Der CEO von Alphabet, Sundar Pichai, hält eine Rede vor einer Leinwand mit der Aufschrift "AI".
analyse

Wettbewerb mit China Warum die USA im KI-Rennen vorne liegen

Stand: 04.07.2024 09:11 Uhr

In Shanghai startet heute Chinas größte Konferenz für Künstliche Intelligenz. Das Land will aufholen, denn noch haben die USA bei der Technologie die Nase vorne. Warum das so ist - und sich doch ändern könnte.

London Breed, die Bürgermeisterin von San Francisco, spricht im Frühjahr auf einer Veranstaltung über neue Firmen, die sich in der Stadt ansiedeln. "Wir schließen neue Mietverträge ab - führend sind dabei KI-Firmen", sagt Breed. "Vorhersagen zufolge sollen diese Firmen bis 2030 über eine Million Quadratmeter an Büroflächen mieten."

Das ist wichtig für San Francisco, denn seit der Corona-Pandemie haben viele Firmen die Stadt verlassen, viele Büros stehen leer. Der Boom um Künstliche Intelligenz hilft, denn neue KI-Firmen gibt es in den USA so viele wie in keinem anderen Land der Welt. Knapp 900 waren es allein im vergangenen Jahr. Auf Platz zwei: China mit 122, in Deutschland waren es 76 neue KI-Startups. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Stanford.

USA liegen bei Investitionen vorne

Auch bei den Investitionen liegen die USA weltweit mit großem Abstand vorne. Fast 70 Milliarden Dollar haben private Firmen im vergangenen Jahr in den USA investiert, um Künstliche Intelligenzen zu entwickeln - neun Mal mehr als in China.

Die Entwicklung und der Betrieb führender KI-Modelle kosten extrem viel Geld. Das Training von GPT-4, dem Modell hinter ChatGPT, hat zum Beispiel knapp 80 Millionen US-Dollar, Googles Gemini Ultra sogar mehr als 190  Millionen gekostet. Die meisten und stärksten KI-Modelle stammen aktuell aus den USA. Deshalb benutzen auch chinesische Firmen US-Modelle für ihre KI-Produkte, zum Beispiel das frei verfügbare "LLaMA" von Meta.

Kein großes Gesetz, kaum Regulation

Ein weiterer Vorteil von US-Firmen im KI-Wettbewerb ist die Regulierung. Denn die hält sich in den USA in Grenzen. Ein großes, auf KI abgestimmtes Gesetz wie den "KI-Act" der Europäischen Union gibt es in den USA noch nicht. Verordnungen sind auch eher vage. 

"China war in der politischen Debatte in den USA ein Grund, bisher nicht zu regulieren", sagt Gregory Allen, Direktor am Wadhwani Zentrum für Künstliche Intelligenz in Washington. "Das ist immer wieder ein Argument im US-Kongress: Wenn wir unsere Firmen durch Regulierung lähmen - könnte China dadurch einen Vorteil haben?"

Chinesische Startups weichen nach Singapur aus

In China gibt es im Vergleich zu den USA strengere Regeln. KI-Firmen müssen zum Beispiel sicherstellen, dass KI generierte Inhalte der Linie der Staats- und Parteiführung entsprechen. Chinesische Startups haben deshalb ihren Sitz auch schon nach Singapur verlegt. Da macht der Staat weniger Vorgaben - vor allem gibt es in Singapur aber Zugang zu KI-Chips.

Die US-Firma Nvidia entwickelt die zur Zeit fortschrittlichsten KI-Chips, die sie nicht nach China verkaufen darf. Das hat die US-Regierung verboten. Hergestellt werden diese Spitzen-Chips in Taiwan. Wenn die Spannungen zwischen China und Taiwan zunehmen, könnten Lieferketten reißen. Das wäre ein Problem für die KI-Industrie weltweit. 

Kann China aufholen?

In den USA fragen sich viele, ob China aufholen kann. Das Land befinde sich im KI-Bereich im Vergleich zu den USA bis zu drei Jahre im Rückstand, schätzen Fachleute in US-Medien. Sie erkennen aber auch an, dass China große Fortschritte macht.

Die Volksrepublik hat viele gut ausgebildete KI-Fachleute und liegt auch weltweit bei der Anzahl der eingereichten Patente vorne. Wegen der Beschränkungen der USA versucht China außerdem, eigene KI-Chips zu entwickeln, die mit den Besten mithalten können.

Eine der wichtigsten Firmen sitzt in den Niederlanden

Eine der wichtigsten Firmen im Wettrennen um die besten Chips hat ihren Sitz in den Niederlanden: ASML. Sie ist die weltweit einzige Firma, die Maschinen baut, mit denen die besten Chips hergestellt werden können. Diese darf ASML aber nicht nach China verkaufen, darauf haben sich die niederländische und die US-Regierung verständigt.

Das könnte China noch mehr anspornen, aufzuholen - meint der Firmenchef von ASML, Christophe Fouquet. Der hat kürzlich dem Wall Street Journal gesagt: "Je mehr Einschränkungen man macht, desto mehr lädt man die Leute ein, es selbst zu tun."

Nils Dampz, ARD Los Angeles, zzt. San Francisco, tagesschau, 04.07.2024 00:07 Uhr