Holz und Baustahl günstiger Kommt jetzt die Erholung in der Baubranche?
Die Baubranche ächzt seit Jahren unter hohen Kosten. Bundesweit wurden Tausende Bauprojekte abgesagt. Doch jetzt scheint es so, als könne die Branche wieder Hoffnung schöpfen.
In der Baubranche herrscht seit etlichen Monaten Stillstand. Stark gestiegene Preise, auch aufgrund der höheren Energiekosten, hatten die Bauindustrie in eine Schockstarre versetzt und für viel Unsicherheit gesorgt.
"Durch die ganzen Krisen sind die Kunden immer zurückhaltender geworden. Keiner weiß, was kommt denn jetzt noch in der Zukunft. Das Geld wird eher zurückgehalten. Dadurch haben wir auch ein paar Großprojekte verloren, unsere Absatzzahlen sind deutlich gesunken", sagt Kevin Feller, Geschäftsführer der Firma FF Baustoffe in Kassel.
Aktuell reibt er sich aber immer häufiger verwundert die Augen, denn bei einigen Baustoffen geht der Preis plötzlich runter. "Da habe ich mich natürlich gefreut. Von den Tendenzen her sagt man, dass die Preise zum nächsten Jahr im Durchschnitt um drei Prozent fallen sollen. Ich bin einfach glücklich über jedes Prozentchen, dass es runtergeht und hoffe, dass das die Wirtschaft wieder ankurbelt."
Holzpreis sinkt stark
Dem Statistischen Bundesamt zufolge gibt es vor allem bei Baumaterialien aus Holz bereits deutliche Preisrückgänge: Dachlatten haben sich gegenüber dem Vorjahr um 26,1 Prozent verbilligt, Konstruktionsvollholz um 20,7 Prozent, die Preise für Bauschnittholz gingen um 18,3 Prozent zurück.
Feller spürt vor allem im Holzbereich Preisrückgänge, bei ihm hat sich zum Beispiel Parkett in den vergangenen Wochen nochmal merklich verbilligt. Er glaubt, dass in den kommenden Monaten weitere Produkte folgen werden: "Auch Baustahl zum Beispiel ist schon merklich günstiger geworden".
Für die Zukunft setzt er vor allem auf einen Faktor: "Wir hoffen darauf, dass die Energiekrise schnell vorbeigeht und dadurch die Herstellungskosten geringer werden. Dadurch werden dann zum Beispiel die Preise von Dachziegeln und Ziegelsteinen fallen und wir können endlich wieder anfangen zu bauen." Seit die Krise seine Branche fest im Griff hat, beobachtet Feller aber auch einen neuen Trend auf dem Baumarkt: "Viele ältere Häuser werden jetzt saniert, da wird noch Geld ausgegeben."
Trend Sanierung statt Neubau
Davon profitiert Marian Bucevschi. Er hat seinen Handwerksbetrieb in Ahnatal bei Kassel seit 15 Jahren und war vor allem im Neubaubereich tätig. Seit die Krise ihn mit voller Wucht getroffen hat, renoviert er aber hauptsächlich Bestandsimmobilien.
Aktuell baut er den Keller eines Hauses von 1974 aus. "So eine Krise wie in den vergangenen Jahren habe ich noch nie erlebt, das war definitiv existenzbedrohend", sagt er auf der Baustelle. Aufgeben sei aber nie eine Option für ihn gewesen. "Deswegen habe ich gesagt, wir müssen uns umorientieren, mehr im Sanierungsbereich machen und auch mal Kleinigkeiten annehmen, nicht nur große Bauten!"
Stark gestiegene Bauzinsen
Die Zahlen verschiedener Immobilienunternehmen zeigen, dass diese Entscheidung auch perspektivisch richtig war. Lagen die Bauzinsen 2021 noch bei rund einem Prozent, sind sie heute bei vier Prozent angekommen. Diese deutliche Erhöhung hat auch das letzte bisschen Neubautätigkeit erlahmen lassen.
Der Auftragseingang ging um 21 Prozent zurück. Anders sieht es auf dem Markt der Bestandsimmobilien aus, Experten zufolge kommen aktuell 90 Prozent der verkauften Objekte aus diesem Bereich. "Wenn du heutzutage einen Neubau machen willst, dann musst du eine enorme Summe investieren und kannst die Kosten nicht vernünftig kalkulieren, weil sie so stark schwanken", erklärt Marian Bucevschi. "Wenn du ein Bestandsgebäude für 200.000 Euro kaufst und investierst noch 150.000, dann bist du trotzdem im Vergleich mit einem Neubau günstiger."
Schnäppchen Altbau?
Den Trend beobachtet auch Axel Tausendpfund. Er ist Vorstand des Verbands der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft und vertritt rund 200 Unternehmen aus der Baubranche. Er weiß, der Ansturm auf Altbauten hat noch einen weiteren Grund. So gebe es tatsächlich Preisabschläge von bis zu 30 Prozent, allerdings müsse man da genau hingucken. Diese seien meistens dadurch verursacht, dass der energetische Zustand der Gebäude schlecht sei.
"Die sind nicht gedämmt, haben alte Fenster, ein Dach, das nicht dem Standard von heute entspricht. Sie haben vielleicht noch eine alte Ölheizung im Keller stehen und deswegen muss man wirklich genau hingucken, ob dieses vermeintliche Schnäppchen nicht am Ende zum Euro-Grab wird."
Marian Bucevschi will seinen Handwerksbetrieb noch so lange mit Sanierungsaufträgen über Wasser halten, bis der positive Trend bei den Baumaterialien wieder auf die Auftragslage bei den Neubauten durchschlägt, was Experten zufolge aber noch bis 2025 dauern wird. Dann, so Marian Bucevschis Hoffnung, wird es endlich wieder wie früher.