Händler an der Frankfurter Börse.
marktbericht

Anleger ziehen die Köpfe ein Ein kraftloser Wochenschluss für den DAX

Stand: 28.06.2024 17:59 Uhr

Vor den Wahlen in Frankreich wagen die Anleger sich nicht aus der Deckung. Die Halbjahresbilanz im DAX fällt befriedigend aus, aber richtig spannend dürfte es am kommenden Montag werden.

Der DAX legt am letzten Tag der Handelswoche 0,1 Prozent auf 18.235 Punkte zu. Gestern hatte der deutsche Leitindex 0,3 Prozent fester auf 18.210 Zählern geschlossen. Das DAX-Fazit für das erste Halbjahr sieht insgesamt befriedigend aus, der DAX hat rund neun Prozent zugelegt.

Wie könnte das zweite Halbjahr verlaufen? "Während die politischen Spannungen in Frankreich auf absehbare Zeit wieder in den Hintergrund rücken sollten, dürften anhaltend robuste Unternehmensgewinne flankiert durch ein solides Konjunkturumfeld und Leitzinssenkungen die Kurse auch im weiteren Jahresverlauf stützen", meinen die Ökonomen der DZ Bank. Auf Sicht von sechs Monaten trauen sie dem DAX ein Plus von rund 7 Prozent und damit Kurse in der Region um 19.500 Punkte zu.

Die neuen US-Preisdaten aus den USA brachten keine positiven Impulse. Der PCE-Index, der die die Preisentwicklung eines festen Warenkorbs zusammenfasst, der auf die persönlichen Ausgaben der US-Konsumenten zugeschnitten ist, legte im Mai nur noch um 2,6 Prozent zu, nachdem die Rate im April 2,7 Prozent betragen hatte. Beim sogenannten PCE-Kernindex, in dem die schwankungsanfälligen Nahrungsmittel- und Energiekosten herausgerechnet werden, ergab im Mai ebenfalls eine Jahresteuerungsrate von 2,6 Prozent, nach 2,8 Prozent im April.

Die Daten fielen im Rahmen der Erwartungen aus, Experten zufolge haben sie die Zinssenkungshoffnungen nicht befeuert. Die meisten Investoren rechnen derzeit mit einer ersten Zinssenkung in den USA im September - das ist offenbar so geblieben: "Das ist ein perfekter Bericht - er gibt der Fed grünes Licht für Zinssenkungen im September und bereitet den Boden für eine Fortsetzung der gemäßigten Rhetorik, die wir hoffentlich bei der Juli-Sitzung hören werden", sagte Jay Woods, Anleihestratege bei Freedom Capital Markets.

Update Wirtschaft vom 28.06.2024

Samir Ibrahim, HR, Update Wirtschaft, 28.06.2024 09:00 Uhr

Ein aktueller Belastungsfaktor bleibt die Wahl in Frankreich: "Marktanalysten befürchten, dass eine Regierung weit abseits der politischen Mitte nicht die notwendige Haushaltsdisziplin aufbringen könnte, um das Defizit zu verringern: Dieses war 2023 mit 5,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bereits fast doppelt so hoch, wie es die europäische Fiskalregel von drei Prozent erlaubt", schreibt Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank.

Die Risikoprämie für französische Staatsanleihen stieg heute auf den höchsten Stand seit der Eurokrise 2012. "Der Spread zwischen französischen und deutschen Staatsanleihen hat sich ausgeweitet, was das wachsende Misstrauen der Investoren widerspiegelt", stellt Metzler-Chefvolkswirt Edgar Walk fest. "Diese sind, mit mehr als 50 Prozent gehaltener französischer Staatsanleihen, überwiegend ausländische Gläubiger, die bei schlechter Nachrichtenlage die Anleihen schneller abstoßen als inländische Gläubiger." Marktverwerfungen wären am Anleihemarkt wären daher daher möglich.

Aber auch der Aktienmarkt könnte betroffen sein: "Sollten sich anti-europäische Kräfte durchsetzen, wäre dies natürlich eine Gefahr für die EU und die Eurozone und dürfte mit einem fallenden DAX am Montag quittiert werden“, stellt Christian Zoller, Marktbeobachter bei ING fest. Einige Beobachter halten die Marktentwicklungen im Vorfeld der Wahl allerdings für etwas überzogen: "Diese Nervosität wegen der französischen Wahl ist ehrlich gesagt übertrieben", sagte Piet Haines Christiansen, Chefstratege für festverzinsliche Wertpapiere bei der Danske Bank.  

