Chinas Premier Li Keqiang in Berlin Gespräche und nochmals Gespräche
Reden hilft - sowohl im Handelsstreit zwischen der EU und China um billige Solarprodukte als auch in Sachen Syrien. Mit seinem Appell zur Verständigung traf Chinas neuer starker Mann, Li Keqiang, im Kanzleramt auf offene Ohren. Heute redet Li mit der SPD-Spitze.
Von Robert Kiendl, RB, ARD-Hauptstadtstudio
Während draußen in Sichtweite des Kanzleramts Demonstranten lautstark "Freiheit für Tibet" forderten, gab es im Hof von Angela Merkels Amtssitz einen Empfang mit militärischen Ehren für den neuen wichtigen Mann aus Peking.
Seit zweieinhalb Monaten ist Li Keqiang Ministerpräsident. Dass der 57-Jährige auf seiner ersten Auslandsreise als Regierungschef nun ausgerechnet die Bundesrepublik besucht, als einziges EU-Land, weiß die Kanzlerin zu würdigen. "Wir empfinden dies auch als ein Ausdruck der sehr engen Beziehung, die China und Deutschland in den letzten Jahren aufgebaut haben und wir haben vereinbart, dass wir genau diese engen Beziehungen auch weiterentwickeln wollen, intensivieren wollen."
Da ist der sich verschärfende Streit zwischen China und der Europäischen Union mehr als nur ein Schönheitsfehler: Hiesige Hersteller von Solaranlagen stöhnen seit langem über die Billig-Konkurrenz aus der Volksrepublik. Auch in Deutschland sind schon Firmen pleite gegangen. Die EU-Kommission hat den Chinesen Strafzölle angedroht, was die wiederum nicht auf sich sitzen lassen wollen.
Das kann so nicht weitergehen, findet die Kanzlerin. Schließlich ist China für die Bundesrepublik einer der wichtigsten Wirtschaftspartner überhaupt. "Deshalb wird Deutschland auch alles daran setzen, im Bereich des Handels die Konflikte, die wir zum Beispiel im Augenblick in der Solarbranche haben, oder gegebenenfalls auch in der Telekommunikationsbranche, durch möglichst viele Gespräche zu lösen und hier nicht in eine Art von Auseinandersetzung zu verfallen, die zum Schluss nur in gegenseitigen Zollerhebungen endet. Davon halten wir nichts."
Protektionismus in Form von Handelshemmnissen sei jedenfalls keine Antwort, meint Merkel. Das sieht auch ihr Pekinger Amtskollege so. Li Keqiang warnt sogar, wer die Entwicklung chinesischer Unternehmen durch Strafauflagen behindere, gefährde damit letztlich auch Arbeitsplätze in Europa. Einig sind sich Merkel und Li darin, dass man nur durch Gespräche, Gespräche und nochmals Gespräche weiterkomme in diesem Konflikt.
Miteinander reden - das würde in den Augen des neuen chinesischen Premierministers übrigens auch in Sachen Syrien helfen. Bisher wird Lis Regierung im Westen heftig kritisiert, weil sie genau wie Russland einen höheren Druck auf den syrischen Präsidenten Baschar al Assad blockiert. Die Lage in Syrien sei "sehr besorgniserregend". China setze sich für eine politische Lösung am Verhandlungstisch ein. Li ermuntert daher sowohl Syriens Machthaber als auch die verschiedenen Gegner Assads, sich an der geplanten internationalen Konferenz für das Bürgerkriegsland zu beteiligen.
Und die Menschenrechte bei Li zu Hause in China - das Dauerthema? Dazu äußert sich der Staatsgast im Kanzleramt nur vage, aber dennoch unmissverständlich. China und Deutschland hätten nun mal eine unterschiedliche Geschichte und in gewissen Fragen unterschiedliche Ansichten. Es gebe einen ehrlichen, offenen Meinungsaustausch. Diplomatische Worte, die wohl im Grunde aber bedeuten: keine Einmischung bitte von außen.
Heute trifft sich der Kommunist Li Keqiang unter anderen mit dem Sozialdemokraten Helmut Schmidt. Der 94-jährige Altkanzler hatte wiederholt Verständnis signalisiert für die rigide Menschenrechtspolitik der chinesischen Führung - mit genau dem Argument, das im Grunde auch Lis ist: Man könne deutsche Standards nicht einfach auf China übertragen.