Ein Jahr nach Drehbuchautoren-Streik Wie viel Künstliche Intelligenz schon in Filmen steckt
Vor einem Jahr wehrten sich Filmschaffende in den USA mit Streiks und Protesten dagegen, durch KI ersetzt zu werden. Was hat sich seitdem getan und wo ist Künstliche Intelligenz im Film schon zu finden?
Der Indie-Film "Civil War" feierte im April Premiere. Kirsten Dunst spielt darin eine Kriegsfotografin im eigenen Land, denn die USA befinden sich im Bürgerkrieg. Der Film selbst wurde nicht mit Künstlicher Intelligenz (KI) produziert. Dafür aber einige Filmposter. Auf denen sieht man etwa ein komplett zerstörtes Las Vegas oder Militärschiffe auf dem Chicago River - Szenen, die mit KI-Software erstellt wurden.
"Auf den ersten Blick sehen die meisten Sachen sehr gut aus, erst beim genaueren Hinschauen stellt man merkwürdige Dinge fest", sagt Sam Tung. Er hat als Illustrator und Animationskünstler unter anderem für Filme wie "Iron Man 3" gearbeitet. Als Mitglied der Animationsgewerkschaft kämpft er derzeit für neue Regeln im Umgang mit KI.
Seltsame Details fallen auf
KI-Videogeneratoren wie Sora von OpenAI können bereits fast einminütige Videos erstellen, die extrem realistisch wirken. Eine Frau läuft durch Tokio, ein Geländewagen rast durch einen Dschungel. Scheinbar historische Aufnahmen von Kalifornien zeigt die Firma stolz als Beispiele auf ihrer Webseite.
Aber: "Das Licht wirkt meist komisch. Dann schaust du die Details an und denkst: Oh, die Hände der Frau sehen aus, als würden sie mit ihrem Gürtel verschmelzen", sagt Tung.
Angst vor Stellenabbau in großem Stil
Bei den Filmpostern von "Civil War" haben Fans solche Merkwürdigkeiten entdeckt. Ein Auto mit drei Türen zum Beispiel. Trotz dieser Fehler sei KI offenbar trotzdem attraktiv im Filmgeschäft, sagt Sam Tung: "Für einen skrupellosen Produzenten, der Geld sparen will, kann das gut genug sein. Es kann billiger sein, die KI kann schneller und mehr Bilder produzieren als ein menschlicher Künstler. Der Jobverlust ist ein sehr reales Problem."
Die Schauspielerin Kirsten Dunst vor einem Filmplakat zu "Civial War".
Zum Beispiel für Storyboard-Künstler und Konzept-Künstler. Deren Grafiken und Illustrationen sind in Serien und Filmen oft selbst nicht zu sehen, sie helfen aber mit, zum Beispiel um einen bestimmten Look und ein Gefühl für den Film zu entwickeln.
Die Animations-Gewerkschaft hat in einer Studie untersuchen lassen, wie Künstliche Intelligenz Jobs in der Filmbranche beeinflussen wird. Das Ergebnis: In den nächsten drei Jahren könnten fast 204.000 Stellen wegfallen.
Proteste von Filmschaffenden
Vor rund einem Jahr wehrten sich die Drehbuchautoren und Schauspieler gegen den Einfluss von Künstlicher Intelligenz - sie hatten die Befürchtung, dass Programme Drehbücher schreiben und KI-generierte Avatare Schauspieler ersetzen könnten.
Erstmals wurden dann Regeln zum Umgang mit KI in die Tarifverträge geschrieben. Zum Beispiel müssen Schauspieler nun zustimmen, wenn ihr Gesicht und Körper gescannt werden, um eine digitale Kopie zu erstellen. Von verstorbenen Darstellern dürfen nur Kopien verwendet werden, wenn die Familie, der Nachlass oder die Gewerkschaft zustimmt.
"Das ist eine Grundlage für den Rest des Jahrhunderts", sagte die Präsidentin der Schauspiel-Gewerkschaft, Fran Drescher. Der Vertrag bilde mindestens eine Grundlage auch für andere Film-Gewerkschaften wie IATSE, die derzeit einen neuen Vertrag aushandeln.
Doch die Regeln heißen nicht, dass automatisch alles gut läuft. Das mussten zum Beispiel Paul Skye Lehrman und Linnea Sage feststellen. Beide sind Schauspieler und Profi-Sprecher und sagen, die KI-Firma Lovo habe ohne Erlaubnis ihre Stimmen geklont und benutzt, ohne dafür zu zahlen: "Wir waren im Auto, haben einen Podcast über KI-Stimmen gehört - und die KI-Stimme, die dafür als Beispiel benutzt wurde, war meine", so Lehrman im Interview mit Fox Business. Stimmen lassen sich besonders authentisch nachbauen, werden immer menschlicher. Beide klagen jetzt gegen Lovo.
Streit um KI-Stimme mit Scarlett Johanssen
Ähnliche Erfahrungen hat auch Schauspielerin Scarlett Johansson gemacht - sie wirft der Firma OpenAI vor, dass ChatGPT eine KI-Stimme nutze, die ihrer extrem ähnlich sei. Sie schaltete ihre Anwälte ein, die Stimme wurde vorerst pausiert. Viele fühlten sich sofort an den Hollywoodfilm "Her" erinnert, in dem Johansson tatsächlich eine KI-Stimme spielt.
Kopiert die Wirklichkeit nun Hollywood, oder sind die Filme ihrer Zeit voraus? Schauspielerin Sage betont: Das Problem betrifft nicht nur die Filmindustrie. "Wenn eine große Firma das mit Scarlett Johansson machen kann, ist es nur logisch, dass kleine Firmen das mit weniger bekannten Menschen machen können - so wie uns. Irgendwann ist es deine Stimme, die deiner Mutter, deiner Freundin", sagt sie.
"Wir wollen einerseits für bessere Gesetze und Schutz werben und auf der anderen Seite aufrütteln und aufklären: Überlegt euch Codewörter, um Freunde und Familie am Telefon zu erkennen. Es klingt dystopisch und weit weg, aber es ist jetzt."