Probleme von Musikern Wenn der Brexit die Tour verhindert
Auftritte auf dem europäischen Festland sind für britische Musiker seit dem Brexit komplizierter und teurer geworden. Gerade für kleinere Bands sind sie häufig nicht mehr wirtschaftlich.
Mark Pemberton ist der Chef der ABO, der Association of British Orchestras, einer Vereinigung, die die Interessen der Orchester in Großbritannien vertritt. Seine Brexit-Bilanz fällt gemischt aus. Mit der Bewegungsfreiheit der britischen Musikerinnen und Musiker in der EU ist er im Großen und Ganzen zufrieden. "Tendenziell setzen die Länder eine Frist, sagen wir, von bis zu 30 Tagen, in denen man in dem Land ohne Visum arbeiten kann", sagt er. "Aber man muss immer noch Papierkram erledigen, und es gibt auch immer noch Länder, die sagen: 'Nein, Sie brauchen ein Visum, und Sie müssen dafür auch bezahlen'."
Orchester und Opernsänger haben es schwer
Auf einer Konzerttour müsse man sich mit den Regeln jedes einzelnen Landes befassen. Schwierig ist es laut Pemberton für Opernsänger, die häufig sehr lange vor Ort sein müssen, um ihre Stücke einzustudieren. Sie benötigen fast immer ein Visum - was es für die Opernhäuser unbequemer und teurer macht, britische Sängerinnen und Sänger zu engagieren.
Einen ganz entscheidenden Nachteil durch den Brexit sieht Pemberton aber beim Transport der Musikinstrumente. "Das ist der echte Killer. Das ist das, was Orchester wirklich hart getroffen hat", so der ABO-Chef. "Viele unserer Mitglieder haben ihren eigenen Laster, beschäftigen einen Fahrer und transportieren ihre Instrumente. Aber die werden genauso behandelt, wie ein kommerzielles Transportunternehmen, das Supermarktwaren für den Verkauf transportiert."
"Absurde" Odysse der Instrumente
An diesem Punkt habe das Handels- und Kooperationsabkommen die Musikbranche komplett im Stich gelassen, sagt Pemberton und fügt mit Bedauern hinzu, dass diese Regelung auf die EU zurückgehe, die ihren Binnenmarkt habe schützen wollen.
Wenn eines unserer Orchester seinen eigenen Lkw belädt und zu zehn Auftritten auf dem Kontinent startet, kann es mit dem Lkw nur die ersten drei Termine wahrnehmen. Dann muss der Laster nach Großbritannien zurückkehren - was bedeutet, dass alles umgeladen werden muss in einen Lkw, der in der EU registriert ist, um die Lücke zu schließen. Der britische Lkw fährt zurück nach Großbritannien, kommt dann erneut in die EU, nimmt die Ladung wieder auf und absolviert schließlich die letzten drei Termine.
Pemberton findet das "absurd". Zudem sei es wenig umweltfreundlich. Zudem ist es teuer. Erst kürzlich, erzählt er, seien einem Orchester auf diese Weise zusätzliche Transportkosten von 30.000 Pfund entstanden. Der Chef der ABO fürchtet, dass britische Orchester im umkämpften Musikmarkt künftig nicht mehr wettbewerbsfähig sein werden, weil sie von einem Veranstalter mehr Geld verlangen müssten als ein EU-Orchester.
Teure Zollformalitäten
Dass der Brexit die britische Musikindustrie bereits hart trifft, scheint eine Untersuchung der Organisation "Best for Britain" zu belegen. Danach ist die Zahl der britischen Musiker, die in diesem Sommer bei europäischen Festivals auftreten, im Vergleich zu den Jahren 2017 bis 2019 um fast die Hälfte gefallen.
Jon Read von "Project Blackbird" will mit seiner Band im Herbst auf dem Kontinent auftreten. Die Band muss für die nötigen Zollerklärungen, Versicherungen und anderes mehr etwa 1000 Pfund an Zusatzkosten schultern. Aber sie will die Tour trotzdem starten und unter anderem in Geesthacht in Schleswig-Holstein auf der Bühne stehen.
Wir sind in der Lage, die Kosten zu tragen, deshalb wollen wir weiterhin in die EU kommen und spielen. Das ist das Herz eines Musikers. Jüngere Bands oder solche, die das finanzielle Polster nicht haben, werden nicht mehr kommen.
Dabei seien die Gigs auf dem Kontinent für die kleinen Bands sehr wichtig, um den Durchbruch zu schaffen und zu Festivals eingeladen zu werden, sagt Jon. Er kann dem Brexit nichts Gutes abgewinnen.