Grüne Geldanlage Nachhaltigkeitsampel mit Schwächen
Die Bundesregierung will künftig Finanzprodukte mit einer "Nachhaltigkeits-Ampel" kennzeichnen. Privatanleger sollten sich laut Experten bei ihrer Anlageentscheidung aber nicht nur darauf verlassen.
Bio-Lebensmittel, Öko-Strom, Plastik-Verzicht - das Thema Nachhaltigkeit nimmt im Alltag einen immer höheren Stellenwert ein. Auch bei der Geldanlage wächst der Wunsch der Verbraucher nach nachhaltigen Finanzprodukten. Laut einer Studie der Postbank ist für fast jeden zweiten Deutschen (44 Prozent) die soziale und ökologische Nachhaltigkeit bei der Geldanlage ein wichtiger Aspekt.
Neue "Green Bonds" geplant
Die Bundesregierung dürfte daher mit ihrem neuen Vorhaben bei Anlegern einen Nerv treffen. Das Kabinett brachte nun die erste deutsche Strategie für Nachhaltige Finanzierung ("Sustainable Finance") auf den Weg. Diese listet 26 Einzelmaßnahmen auf, darunter eine Pflicht zu umfassenden Nachhaltigkeitsberichten für börsennotierte und große Unternehmen.
Der Bund will überdies seine Aktienanlagen in nachhaltige Produkte umschichten und nach dem Erfolg seiner ersten beiden grünen Anleihen weitere "Green Bonds" auf den Markt bringen.
Bessere Orientierung für Verbraucher
Zudem sollen künftig Finanzanlagen mit einer "Nachhaltigkeitsampel" gekennzeichnet werden. Privatanleger sollen so grüne Investments leichter erkennen können. Experten fordern schon seit langem Regeln für nachhaltige Geldanlagen. Sie argumentieren, eine gesetzliche Definition würde Verbrauchern Sicherheit und Orientierung geben über die ESG-Kriterien hinaus.
Reicht ein gutes Gewissen?
"Eine gesetzliche Definition nachhaltiger Geldanlagen ist eine klare Erleichterung für Verbraucher", erklärt Dorothea Mohn, Leiterin Team Finanzmarkt der Verbraucherzentrale Bundesverband gegenüber tagesschau.de. "Allerdings sagt sie noch nichts darüber aus, inwieweit eine Anlage tatsächlich hilft, in der Realwirtschaft einen Nachhaltigkeitseffekt zu erzeugen."
Verbraucher müssten sich daher weiterhin die Frage stellen: "Reicht es mir für mein eigenes gutes Gefühl, wenn ich etwa Kohlekraftwerke und Kinderarbeit bei der Wahl eines Aktienfonds ausgeschlossen habe? Oder will ich mit meiner Investition nachhaltige Transformationen in der Realwirtschaft anstoßen und fördern?", so die Finanzexpertin.
Ist "Impact Investing" die Zukunft?
Derartige Anlagen werden in der Finanzbranche unter dem Schlagwort des "Impact Investing" gehandelt. Dabei handelt es sich um Investitionen in Unternehmen oder Finanzprodukte mit der gezielten Absicht, nicht nur eine finanzielle Rendite zu erzielen, sondern einen messbaren positiven Beitrag für Umwelt oder Gesellschaft zu leisten. Dieser Ansatz geht über das bloße Investieren nach ESG-Kriterien weit hinaus.
In dieser Hinsicht ist aber die Nachhaltigkeitsampel der Bundesregierung für die Anleger keine große Hilfe. Wer mit seinem Investment wirklich etwas Positives bewirken möchte, muss weiterhin viel Eigeninitiative zeigen und viel Zeit aufwenden, um Unternehmen und Finanzprodukte herauszufiltern, die sich etwa explizit den UN Sustainable Development Goals verschrieben haben.
Hier ist nicht alles grün
Schließlich machen sich viele Anbieter den Hype um nachhaltige Geldanlagen gezielt zunutze, um den guten Willen der Verbraucher zu missbrauchen. So mancher Fonds, der sich das Label ESG oder Nachhaltigkeit aufklebt, ist auf den zweiten Blick gar nicht so grün. Die Professoren Marco Wilkens und Christian Klein von der Universität Augsburg warnten jüngst in einer Studie vor dem "Greenwashing-Risiko" bei vermeintlich nachhaltigen Geldanlagen.
"Ich sehe ganz klar die Gefahr, dass das Nachhaltigkeitsversprechen das neue große Werbeversprechen der Finanzbranche wird", betont auch Finanzexpertin Mohn gegenüber tagesschau.de.
Knackpunkt Kostenkontrolle
"Verbraucher werden womöglich unkritischer, greifen unbedarfter bei Finanzprodukten zu - immer in dem Glauben, etwas besonders Gutes zu tun", warnt Mohn. Nachteilig werde es, wenn die Anleger andere wichtige Aspekte der Geldanlage wie etwa Kostenkontrolle und Diversifikation vernachlässigen.
Tatsächlich sind mit aktiv gemanagten grünen Fonds oftmals hohe Gebühren verbunden. Das schmälert die Rendite erheblich. Direktinvestments in die Aktien oder Anleihen der betreffenden Unternehmen oder aber in einen ETF, einen Fonds, der passiv einen Index nachbildet, sind da eine Alternative. Das gilt übrigens nicht nur für grüne Geldanlagen.