Treffen der Eurogruppe in Breslau Dialog unter Freunden mit Dissonanzen
Die Euroländer wollen sich in der Schuldenkrise nicht belehren lassen. US-Finanzminister Geithner blitzte mit seinen Ratschlägen beim Treffen der Finanzminister in Breslau ab. Die Eurogruppe verschob auch die Entscheidung über die Auszahlung der nächsten Tranche für Griechenland auf Oktober.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Als einen Dialog unter Freunden hat Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker die überhaupt erste gemeinsame Runde zwischen den Euro-Finanzministern und einem US-Finanzminister bezeichnet. Allerdings war es eine Premiere mit magerem Ergebnis. Beide Seiten wollten ihre Reaktion auf die Schwierigkeiten der Weltwirtschaft aufeinander abstimmen, so Juncker. Aber genau so hatte man das schon auf dem G7-Treffen vor einer Woche in Marseille gesagt. "Es gab also nichts Neues", fasste Juncker den Tag zusammen.
US-Finanzminister Tim Geithner hatte allerlei gute Ratschläge im Gepäck, die alle darauf hinausliefen, dass die Europäer mehr Geld in die Hand nehmen, um die Schuldenkrise einzudämmen und die erlahmende Konjunktur wieder anzuheizen.
Juncker ließ aber durchblicken, dass es sich da eher um unerbetene Ratschläge handelte. Über die Aufstockung des Euro-Rettungsschirms verhandle man nicht mit jemanden, der gar nicht Mitglied der Eurozone sei. Was die staatlichen Konjunkturspritzen betraf, zeigte sich Juncker ablehnend. "Wir haben keine haushaltspolitische Marge, die zuließe, das wir das täten. Das würde die haushaltspolitische Konsolidierung, die jetzt Gott sei Dank in Fahrt gekommen ist, wieder einknicken lassen. Das werden wir nicht tun", sagte er.
Europa und Amerika uneins
Offensichtlich war die Stimmung unter den Freunden gar nicht so harmonisch. Jedenfalls berichtete Österreichs Finanzministerin Maria Fekter von einem lebhaften Wortwechsel zwischen Geithner und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Schäuble machte klar, dass man nicht unbegrenzt Steuergelder in die Rettung von Banken und Schuldenstaaten pumpen könne. Stattdessen wäre eine Finanztransaktionssteuer der richtige Weg, um Geld aus den Märkten selbst abzuschöpfen und sie zur Stabilisierung des Finanzsystems einzusetzen. "Das hat er aber strikt abgelehnt, der Herr Geithner", berichtete Fekter. "Uns zu erklären, was wir zu zu tun haben mit Steuergeldern, und gleichzeitig einer guten Maßnahme eine Absage zu erteilen - das habe ich nicht als gerechtfertigt empfunden", fügte sie hinzu.
"Zur Rasierklinge gegriffen"
Jean-Claude Juncker schob eine recht eigenwillige Definition des Dialogs unter Freunden mit Geithner nach. "Er hat uns, wie man auf Deutsch sagt, nicht den Bart gemacht, ansonsten hätten wir auch zur Rasierklinge gegriffen." Also nichts Neues im transatlantischen Fingerhakeln.
Wenig Neues konnte Juncker auch von den diversen Baustellen der Eurokrise vermelden. Man habe die neuen Sparverpflichtungen der griechischen Regierung begrüßt. Aber über die Auszahlung der nächsten Milliardentranche aus dem Hilfsprogramm könne erst entschieden werden, wenn die Finanzexperten von EU und IWF Griechenland die volle Einhaltung der Sparziele bescheinigt hätten. Ursprünglich war die Auszahlung der acht Milliarden Euro für September vorgesehen, jetzt ist Ende Oktober im Gespräch. Dann ist der griechische Staat aber schon wieder am Rand der Zahlungsunfähigkeit angekommen.
"Man hat sich redlich bemüht"
Aber die offizielle Linie heißt weiter, Augen zu und durch. Auf die Frage, ob die Finanzminister denn bei der Bekämpfung der Schuldenkrise auf dem richtigen Weg sind, sagte Juncker trocken: "Auf dem Grabe von Willy Brandt steht: Man hat sich redlich bemüht."