die Bonität staatlich kontrollierter Unternehmen wie die Energiekonzerne Eni und Enel stufte Moody's herab. Der Ausblick sei bei allen negativ.
Neuer Stresstest für europäische Banken
Die EU-Finanzminister erteilten der europäischen Bankenaufsicht EBA den Auftrag, die europäischen Banken auf ihre Widerstandskraft gegen einen etwaigen Schuldenschnitt zu prüfen. Eine laufende Überprüfung der Kapitalausstattung der Banken bestätigte die Behörde. Die "Financial Times" berichtet, Ergebnis der Untersuchung könne sein, dass den Banken bis zu 200 Milliarden Pfund (232 Mrd Euro) an Kapital fehlten. Bei einem anstehenden zweitägigen Krisentreffen der EBA werde es letztlich ein "stilles Eingeständnis" geben, dass die bisherigen Stresstests unzureichend gewesen seien.