Während die Anleger in Deutschland zurückhaltend bleiben, geht an der Wall Street die Rekordjagd weiter. Die viel beachteten Technologie-Indizes Nasdaq 100 und Nasdaq Composite knackten erstmals die Marken von 20.000 beziehungsweise 18.000 Punkten. Für gute Stimmung sorgten unter anderem erfreuliche Konjunkturdaten und beruhigende Nachrichten von der Inflation.

Der Leitindex Dow Jones Industrial stieg im Mittagshandel in New York um 0,6 Prozent auf 39.386,21 Punkte. Für den marktbreiten S&P 500 ging es am Freitag um 0,6 Prozent auf 5.515,18 Punkte nach oben. Auch er hatte im Handelsverlauf ein Rekordhoch erreicht.

Natürlich waren in den USA ebenfalls die Inflationsdaten ein Thema: Das Ausbleiben von negativen Überraschungen sei eine Erleichterung und werde von der Fed begrüßt werden, sagte Anlagestrategin Seema Shah vom Vermögensverwalter Principal Asset Management. Gleichwohl sei der geldpolitische Kurs der Fed noch nicht sicher.

Die Lieferprobleme im Flugzeugbau werden nach Einschätzung von Lufthansa-Chef Carsten Spohr noch bis Ende des Jahrzehnts anhalten. "Wir haben eine Riesen-Ineffizienz in dem System zurzeit", sagte Spohr beim Wirtschaftspresseclub in Stuttgart. Die Lufthansa-Gruppe hat für eine Flottenmodernisierung 250 neue Flieger bei Airbus oder Boeing bestellt, die von 2024 bis 2029 kommen sollen. Die Misere wird sich Spohr zufolge noch so lange hinziehen: "Kein Flugzeug kommt pünktlich."

Die Lufthansa sei davon "brutal" betroffen: Von den insgesamt 750 Flugzeugen der Lufthansa-Gruppe stünden derzeit 100 am Boden wegen Wartungsarbeiten oder weil Maschinen schon ausgemustert seien, die neuen Flugzeuge von Airbus oder Boeing aber auf sich warten ließen. So hat das Boeing-Langstreckenmodell 777X eine Verspätung von vier Jahren, wenn es denn 2025 der Lufthansa übergeben wird. Bei Airbus sorgt der jüngst gebremste Produktionshochlauf des Kurz- und Mittelstreckenflugzeugs A320neo für weiteren Stau bei der Versorgung der Airlines.

Der Motorenbauer Deutz treibt mit der Übernahme des US-Stromgeneratoren-Herstellers Blue Star Power Systems den Ausbau seines Energiegeschäfts voran. Durch den Zukauf des 2004 gegründeten Unternehmens werde Deutz seinen jährlichen Umsatz um mehr als 100 Millionen US-Dollar steigern und mittelfristig um 150 Millionen Dollar, sagte Vorstandschef Sebastian Schulte. Bis 2030 könnten die Erlöse im Energiegeschäft auch durch weitere Zukäufe auf 500 Millionen Euro klettern. Blue Star Power Systems mit Sitz in North Mankato im Bundesstaat Minnesota baut und vertreibt diesel- und gasbetriebene Stromaggregate und beschäftigt rund 110 Mitarbeiter.

Der US-Sportartikelhersteller Nike rechnet nicht mit einer baldigen Trendwende beim schwächelnden Umsatz. Im neuen Geschäftsjahr (bis Ende Mai) dürften die Erlöse im mittleren einstelligen Prozentbereich zurückgehen, teilte das Unternehmen mit. Im ersten Halbjahr werde der Umsatz im hohen einstelligen Prozentbereich und im ersten Geschäftsquartal um zehn Prozent sinken. Die Aktien brachen daraufhin ein.

Bei Delivery Hero kommt es zu Veränderungen in der Finanzleitung. Finanzchef Emmanuel Thomassin werde nach mehr als zehn Jahren bei Delivery Hero mit sofortiger Wirkung aus dem Vorstand ausscheiden und eine neue berufliche Aufgabe außerhalb des Unternehmens übernehmen, teilte der Essenslieferant mit. Ab dem 1. Juli werde Marie-Anne Popp den CFO-Posten interimistisch übernehmen und direkt an Konzernchef Niklas Östberg berichten. Bislang war sie Senior Vice President Finance bei Delivery Hero und zuvor unter anderem bei Adidas und General Electric tätig.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 28. Juni 2024 um 09:00 Uhr.