Börsenhändler in Frankfurt
marktbericht

Nach Trump-Sieg Tristesse am Aktienmarkt

Stand: 06.11.2024 18:13 Uhr

Während die Wall Street Rekorde erzielt, herrschte bei DAX & Co. Katerstimmung. Denn der exportlastigen deutschen Wirtschaft drohen unter Trump empfindliche Einbußen. Der DAX rutschte ab.

Mit erwartungsgemäß großen Schwankungen reagierten die Märkte heute auf den Wahlentscheid in den USA, bei dem der Republikaner Donald Trump erneut zum Präsidenten gewählt wurde. Allen voran der Aktienmarkt, die Abstimmung war das alles bestimmende Thema auf dem Frankfurter Börsenparkett, auch wenn gleichzeitig die Berichtssaison der Unternehmen weiter ging.

Der DAX, der in einer ersten Reaktion in Erwartung einer steigenden Wall Street zunächst noch mit deutlichen Gewinnen eingesetzt hatte und in der Spitze bis auf 19.563 Punkte geklettert war, drehte am Nachmittag deutlich ins Minus. Denn auf den zweiten Blick bringt die Wahl Trumps für viele exportorientierte deutsche Unternehmen Probleme. Entsprechende Befürchtungen im Vorfeld der Wahl bestätigten sich damit.

Der deutsche Leitindex schloss letztlich bei 19.039 Punkten, ein Tagesverlust von 1,13 Prozent. Im Tief war das führende deutsche Börsenbarometer bei 19.007 Punkten bis knapp an die Unterstützungsmarke von 19.000 Zählern gefallen. Auch der MDAX der mittelgroßen Werte verlor 0,86 Prozent auf 26.338 Zähler.

Vor allem Autoaktien standen schwer unter Druck und am DAX-Ende. Die Papiere der ohnehin gebeutelten Branche gelten wohl als die größten Opfer der nun zu erwartenden US-Wirtschaftspolitik. Trump hat keinen Zweifel daran gelassen, dass er künftig ganz auf Protektionismus und hohe Zollschranken setzen wird. Damit wird nicht nur die Autoindustrie Opfer der Exportorientierung der deutschen Wirtschaft, sondern auch so manche andere Branche, für die die USA traditionell einer der wichtigsten Märkte sind.

"Für die Handelspartner könnte es ungemütlich werden", sagte Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank. Weitere Strafzölle seien zu befürchten. "Zur Diskussion steht ein Zollsatz von 60 Prozent auf chinesische Importe, für die Einfuhren aus den übrigen Länder sollen es zehn Prozent sein."

Goldman Sachs schätzt die Konjunkturaussichten für die Eurozone nach der Wahl Trumps derweil pessimistischer ein. Die Investmentbank geht für 2025 in der Währungsgemeinschaft nun nur noch von einem Wachstum der Wirtschaftskraft von 0,8 Prozent aus, wie Goldman Sachs mitteilt. Bisher waren es 1,1 Prozent. Als Grund werden Risiken durch Zölle angeführt.

Aber es gab auch gute Nachrichten heute mit überraschend stark ausgefallenen Auftragsdaten aus der heimischen Industrie. Die Bestellungen im September stiegen um 4,2 Prozent zum Vormonat und damit so stark wie seit Juni nicht mehr, wie das Statistische Bundesamt heute mitteilte. Befragte Ökonomen hatten nur mit einem Anstieg von 1,5 Prozent gerechnet.

Im August hatte es mit revidiert 5,4 Prozent noch den stärksten Auftragsrückgang seit Jahresanfang gegeben. Das Inlandsgeschäft kletterte im September um 3,6 Prozent, während Auslandsorders um 4,4 Prozent anzogen. Auch ohne die stark schwankenden Großaufträge legten die Bestellungen mit 2,2 Prozent spürbar zu.

"Der Auftragszuwachs ist breit angelegt und bezieht sich nicht nur auf Großaufträge. Insbesondere Rüstungsausgaben spielen eine größere Rolle. Auftragsseitig nährt das die Hoffnung auf eine Bodenbildung. Wegen schwieriger Standortfaktoren wird sich manches Unternehmen dennoch weiter ins Ausland orientieren. Für eine wieder höhere Kapazitätsauslastung bedarf es vor allem einer andere Wirtschaftspolitik", so Alexander Krüger, Chefvolkswirt bei Hauck, Aufhäuser Lampe.

Unter den Einzelwerten im DAX stand der Medizintechnik-Konzern Siemens Healthineers im Fokus. Das Unternehmen erwartet auch nach dem Machtwechsel in den USA und trotz der anhaltenden Branchenprobleme in China weiter profitables Wachstum. Gegen den Trend stand die Aktie mit einem Plus von rund sechs Prozent deutlich an der DAX-Spitze.

Dass in den USA künftig die Republikaner mit Trump den Präsidenten stellen und auch Erfolge bei den Kongresswahlen erzielten, spielt für Healthineers nach Angaben von Firmenchef Bernd Montag keine Rolle. "Im US-Markt erwarten wir keinen großen Einfluss auf die Nachfrage", sagte der Vorstandschef. Siemens Healthineers sei zudem sehr gut positioniert für Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China, da es in beiden Märkten jeweils für den lokalen Bedarf produziere.

