LED-Werbung in Städten Wie viel Strom Reklametafeln verschlingen
Die Deutschen sollen Energie sparen. Gleichzeitig sind menschenleere Fußgängerzonen nachts hell erleuchtet, auch durch LED-Displays. Dagegen regt sich zunehmend Widerstand.
Der Düsseldorfer CDU-Stadtrat Andreas Schröder will mit seiner Fraktion und den Grünen die Lichtverschmutzung und die Energieverschwendung in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt eindämmen. Dazu zählt für ihn gerade auch die Lichtwerbung, die nachts, oft unnötig, völlig menschenleere Plätze ausleuchtet. Noch ist die Düsseldorfer Initiative allerdings eine seltene Ausnahme.
Obwohl die Lichterflut überall Jahr für Jahr zunimmt und nicht nur Energie verschwendet, sondern auch Mensch und Natur schadet. Ob an Bushaltestellen, in Fußgängerzonen oder am Straßenrand, an vielen Orten der Düsseldorfer Innenstadt finden sich inzwischen Werbebanner und Litfaßsäulen mit wechselnden Plakaten, die nachts von hinten angestrahlt werden und so zur Lichterflut beitragen.
Zunehmend werden sie an zentralen Stellen durch digitale Werbetafeln ersetzt - LED-Displays von zwei bis neun Quadratmeter Größe. Sie stehen in Bahnhöfen, Einkaufszentren, Flughäfen, aber auch an Verkehrsknotenpunkten, wo sie gegen das Tageslicht anleuchten müssen. Noch im vergangenen Jahr planten nach einer Befragung der Universität Sankt Gallen drei Viertel aller deutschen Städte, ihre kommerziellen Werbeflächen zu modernisieren oder zu digitalisieren.
Hoher Stromverbrauch der digitalen Werbung
Wie hoch der Stromverbrauch der verschiedenen analog und digital beleuchteten Displays ist, verraten die beiden Marktführer für Außenwerbung, die Firmen Ströer und Wall, nicht. Dem WDR wurden allerdings interne Dokumenten der Firma Wall zugespielt. Daraus geht hervor, dass ein großes LED-Werbedisplay, verglichen mit einem hintergrundbeleuchteten Plakat, mehr als hundertmal so viel Strom verbraucht. Pro Jahr entspricht das dem Verbrauch von etwa zehn Single-Haushalten.
Auf Datenbasis des Fachverbands Außenwerbung, der den Stromverbrauch wichtiger Displaygrößen nennt, und der Düsseldorfer Agentur Crossmedia, welche die Anzahl der digitalen Displays in Deutschland nennt, hat das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung RWI für den WDR den Stromverbrauch der digitalen Werbung schätzungsweise errechnet.
Das Institut geht davon aus, dass digitale Werbedisplays in Deutschland rund 113.000 Megawattstunden verbrauchen. Das entspricht dem Verbrauch von fast 40.000 Zwei-Personen-Haushalten, wofür 28 Windkraftanlagen betrieben werden müssen.
Gesundheitsrisiken durch Lichtverschmutzung
Das scheint wenig angesichts des gesamten deutschen Stromverbrauchs, der nach Angaben des Branchenverbands BDEW im vergangenen Jahr bei rund 508 Milliarden Kilowattstunden lag. Aber für CDU-Stadtrat Andreas Schröder muss die Lichtwerbung dennoch auf den Prüfstand, weil jede eingesparte Kilowattstunde in dieser Zeit zähle und Werbung nicht existenziell nötig sei.
Ähnlich sieht das auch Franz Hölker, aber nicht nur wegen der Energieverbrauchs. Er hat, zusammen mit anderen Experten, für den Bundestag die Folgen der Lichtverschmutzung untersucht. Das zentrale Ergebnis: Beim Menschen wird durch nächtliches Licht der Schlaf-Wach-Rhythmus gestört und zudem der Blutdruck und die Körpertemperatur beeinflusst.
Das, so Experte Hölker, könne zu Herz-Kreislauf-Problemen führen, sogar zu Depressionen. Zudem belegten erste Studien, dass Lichtverschmutzung mit dem Auftreten verschiedener Krebserkrankungen einhergehe.
Insekten werden orientierungslos
Aber nicht nur beim Menschen sind die Schäden durch die zunehmende Lichterflut erheblich. Sie stört auch in erheblichem Maße die Umwelt. Insekten werden zum Beispiel durch Lichtquellen mit blauem Spektrum orientierungslos und wie von einem Staubsauger angezogen. Sie fliegen dann bis zur völligen Erschöpfung gegen die Lichtquellen und sterben.
Hölker zufolge fehlen diese Insekten dann in den Ökosystemen als Bestäuber und als Nahrungsgrundlage für Vögel, Amphibien und Fische, aber auch für andere Insekten wie Spinnen. Die Tiere könnten nicht mehr helfen, organisches Material abzubauen und diese Nährstoffe wieder anderen Organismen zur Verfügung zu stellen.
Das Geschäft boomt
Von den Marktführern bei elektrischer Außenwerbung, Ströer und Wall, heißt es, der Stromverbrauch durch digitale Werbedisplays werde verringert oder neutralisiert, indem sie mit Ökostrom gespeist, optimal gedimmt und nachts oft sogar ausgeschaltet würden. Aus kommunaler Sicht lieferten die Displays wichtige Stadtinformationen, argumentiert Kai-Marcus Thäsler vom Fachverband Außenwerbung.
Der Düsseldorfer Stadtrat Andreas Schröder sieht diese Funktion zwar auch, in erster Linie seien es aber Werbeanlagen, die auch so finanziert würden. Der Anteil der digitalen Werbeflächen am Gesamtumsatz der Außenwerbung ist in den vergangenen vier Jahren von 24 auf 36 Prozent gestiegen. Das geht aus Zahlen der Nielsen Company Germany hervor.
Und von der Werbewirtschaft wird ein weiterer Anstieg erwartet. Nachvollziehbar, denn das Geschäft boomt - auch weil mit digitalen Displays sehr viel mehr Kunden erreicht werden können als bei klassischer Außenwerbung.
Welche Möglichkeiten Städte haben
Ganz verbieten will CDU-Mann Schröder digitale Anlagen nicht. Aber er will die Uhrzeiten, zu denen die Banner leuchten dürfen, und deren Beleuchtungsintensität einschränken. Zudem solle die Werbung nachts grundsätzlich abgeschaltet werden.
Dies sind nur einige Punkte von einer langen Liste, um die Schäden durch beleuchtete Werbung zu verringern. Die Städte hätten gute rechtliche Möglichkeiten, Werbung im öffentlichen Raum einzuschränken, sagt Schröder. Bei der Werbung auf privatem Grund könne man dagegen nur an die Unternehmen appellieren, Energie und damit Licht einzusparen.