Kritik an hohem Exportüberschuss Deutschland weist EU-Rüge zurück
Die Deutschen sind stolz auf ihre Exporte, doch die EU-Kommission sieht den Handelsüberschuss des Musterschülers kritisch: Das deutsche Plus schade der Wirtschaft in den Nachbarländern - so die Analyse. Die Bundesregierung weist die Kritik aus Brüssel zurück.
Der anhaltend hohe Exportüberschuss Deutschlands stellt nach Ansicht der EU-Kommission ein Risiko für die europäische Wirtschaft dar. Deutschland müsse handeln, um die Nachteile für die deutsche und europäische Wirtschaft zu verringern, forderte die Kommission in Brüssel.
"Die Leistungsbilanz weist einen anhaltenden Überschuss auf sehr hohem Niveau aus", heißt es in der Analyse zu wirtschaftlichen Ungleichgewichten in der Euro-Zone. "Das spiegelt eine hohe Wettbewerbsfähigkeit wider, ist aber auch ein Zeichen für ein anhaltend gedämpftes Binnenwachstum und dafür, dass Ressourcen nicht effizient eingesetzt werden." Angesichts der Größe der deutschen Wirtschaft gebe es erheblichen Handlungsbedarf.
Bundesregierung weist EU-Vorwurf zurück
Die Bundesregierung wies die Kritik an der deutschen Außenwirtschaft zurück: Es gebe keine Anzeichen dafür, dass deutsche Exportüberschüsse den anderen Euro-Ländern schaden würden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.
EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn hatte bereits vor der Veröffentlichung betont: "Wir kritisieren nicht Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit oder seine Erfolge auf dem Weltmarkt." Genau das wolle man von allen Mitgliedsstaaten sehen. Allerdings sei es nötig, die Binnennachfrage zu stärken - zum Beispiel durch die Senkung der Abgaben für Geringverdiener und Investitionen in die Infrastruktur.
Kritik auch an Italien und Frankreich
Was die Deutschen zu viel exportieren, müssen die Krisenländer mit höheren Schulden bezahlen. Wegen des hohen Defizits stellte die EU-Kommission Italien unter Beobachtung: "Italien muss sein sehr hohes Niveau der Staatsverschuldung und die schwache Wettbewerbsfähigkeit in Angriff nehmen", heißt es in der Analyse. Beides sei für die schwache Konjunktur mitverantwortlich.
Angesichts der Größe der italienischen Wirtschaft - sie ist die Nummer drei der Währungsunion - bestehe "Bedarf für entschiedenes Handeln". Die bisher eingeleiteten Schritte seien unzureichend. Auch von Frankreich forderte die Kommission mehr Anstrengungen beim Schuldenabbau. Kaum Fortschritt gebe es zudem bei der Wettbewerbsfähigkeit, die hohen Arbeitskosten würden die Gewinnmargen der Unternehmen drücken.
Gegen 16 Länder laufen EU-Verfahren
Die europäischen Ungleichgewichte-Verfahren sind Teil der wegen der Krise verschärften Wirtschaftsaufsicht in der Eurozone. Gegen insgesamt 16 Länder laufen solche Verfahren - wegen zu hoher Arbeitskosten, mangelnder Exportkraft oder ausufernder Immobilienpreise.
Deutschland muss allerdings außer mahnenden Worten nicht viel befürchten. Finanzminister Schäuble hatte durchgesetzt, dass Exportüberschussländer nicht mit Geldbußen bestraft werden können.