Dank florierender Geschäfte vor allem in der Krebsmedizin stieg der Konzernumsatz im abgelaufenen Jahr 2023/24 um 4,7 Prozent auf 22,4 Milliarden Euro. Das lag im Rahmen der vom Vorstand in Aussicht gestellten Spanne und war so viel, wie Branchenexperten erwartet hatten. Der Gewinn kletterte operativ (bereinigtes Ebit) um acht Prozent auf 3,5 Milliarden Euro und unter dem Strich sogar um 28 Prozent auf knapp zwei Milliarden Euro. Auch das entsprach den Erwartungen. Die Aktionäre sollen wie im Vorjahr eine Dividende von 95 Cent je Aktie erhalten.

Geradezu euphorisch wird der Sieg Trumps an der Wall Street gefeiert, wo der Leitindex Dow Jones und der marktbreite S&P-500-Index Rekorde aufstellen. Auch an der Technologiebörse Nasdaq geht es kräftig bergauf.

Der Dow steigt aktuell um über drei Prozent und markierte bei 43.624 Punkten bisher eine Bestmarke. Der S&P 500 gewinnt wie auch die Nasdaq rund 2,00 Prozent und ist in der Spitze schon bis auf 5.907 Punkte gestiegen.

Laut Portfolio-Manager Thomas Altmann werde nun die sogenannten Trump Trades gespielt: Der Bitcoin klettere mit Trump als klaren Befürworter der Kryptowährung zwischenzeitlich in Rekordhöhe, die Renditen stiegen und die Kurse fielen. "Denn die Umsetzung von Trumps Wahlversprechen würde die Verschuldung der USA deutlich weiter nach oben treiben. Dagegen steigen die Aktienkurse. Denn die US-Unternehmen würden von Trumps Steuerplänen profitieren."

Aktien von Nvidia, Micron, Broadcom, Qualcomm und Advanced Micro Devices gehören zu den großen Gewinnern und legen zu. Intel gewinnen 4,4 Prozent.

"In Anbetracht von Trumps Mantra 'America First' ist zu erwarten, dass er der Unterstützung heimischer Technologie, insbesondere der Herstellung von begehrten Halbleitern, Vorrang einräumen wird", sagt Susannah Streeter, Finanzexpertin bei Hargreaves Lansdown. Das Nachsehen hätten chinesische und taiwanesische Firmen, die sich sehr wahrscheinlich auf Zölle einstellen müssen.

Die Kehrseite des Trump-Jubels spielt sich am Rentenmarkt ab, der förmlich einbricht. In der Laufzeit von zehn Jahren legte die Rendite am Nachmittag um 0,17 Prozentpunkte zu auf 4,45 Prozent. Zuvor schon hatten sie etwas darüber den höchsten Stand seit Juli erreicht.

Wegen der von Trump angekündigten Steuersenkungen wird ein höheres Haushaltsdefizit befürchtet. Ökonomen erwarten zudem eine höhere Inflation in den USA, was für weniger Zinssenkungen durch die US-Notenbank Fed spricht. Dies sorgt für steigende Renditen bei US-Anleihen.

Zu den "Trump-Assets" gehört auch der Dollar, der am Devisenmarkt kräftig anzieht. Im Gegenzug bricht der Euro um zwei Prozent ein auf derzeit 1,0726 Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0695 (Dienstag: 1,0897) Dollar fest.

"Niedrigere Unternehmenssteuern und höhere Zölle haben auch Implikationen für die US-Geldpolitik", kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. So würden niedrigere Steuersätze das Wachstum befördern und höhere Zölle die Inflation antreiben. "Käme es so, müsste auch die US-Notenbank Fed von ihren geplanten Zinssenkungen Abschied nehmen", schreibt Gitzel. Dies würde tendenziell den Dollar stützten.

Die Papiere des Premiumherstellers BMW sackten über sechs Prozent ab. Im bisherigen Jahresverlauf summiert sich der Verlust damit auf fast ein Drittel. BMW erlitt im dritten Jahresviertel wegen technischer Probleme mit Bremssystemen und der Schwäche auf dem wichtigen chinesischen Markt einen massiven Gewinneinbruch, und auch der Umsatz schrumpfte.

Der Medizin- und Klinikkonzern Fresenius hat dank Einsparungen und guter Geschäfte beim Generikahersteller Kabi abermals ein Quartal unerwartet stark abgeschlossen. Das Management hebt ein weiteres Mal die Prognose und erhofft sich nun für das Gesamtjahr noch mehr Umsatz und operativen Gewinn als bisher. So soll 2024 der Erlös organisch um sechs bis acht Prozent wachsen, statt wie bisher angepeilt um vier bis sieben Prozent, wie das im DAX notierte Unternehmen heute in Bad Homburg mitteilte. 

Seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren hat der neue Konzernchef Michael Sen den Konzern radikal umgebaut. Der Dialysespezialist FMC, an dem Fresenius noch 32 Prozent hält, wird nach der Entflechtung aus dem Konzern nur noch als Finanzbeteiligung geführt. Zuletzt gab Sen die Trennung von der defizitären Dienstleistungssparte Vamed bekannt. Das Unternehmen konzentriert sich nun auf die Medikamentensparte Kabi sowie die Krankenhauskette Helios.

Für Tesla-Investoren ist der Wahlsieg von Trump ein Festtag - schließlich ist Elon Musk, Großaktionär und Chef des E-Autobauers, ein großer Unterstützer von Trump. Er wurde bei der Siegesrede von Trump ausführlich gelobt; allerdings für die Erfolge seines Raumfahrtunternehmens SpaceX.

Die Tesla-Aktie legt rund zehn Prozent zu - absolut gerechnet sind das fast 120 Milliarden Dollar. Musks Vermögen, das von der Nachrichtenagentur Bloomberg derzeit auf rund 260 Milliarden Dollar taxiert wird, würde damit weiter steigen.