Nachhaltigkeit

Nachhaltige Investitionen Anlegen mit gutem Gewissen

Stand: 20.06.2023 12:01 Uhr

Immer mehr Privatanleger achten bei der Geldanlage stärker auf Nachhaltigkeit. Die Finanzindustrie hat längst reagiert. Aber "grüne" Unternehmen und Fonds zu finden, bleibt schwierig.

Von Andreas Braun, tagesschau.de

Niedrigere CO2-Emissionen, mehr Klima- und Umweltschutz, aber auch mehr Gerechtigkeit und sozialer Ausgleich in der Gesellschaft: Diese Ziele wollen immer mehr Bundesbürger auch bei ihrer Geldanlage und Altersvorsorge verfolgen.

Gerade in der Corona-Krise setzen immer mehr private Anleger auf Investmentfonds, die nachhaltige Kriterien beachten. Laut der Statistik des Fondsverbandes BVI stieg das Volumen dieser Fonds allein im dritten Quartal 2020 um mehr als ein Viertel auf inzwischen 129 Milliarden Euro. Der Absatz "konventioneller" Fonds stagniert dagegen.

Auch Aktien von Unternehmen, die in Bereichen wie erneuerbare Energien, Umweltschutz oder der Wasserstoff-Technologien tätig sind, erfreuen sich hoher Nachfrage an den Börsen. Die Kurse steigen in der Corona-Krise noch kräftiger als zuvor.

Nur ein Teil der Fonds mit Siegel

Das "Forum Nachhaltige Geldanlage" (FNG), der Fachverband für nachhaltige Geldanlage im deutschsprachigen Raum, hat einen Anteil von fünf Prozent an nachhaltigen Produkten ermittelt. Der Markt für Anlagen mit Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit sei "etabliert, aber noch nicht angekommen", heißt es im aktuellen Marktbericht 2020 des FNG.

Das liegt auch daran, dass es keine einheitliche Bestimmung von "ökologisch" oder nachhaltig bei Finanzprodukten gibt. Laut FNG sind nur etwa 18 Prozent im Fondsbereich "zertifiziert", könnten also ein Nachhaltigkeitssiegel vorweisen.

Dass sich die weltweiten Finanzströme stärker in Richtung ökologischer und sozialer Anlagen verschieben, ist auch ein Ziel des "Green Deal" der EU, der Europa bis zum Jahr 2050 klimaneutral machen soll. Mit einem Regelwerk, der sogenannten "Taxonomie", werden in den kommenden Jahren alle Wirtschaftsaktivitäten nach ihrer Nachhaltigkeit klassifiziert. Das gilt zunächst für Klimaschutzziele, ab Ende 2022 sollen alle Nachhaltigkeitsziele definiert sein.

Bereits ab März 2021 sind Banken, Vermögensverwalter, Versicherungen und Fondsgesellschaften dazu verpflichtet, Anleger über sogenannte "Nachhaltigkeitsrisiken" zu informieren. Damit sind mögliche Risiken gemeint, die sich daraus ergeben, dass ein Finanzprodukt ökologische oder soziale Kriterien berücksichtigt.

Was steckt im Fonds?

Bei der Auswahl einer Aktie oder eines Investmentfonds sind die Verbraucher aber einstweilen auf sich gestellt. Sie müssen die Unternehmen und die Fonds, in die sie investieren wollen, daraufhin abklopfen, ob und inwiefern sie wirklich nachhaltig sind.

Bei Investmentfonds hilft hier ein Blick in die Monats- oder Quartalsberichte, vor allem aber ins Portfolio des Fondsmanagers, das bei der Fondsgesellschaft, aber auch über viele Finanzportale zugänglich ist. Fonds gehen grundsätzlich nach verschiedenen Auswahlverfahren vor, um "nachhaltiger" zu werden. So sind zum Beispiel vielfach Ausschlusskriterien definiert: Danach werden etwa Aktien von Unternehmen, die in der Atomkraft, bei der Verbrennung fossiler Energien oder in der Gentechnik tätig sind, ausgeschlossen.

Die Besten aller Klassen

Eine andere Auswahlmöglichkeit ist der "Best-in-Class"-Ansatz. Dabei werden die nachhaltigsten Firmen verschiedener Branchen ermittelt und im Fonds berücksichtigt. Um zwischen nachhaltigen und weniger nachhaltigen Unternehmen auszusieben, werden häufig sogenannte ESG-Daten herangezogen. Das Kürzel steht für Environment (E), Social (S) und Governance (G), also Unternehmensführung.

Ein Teil der Nachhaltigkeitsfonds zielt aber bewusst ausschließlich auf solche Unternehmen, die in Branchen tätig sind, die direkt den Klimaschutz oder die Umwelt fördern. Das können etwa erneuerbare Energien, ökologische Landwirtschaft oder die Erhaltung sauberer Gewässer sein. Die Fondsmanager wollen damit einen direkten "Impact" erzielen.

Neben konventionellen Fondsprodukten sind inzwischen auch viele Indexfonds, so genannte ETFs, im Angebot. Auch hier werden je nach Index einzelne Branchen ausgeschlossen und nach Öko-Kriterien ausgewählt. Als Interessent sollte man auch hier einen genauen Blick in die Indexlogik werfen. Sie wird von den Fondsanbietern oder den Index-Anbietern veröffentlicht.

Viele Nachhaltigkeitsfonds veröffentlichen inzwischen auch ihren "CO2-Fußabdruck". Der Käufer kann also sehen, wie viel geringer die CO2-Emissionen der Unternehmen im Fonds gegenüber einem Vergleichsindex ausfallen.

ESG-Ratings weisen den Weg

Wer als privater Investor auf einzelne Aktien setzen will, um nachhaltig Geld anzulegen, kann ebenfalls vom Blick in die Zusammensetzung guter Nachhaltigkeitsfonds profitieren. Große börsennotierte Unternehmen sind inzwischen zur Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsberichten verpflichtet. Diese müssen Angaben über Energieeffizienz, Emissionen oder Ressourcenverbrauch enthalten.

Spezielle Ratingagenturen wie MSCI-ESG haben zudem ihre ESG-Ratings öffentlich zur Verfügung gestellt. So können auch Anleger überprüfen, wie das Umweltrating "ihrer" Unternehmen im eigenen Portfolio aussieht.

Dass die Rendite von nachhaltigen Fondsprodukten oder Aktien nicht schlechter ist als die der "konventionellen" Pendants, das belegen viele Studien. Zuletzt hat etwa die Universität Hamburg eine Vielzahl von Erhebungen dazu ausgewertet. Ergebnis: Fast alle Studien kommen zum Ergebnis, dass ein gutes Gewissen bei der Geldanlage keinen negativen Einfluss auf die Wertentwicklung hat.