Erholung im Fahrradhandel Jedes zweite verkaufte Rad ist ein E-Bike
In der Pandemie waren Fahrräder schwer gefragt - und zeitweise kaum zu bekommen. Doch die Branche hat sich erholt. Für gute Geschäfte sorgen weiterhin E-Bikes. Und: Der Trend geht zum Zweitrad.
"Der Siegeszug des E- Bikes ist unaufhaltbar", sagt Burkhard Stork vom Zweirad- Industrieverband (ZIV). Jedes zweite Fahrrad, das in Deutschland verkauft wird, ist ein E-Bike. Fahrräder mit Elektromotor sind deutlich teurer als klassische Räder. Während die im Durchschnitt nur 500 Euro kosten, schlägt ein E-Bike im Schnitt mit 2800 Euro zu Buche.
Keine Fahrerlaubnis nötig
Elektrofahrräder dürfen ohne Führerschein, Helm und Schutzausrüstung gefahren werden. Die Motoren von E-Bikes dürfen dabei höchstens 25 Stundenkilometer bringen. Bereits im Sommer vergangenen Jahres hat das Statistische Bundesamt Unfälle ausgewertet. Die Gefahr, auf einem E-Bike zu verunglücken, sei weit größer als auf einem Fahrrad, hieß es. Unfälle seien zudem "häufig schwerwiegender als Unfälle mit Fahrrädern ohne Motor".
2021 wurden in Deutschland 131 Verkehrstote durch E-Bike-Unfälle gezählt. Bei einem Drittel der E-Bike-Unfälle sind keine weiteren Personen beteiligt. Das zeigt, dass die Räder oft nicht beherrscht werden.
Man wolle den derzeitigen verkehrsrechtlichen Status "durch nichts, was wir tun, gefährden", sagt Stork. "Wenn wir das täten, wäre der E-Bike-Boom ganz schnell vorbei. Dann verlieren wir den Massenmarkt zugunsten eines viel, viel, viel kleineren Nischenmarktes. Das werden wir nicht tun, um unsere Industrie, aber auch die Verkehrswende zu schützen."
"Klarer Trend zum Zweitrad"
Vergangenes Jahr wurden in Deutschland insgesamt sieben Millionen Fahrräder verkauft, was dem Handel knapp 7,4 Milliarden Euro Umsatz brachte. Alte Räder werden massenhaft durch neue ersetzt, die Neuen sind oft teure E-Bikes, außerdem haben engagierte Radfahrer oft mehrere Räder.
Anke Schäffner vom ZIV spricht von einem "klaren Trend zum Zweitrad". Drei Viertel des Geschäfts machen Fachhändler. Reine Onlinehändler und Billigware in Baumärkten und Supermärkten haben nur geringen Marktanteil.
Massiver Mangel in der Pandemie
Im vergangenen Jahr herrschte bei Händlern und Werkstätten monatelang massiver Mangel. Durch gestörte Lieferketten, hohe Krankenstände und große Nachfrage während der Pandemie gab es vielerorts weder Ersatzteile noch neue Räder zu kaufen. Im Herbst 2022 lösten sich viele Branchenprobleme schlagartig. Zum Ende der Saison wurden Hersteller wieder lieferfähig. Nun stehen nach Angaben des ZIV 820.000 Fahrräder in den vollen Lagern der Händler und warten auf Käufer.
Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass seit Jahren vier von fünf Haushalten in Deutschland mindestens ein Fahrrad haben. Gut ein Drittel der Deutschen nutzen Fahrräder für alltäglichen Transport. Damit liegen die Deutschen im internationalen Vergleich vorn, wie Daten der Behörde Eurostat zeigen.
Massenware kommt aus Asien
Viel weiter vorn sind freilich die Niederlande, wo 61 Prozent der Menschen im Alltag Rad fahren. Das Nachbarland spielt für die deutsche Fahrradindustrie eine große Rolle. Mehr als jedes fünfte Rad, das exportiert wird, geht in die Niederlande. Bei E-Bikes ist es gar jedes vierte Rad. "Deutschland ist ein wichtiger Produktionsmarkt", sagt Stork. Das gilt aber nur für Hersteller hochwertiger Ware.
Unternehmen, die in Deutschland Fahrräder für den Massenmarkt herstellen, sind in den vergangenen Jahren regelmäßig pleite gegangen. Billige Räder kommen aus Asien. Im vergangenen Jahr wurden 3,1 Millionen Fahrräder und 2,2 Millionen E-Bikes importiert. Deutsche Hersteller exportierten dagegen nur eine Million Räder und 770.000 E-Bikes. Das zeigen vorläufige Zahlen der amtlichen Außenhandelsstatistik.