Minister in Südamerika Gesucht: Wasserstoff und Freihandel
Bundeswirtschaftsminister Habeck und Agrarminister Özdemir sind derzeit in Südamerika unterwegs. Im Mittelpunkt stehen die Themen nachhaltige Energie und nachhaltige Handelsbeziehungen.
Ortstermin Belo Horizonte in Brasilien. Hier hat die deutsche Firma Neuman & Esser eine Niederlassung gegründet. Was hier gebaut wird, ist das, was viele wollen. "Wir haben uns hier in Brasilien zur Auflage gemacht, die Elektrolyse und die Herstellung von grünem Wasserstoff zu unterstützen", sagt Alexander Peters, der Chef der Firma. Wollte man es übertreiben, würde man sagen: Hier wird Zukunft gebaut. Noch plant die Firma allerdings eher mit kleinen Maschinen, die aus Wasser und Strom Wasserstoff machen können.
"Phantastische Gebiete für Solar und Wind"
Dieses Gas ist ein Grund, warum Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck den Weg nach Brasilien auf sich genommen hat. Deutschland braucht mittelfristig grünen Wasserstoff, um Gas zu ersetzen und den CO2-Ausstoß runterzubekommen. Grün bedeutet: Der Umwandlungsprozess muss mit Erneuerbaren Energien ablaufen - also Strom aus Wind, Sonne oder Wasserkraft.
Der Prozess funktioniere in Brasilien besonders gut, sagt der Wirtschaftsminister: "Das liegt vor allem an den großen Mengen an Wasserkraft, die hier verfügbar sind." Deswegen habe Brasilien bereits etwa 80 Prozent seines Energiemix dekarbonisiert. "Da können wir nur eifersüchtig drauf gucken. Die haben in Brasilien fantastische Gebiete für Solar und Wind, mit die besten auf der Erde, sehr günstige Produktionsbedingungen."
Beim Thema Wasserstoff geht es hier also um zwei Dinge: Deutsche Firmen wollen auf der einen Seite Technologie liefern und an der Erzeugung beteiligt werden; auf der anderen Seite geht es aber auch um den Import von grünem Wasserstoff nach Deutschland.
Die Konkurrenz hat noch die Nase vorn
Außerdem sollen die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Brasilien und anderen südamerikanischen Ländern wie Kolumbien ganz grundsätzlich ausgeweitet werden - auch, um zum Beispiel Fachkräfte für Deutschland gewinnen zu können.
Doch ganz so einfach ist es nicht. Deutschland ist nicht das einzige Land, das in Brasilien oder seinen Nachbarstaaten vorstellig wird. Vor allem China sei hier schon sehr präsent, sagt die Chefin der deutschen Außenhandelskammer in Sao Paulo, Barbara Konner. "China ist schon seit vielen Jahren wichtigster Handelspartner und wichtigster Investor in Brasilien, und für die deutsche Wirtschaft ist es sehr wichtig, dass die Rahmenbedingungen - zum Beispiel durch ein EU-Mercosur-Abkommen - attraktiver werden."
Es droht also ein Wettlauf um die Gunst der Lateinamerikaner. Zentral wird dabei das Freihandelsabkommen Mercosur. Es soll Zölle abbauen und mehr Handel ermöglichen. Eigentlich ist es seit Jahren fertig verhandelt. Unter Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro war ein Abschluss aber nicht machbar.
Viel Gesprächsbedarf bei Mercosur
Ob das jetzt funktioniert, ist aber auch noch unsicher. Für den grünen Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, der auf der Reise nach Südamerika auch dabei ist, geht es vor allem darum, dass Naturschutz in einem solchen Vertrag fest verankert wird. "Der Nachhaltigkeitsgedanke muss nochmal gestärkt werden", betont er - und die Verantwortlichen in Brasilien hätten ihrerseits Punkte angesprochen, die sie öffnen und neu diskutieren wollten.
Zum Verhandeln gehören aber immer mindestens zwei. Wie viel Brasilien und die anderen Mercosur-Staaten sich reinreden lassen, ist offen. Brasilien wiederum will seine mittelständischen Firmen besser schützen. Es gibt also viel zu verhandeln. Dass es schwierig wird, zeigt schon, dass seit Monaten ein deutscher Politiker nach dem anderen nach Lateinamerika fliegt, um den Weg für das Abkommen zu ebnen - ob Habeck und Özdemir entscheidend weiterkommen, werden die nächsten Tage zeigen.